Oper:Emotionen in Farbe

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Opern-Liebhaber kennen "Hoffmanns Erzählungen" vor allem wegen einiger charakteristischer Ausschnitte. Die Tschechische Oper Prag führte das Werk in Koproduktion mit dem Opernhaus Liberec in der französischen Originalsprache mit deutschen Übertiteln auf. (Foto: Günther Reger)

Die Tschechische Oper Prag präsentiert sich für "Hoffmanns Erzählungen" in der Germeringer Stadthalle mit einem spätromantisch großen Orchester. Am Schluss gibt es freundlichen Beifall für die Inszenierung

Von Klaus Mohr, Germering

"Le Contes d'Hoffmann", zu deutsch "Hoffmanns Erzählungen", ist eine Oper von Jacques Offenbach und den Liebhabern dieses Genres heute insbesondere durch einige charakteristische Ausschnitte bekannt. Die Oper ist in gewisser Weise ein Torso, weil der Komponist noch vor der endgültigen Fertigstellung verstarb. Auch ist es nicht so, dass es eine fortlaufende Handlung mit immer den gleichen Personen gibt. Vielmehr werden verschiedene Konstellationen mit dem Zentrum der Person des Hoffmann zusammengestellt. Hinter Hoffmann verbirgt sich der personifizierte Dichter E. T. A. Hoffmann, dessen Erzählungen die inhaltliche Grundlage für die insgesamt fünf Akte der Oper bilden. Das Werk wurde als "Phantastische Oper" 1881 in Paris uraufgeführt.

Im Orlandosaal war am Samstag eine Inszenierung von Hoffmanns Erzählungen in der französischen Originalsprache mit deutschen Übertiteln zu sehen. Die musikalische Leitung der Tschechischen Oper Prag in Koproduktion mit dem Opernhaus Liberec hatte Martin Doubravský. Für Inszenierung und Bühnenbild zeichnete Martin Otava verantwortlich, für die Kostüme Aleš Valášek, und die Choreinstudierung lag in den Händen von Tvrtko Karlovič.

Der Aufwand für ein solches Gastspiel war enorm, da neben dem aus etwa 20 Sängern bestehenden Chor allein elf Solisten in teils mehreren Rollen auftraten. Das Orchester war nicht nur spätromantisch groß besetzt, sondern auch von ausgezeichneter Qualität. Es stellt eine enorme Herausforderung dar, die dramaturgischen Stränge in diesem Werk zusammenzuhalten und zugleich dem komplexen wie fantastischen Anspruch der Oper gerecht zu werden. Die zentrale Figur des Hoffmann (Valentin Prolat) kam hier als etwas heruntergekommener Geschäftsmann in Anzug und Mantel daher, seine erdverbundene Biederkeit stand im Kontrast zu der ihn umgebenden Traumwelt.

Genau in diese ließ er sich mittels einer pinkfarbenen Brille aber gerne im ersten Akt, der Erzählung der Olympia, entführen. Hoffmann ist in Olympia (Olga Jelinková), die Tochter des Physikprofessors Spalanzani (Dušan Růžička), verliebt. Allerdings handelte es sich bei Olympia um eine Puppe, die von ihrem "Vater" mittels einer Spielekonsole ferngesteuert wurde. Spalanzanis Gäste waren alle weiß gekleidet mit kleinen pinkfarbenen Accessoires und ebensolchen Brillen. Die wunderbar an der Motorik Olympias orientierte Musik wurde von dieser ebenso mechanisch umgesetzt, was Körperbeherrschung und hohe Bühnenpräsenz unterstrich. Sie stand im Gegensatz zu den lyrischen Kantilenen, die ihr dramaturgisch quasi menschliche Züge einhauchten. In diesem Akt blieb der Spannungsbogen durch die ununterbrochene Bühnenaktion stets erhalten.

Die anderen Akte waren durch die Dominanz verschiedener Farben charakterisiert, alle thematisierten Hoffmanns traumhafte frühere Liebschaften. Musikalisch und darstellerisch lag ein Schwerpunkt auf großen Emotionen, die das Orchester mit großer Farbpalette unterstützte. Bunt mit einem Akzent auf leuchtendem Blau wurde es in der Erzählung der Giuletta, grün in der Erzählung der Antonia. Prolog und Epilog spielten im sagenumwobenen Weinkeller von Lutter & Wegner in Berlin und hatten weinrot als Farbkennung. Sie bildeten auch musikalisch eine überzeugende Klammer um das Werk.

Alle Sänger waren ihren Rollen ohne nennenswerte Abstriche gewachsen und wurden vom Dirigenten sorgsam geführt. Dass in der einen oder anderen Person noch eine differenziertere gesangliche Ausarbeitung oder szenische Führung auf der Bühne möglich gewesen wäre, war feststellbar, wenngleich der Gesamteindruck positiv zu bewerten ist. Das bewies auch der Beifall zum Schluss, der sehr freundlich geriet, aber nicht überschwänglich war.

© SZ vom 23.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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