Gnadenhof Gut Streiflach:Bomber kriegt leicht Sonnenbrand

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Sie sind alt, ausgesetzt oder wurden gequält: Auf Gut Streiflach pflegt die Gewerkschaft der Tiere ihre tierischen Gäste - wenn es sein muss, mit Sonnenmilch.

Karl-Wilhelm Götte

Im Süden und im Osten dröhnt der Autobahnverkehr, doch Lucy und Rico stört das nicht. Sie sind froh, diesen Platz auf Gut Streiflach überhaupt gefunden zu haben. Lucy stammt aus Ungarn, wo es ihr gar nicht gut ging, ihr Freund Rico arbeitete jahrelang bei der Polizei. Die beiden sind in Obhut der Gewerkschaft für Tiere, die in Streiflach einen Gnadenhof betreibt. Am Wochenende bekamen Lucy, Rico, die Kuh Minka und all die anderen Tiere Besuch von vielen Menschen, als der Hof seine Türen öffnete.

Der Rundgang über den Gnadenhof Gut Streiflach beginnt bei einem Schwan, der offenbar ein Hüftleiden hat, sich aber in seinem Wasserbecken recht wohl zu fühlen scheint. Auch Minka, die Kuh, gehört zu den Bewohnern im Tierasyl. "Sie ist beim Verladen zum Schlachthof abgehauen", erzählt Sissy Bletschacher vom Vorstand der Tiergewerkschaft . Zehn Lebensjahr dürfte Minka noch vor sich haben, Kühe werden 25 Jahre alt. Esel werden sogar 40, sieben Exemplare stehen in einem Gehege. Sie wurden vom Veterinäramt in Germering beschlagnahmt und zusammen mit 30 Ziegen zum Gnadenhof gebracht. Die Esel, die gerade ihr Winterfell abstreifen, wirken zerzaust. Eselstute Luise kommt gerne an den Zaun und lässt sich von Gästen gerne streicheln. "Luise ist total verschmust", weiß Bletschacher, die sich über den Besuch der Tierfreunde freut.

Viele Familien sind bei Sonnenschein schon am Vormittag gekommen. "Letztes Jahr waren es Tausend Besucher", erzählt Bletschacher. Diesmal scheinen es sogar noch mehr zu werden. Ursprünglich hatte der Verein das Gelände zwischen den Autobahnen 96 und 99 von der Stadt München gepachtet. 2011 hat die Tiergewerkschaft das zehn Hektar große Areal gekauft. Neun festangestellte Tierpfleger kümmern sich um die Tiere, "vom Alpaka bis zum Zwergkaninchen", wie Bletschacher sagt. "Ziel ist es, dass sie hier sorgenfrei ihren Lebensabend verbringen." Für alle Tiere hat der Verein großzügige Außengehege mit Ställen angelegt. "Die Anfragen, die Tiere aufzunehmen, haben sich in letzter Zeit sehr verstärkt, wir können aber nicht grenzenlos aufnehmen", erzählt Bletschacher. Das Futter sei teuer und personell könne man nicht endlos Tiere betreuen. Besonders Pferde werden dem Gnadenhof ständig angeboten. "Da könnten wir jede Woche zehn aufnehmen", so Bletschacher. Immer wieder würden die Veterinärämter Tiere beschlagnahmen, die nicht artgerecht gehalten werden. Da setzt auch ihre Kritik an: "Natürlich haben besonders Mädchen gerne ein Pferd, aber sie vergessen, dass sie damit die Verantwortung für ein Tier für 30 Jahre übernehmen." So ein Tier könne man nicht wie einen alten Tennisschläger wegwerfen.

Doch es gibt auch Kinder, die sehr verantwortungsvoll handeln. So bekam der Gnadenhof einen Brief von einem Mädchen, das bei einem Volksfest ein lebendes Spanferkel gewonnen hatte. Lilly, wie das Schwein heute heißt, kam schließlich zum Gut Streiflach. "Bomber" ein anderes Hausschwein wurde privat in einem Haus gehalten und war so sauber, dass er aufs Katzenklo ging. Ans Wälzen im Matsch war "Bomber" nicht gewöhnt und musste mit Sonnenmilch eingeschmiert werden, um ihn vor einem Sonnenbrand zu schützen. Die Versorgung der Tiere, besonders auch der Pferde, war in den frostigen Februarwochen in diesem Winter sehr schwierig gewesen. Da sind die Tränken immer wieder eingefroren und die Pfleger mussten ständig Wasser herbeischaffen.

Der Gnadenhof lebt vor allem von Spenden. Dazu kommen die Mitgliedsbeiträge der Vereinsmitglieder. Zuschüsse der Stadt München oder Germering bekommt der Betreiber des Hofes nicht. Neben den Kosten für Personal und Futter fallen auch fünfstellige Tierarztkosten an. Viele Tiere bekommen Medikamente, so auch ein Schaf, das zwischen braunen deutschen Edelziegen ziemlich kraftlos am Boden liegt. Froh sind sicherlich die Gänse auf Gut Streiflach, die mit viel Fett am Bauch seit Jahren leben können. "Sie haben schon viele Weihnachten überstanden", erklärt Tierschützerin Sissy Bletschacher gut gelaunt der Besucherrunde.

© SZ vom 21.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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