Geltendorf:Alles für die Katzen

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Barbara Weberschock betreibt in Geltendorf seit 1996 die Auffangstation für Samtpfoten für den Tierschutzverein Fürstenfeldbruck. Die Tiere leben in einem Wohn- und einem Gartenhaus. Im eigenen Heim nebenan hält die Tierfreundin noch ein paar Stubentiger privat

Von Karl-Wilhelm Götte, Geltendorf

Der Katzenliebhaber ist sofort gerührt. Nur mit Mühe kann der Besucher rationalen Widerstand gegen den Impuls leisten, einen der kleinen äußerst süßen Stubentiger sofort mitzunehmen. Lugt doch ein kleiner schwarzer Kater mit weißen Pfoten und weißem Hals als erster hinter der Tür hervor, als diese aufgeht. "Das ist der Chef", sagt Barbara Weberschock. Der "Chef" wäre ideal als Gefährte Zuhause. Doch noch ist er zu jung, um von Barbara Weberschock vermittelt zu werden. In einem Zimmer, dem "Kleinkatzenzimmer" im ersten Stock von Weberschocks Haus, sind weitere fünf Katzen, sechs bis sieben Wochen alt, mit der Mutterkatze anzutreffen. Das stimmt nicht so ganz, weil eine kleine Katze im Maisfeld gefunden und zur Katzenstation von Barbara Weberschock gebracht wurde. Die Katzenmutter hat auch dieses Kleine angenommen. "Die meisten Mütter sind sozial eingestellt", sagt Weberschock. Sie muss es wissen, beschäftigt sie sich doch seit 21 Jahren sehr intensiv mit Katzen.

Weberschock betreibt die Katzenstation für den Tierschutzverein Fürstenfeldbruck. Etwa 30 Katzen sind gerade im "Katzenhaus", das eigentlich ein Wohnhaus ist, und im Gartenhaus der Familie anzutreffen. "Etwa 60 Katzen sind es pro Jahr", erzählt Barbara Weberschock. Circa 30 vermittelt sie jährlich an Interessenten. Die werden von ihr auf Herz und Nieren geprüft. "Holt jemand eine Katze ab, muss er einen sogenannten "Tierschutzvertrag" unterschreiben. Darin garantiert der Katzenbesitzer gute Pflege und regelmäßige Tierarztbesuche, aber auch, dass er seinen Balkon vernetzt, falls die Katze in einer Wohnung zu Hause ist. Auch muss er unterschreiben, dass die Katze kastriert oder sterilisiert wird und nicht weitergegeben werden darf an Dritte. Dazu muss die Katze tätowiert werden. Erst mit zehn oder zwölf Wochen gibt Weberschock kleine Katzen an Interessenten ab. Da sind dann schon entwurmt und geimpft.

Für Katzenbabys haben ein eigenes Zimmer. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Am liebsten gibt Weberschock Katzen im Doppelpack ab. "Katzen sind keine Einzelgänger", räumt sie mit einem Vorurteil auf. "Gerade bei Wohnungshaltung ist zu zweit wichtig." Alleine würden sie mit der Zeit unsauber, depressiv oder gar aggressiv werden. Barbara Weberschock ist heute 57 Jahre alt. In München geboren, ist sie bald nach Geltendorf gezogen und mit Katzen aufgewachsen. "Meine Katzenliebe hat sich durchs ganze Leben gezogen", erzählt sie. Sie habe schon als Kleinkind eine Katze auf dem Schoß gehabt und später auf dem Bauernhof arme Katzen gefüttert. Wahrscheinlich habe sie das "Katzengen" von ihrer Uroma, die Perserkatzen gezüchtet hat. Eines Tages gab es einen Kontakt zum Tierschutzverein in Landsberg und sie begann Katzen aufzunehmen. Sie habe viel Platz gehabt. Ihre Mutter habe im Vorderhaus alleine gelebt. So sind in diesem Haus drei, vier Katzenzimmer entstanden.

Katzen werden nach Geltendorf von überall her gebracht. "Manchmal werden sie mir auch in einer Schachtel vor die Tür gelegt", so Weberschock. Was sie am meisten wütend macht, ist die "Wegwerfmentalität" der Menschen. "Das geht mit Katzen ganz zackig", sagt sie. Viele Menschen würden sehr unüberlegt handeln. Diese Fälle wiederholen sich ständig. Ein junges Paar schafft sich eine Katze an. Ein Jahr später bekommen sie ein Baby und die Katze muss weg. Oder eine Frau hat einen neuen Freund, der keine Katzen mag und schon wird sie zur Katzenstation gebracht. Bei diesen Konstellationen ist Weberschock seit einigen Jahren sehr vorsichtig mit der Vermittlung geworden.

Katzenmama Barbara Weberschock mit einem ihrer Schützlige. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Dabei ist der Vermittlungsdruck immer da, weil ständig neue Katzen hinzukommen. Gerade hat eine Mutter vier Junge bekommen. Die sind erst einen Tag alt und haben noch geschlossene Augen. "Sie hat die Jungen beim Tierarzt quasi per Kaiserschnitt bekommen", erzählt Weberschock. Dass sie schwanger war, sei nicht bekannt gewesen. "Die Katze war eigentlich für eine Kastration vorgesehen." Im Katzenzimmer im Erdgeschoss, das mit Katzenkörben und Kratzbäumen ausgestattet ist, leben weiter fünf Katzen. Da ist auch die kleine rote "Simbi", die Weberschock mit der Flasche aufgezogen hat. Jetzt ist Simbi ein dreiviertel Jahr alt und wartet auf ein neues Zuhause. Am Fenster liegt "Pucki". Sie faucht sofort, wenn ein Fremder ins Zimmer kommt. Im Garten-Katzenhaus, das sehr idyllisch mit vielen Blumen umrandet ist, residiert der blinde Felix. Erstaunlich ist: er springt trotz seiner Behinderung überall hoch und drauf. Felix ist schon zweieinhalb Jahre da und schwer vermittelbar. Seine Mami ist auch noch da. Zwei scheue Katzen verstecken sich im Katzenhaus im Garten.

Auch im Wohnhaus nebenan von Barbara und Josef Weberschock ist alles auf Katzen ausgerichtet. Bestimmt hundert kleine Porzellankatzen zieren einen Schrank. Josef Weberschock, der das leidenschaftliche Hobby seiner Frau schon immer geteilt hat, kommt gerade mit "Lilifee" herein. Die Katze leidet seit einer Erkrankung an Katzenseuche an spastischen Krämpfen; Weberschocks haben sie adoptiert. Hund "Tweety" ist den Umgang mit Katzen gewohnt und nimmt ihre Anwesenheit stoisch hin. Kater "Bubi" schleckt ihm gerade die Ohren, und er scheint das zu genießen. Josef Weberschock, 58, arbeitet seit 37 Jahren als Techniker bei den Münchner Kammerspielen. "Für mich ist es ein schöner Ausgleich für die Arbeit", sagt er. Einen gemeinsamen Urlaub mit seiner Frau gab es schon lange nicht mehr. Einer müsse immer da sein und die Katzen versorgen. Das könne man niemanden anderen zumuten.

Im Garten-Katzenhaus wohnt der blinde Kater Felix mit seiner Mutter und zwei scheuen Katzen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Seit 1997 betreibt Weberschock die Katzenstation des Brucker Tierschutzvereins. Sie bekommt vom Verein das Katzenfutter und die großen Mengen an Katzensstreu bezahlt; genauso wie den Tierarzt. Doch einiges bleibt auch bei ihr hängen. Wasser und Strom für die Spülmaschine und Waschmaschine, die im Katzenauftrag täglich läuft. Ihr Auto ist quasi ein Katzentransporter geworden. Sie habe die Katzenanzahl schon reduziert. Einige Jahre habe sie über hundert Katzen versorgt. "Wir haben jetzt drei Enkelkinder und das vierte kommt bald", erzählt Barbara Weberschock stolz. Da wolle man auch zusammen mit ihnen das Leben genießen. Doch, wenn das Telefon klingelt und wieder eine Katze abgeholt werden muss, kann Barbara Weberschock nicht Nein sagen.

© SZ vom 05.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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