Arbeitsmarkt:Lehrlinge verzweifelt gesucht

Lesezeit: 2 min

Obwohl Landkreisbetriebe entgegen dem Trend 2015 mehr Auszubildende einstellten, blieben viele Stellen frei

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Der Ausbildungsmarkt ist im Landkreis zweigeteilt. Während der Abschluss von Lehrverträgen für den Einzelhandel und kaufmännische Berufe im vergangenen Jahr stark wuchs, sind neue Ausbildungsverhältnisse im gewerblich-technischen Bereich, in der Elektrotechnik sowie im Handwerk rückläufig. Trotzdem kommt die Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern (IHK) für den Landkreis zu einem positiven Sondertrend. Laut aktueller Ausbildungsstatik stellten nämlich Betriebe aus Industrie, Handel und Dienstleistung mit insgesamt 388 Auszubildenden im Jahr 2015 acht Prozent mehr ein als im Jahr zuvor. Das gilt als umso erstaunlicher, als in Oberbayern die Zahl der Neuverträge um 0,3 Prozent gesunken ist.

Dafür verzeichneten die rund 3500 Handwerksbetriebe im Landkreis ein umso deutlicheres Minus. Schlossen hier 2014 noch 333 Lehrlinge einen Lehrvertrag ab, waren es ein Jahr später nur 299, also 34 weniger. Während laut Handwerkskammer München in Oberbayern die Zahl derjenigen zunahm, die sich auf die Gesellenprüfung vorbereiten, verringerte sie sich im Landkreis Fürstenfeldbruck. Schwankungen zwischen Landkreisen gelten als nicht ungewöhnlich. Trotz eines Rückgangs von etwa zehn Prozent bildet das Handwerk im Landkreis zurzeit insgesamt 829 Lehrlinge aus, wenn die Mitarbeiter aller drei Lehrjahre zusammengezählt werden.

Allerdings ist in Abhängigkeit von den jeweiligen Berufen die Situation sehr unterschiedlich. "Wir haben Bereiche, die händeringend Auszubildende suchen", berichtet Kreishandwerksmeister Harald Volkwein, der in Gröbenzell Inhaber einer Schreinerei ist. Auch Baufirmen und Malerbetriebe suchen wieder verstärkt Nachwuchskräfte. Und es gibt Handwerksberufe, in denen die Zahl der Auszubildenden stark zunimmt. Dazu zählt Volkwein die Schreiner, also seine Branche.

Der Kreishandwerksmeister kennt nur die Lehrlingsstatistik der der Kreishandwerkerschaft angeschlossenen Innungen. Das sind Bäcker, Metzger, Friseure, Baufirmen und Schreiner. Volkwein macht zum Maßstab seiner Statistik nicht die Zahl der neuen Lehrverträge, sondern die Zahl derjenigen, die am Ende der Ausbildung als Gesellen freigesprochen werden. Und hier ist die Tendenz stark ansteigend. So sprach die Kreishandwerkerschaft 2015 knapp 50 Gesellen frei. In diesem Jahr rechnet der Volkwein mit etwa 70 neuen Gesellen und 2017 sogar mit 90.

Die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen ist sowohl beim Handwerk als auch bei IHK-Betrieben ungebrochen. Zurzeit bilden im Landkreis 319 der IHK zugehörige Firmen Lehrlinge aus. Nur wird es laut Michael Steinbauer, dem Vorsitzenden des IHK-Gremiums Dachau-Fürstenfeldbruck, "immer schwieriger, geeignete und vor allem auch genügend Azubis zu rekrutieren". In diesem Zusammenhang fordert Steinbauer die "Abkehr vom vorherrschenden Akademisierungswahn". Die duale Ausbildung müsse als attraktive, echte Alternative zum Studium wahrgenommen werden. Die Karrierechancen nach der betrieblichen Ausbildung und die Fortbildungsmöglichkeiten über Meisterkurse bis zum Studium würden unterschätzt, stellt Steinbauer fest. Ähnlich sieht der Kreishandwerksmeister die Situation. Ausbildungsbetriebe würden darunter leiden, dass viele Jugendliche ein Gymnasium besuchen. Die Aufstiegsmöglichkeiten im Handwerk würden unterschätzt.

Angesichts des Fachkräftemangels können viele Betreibe nicht mehr alle Lehrstellen besetzen. So waren zum Beginn des Lehrjahres am 1. September 2015 im Landkreis 160 Ausbildungsplätze unbesetzt, im Jahr zuvor waren es sogar 170.

Zurzeit erlernen insgesamt 111 ausländische Jugendliche im Landkreis einen Ausbildungsberuf bei Industrie-, Handels- oder Dienstleistungsunternehmen im Landkreis. Bei IHK-Berufen liegt ihr Anteil bei 12,5 Prozent. Zudem werden 50 jugendliche Asylbewerber in drei Integrationsklassen auf das Berufsleben vorbereitet. Um die Integration am Arbeitsmarkt voranzubringen, haben die Industrie- und Handelskammern in Bayern sogar ein eigenes Modell entwickelt. Junge Asylbewerber, die eine Lehre aufnehmen, haben nicht nur während ihrer gesamten dreijährigen Ausbildungszeit ein Bleiberecht. Auch in den darauf folgenden zwei Jahren dürfen sie nicht abgeschoben werden.

© SZ vom 18.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: