Konzert:Hört, welche Stimmen!

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Ökumenische Gruppe: die fünf Sänger von Viva Voce bei ihrem Auftritt in der Fürstenfelder Klosterkirche. (Foto: Günther Reger)

Die fünf Sänger von Viva Voce begeistern das Publikum in der Klosterkirche mit religiösen und weltlichen Liedern

Von Edith Schmied, Fürstenfeldbruck

Dunkler Anzug, weißes Hemd, silbergrau gestreifte Krawatte. Wie Klosterbrüder sehen die fünf Sänger von "Viva Voce" nicht gerade aus. Dennoch knüpfen sie an die Tradition von vor 540 Jahren an. "Schon damals sangen die Mönche mehrmals am Tag ihr Stundengebet, gregorianische Choräle in lateinischer Sprache, a capella", erläutert Dekan Albert Bauernfeind zur Einführung des Konzertes in der Klosterkirche. Die Konfession der Sänger, "fünf junge Männer, nicht unbedingt katholisch, eher evangelisch", deutet Bauernfeind als großartiges Zeichen der ökumenischen Brücke. Wie geschaffen für den Auftakt zum Kirchentag unter dem Motto: "Seht, welch ein Mensch".

Die Worte aus dem Johannes-Evangelium interpretiert Ursula Leitz-Zeilinger von der Gnadenkirche auf ihre Weise. Die menschliche Stimme als Teil des Wunders Mensch werde die Kirche zum Klingen bringen. Ach was, klingen, es ist ein eindrucksvolles raumfüllendes Klangerlebnis, das die "drei Evangelen, zwei Katholiken, ein Pole, zwei Pfarrerssöhne", so stellt Tenor David Lugert die Sänger vor, bieten. Zunächst ertönen die Stimmen sanft und leise wie aus dem Off, schließlich mikrofonverstärkt und stimmgewaltig. Ansonsten verzichten sie jedoch auf jegliche technische Spielereien und Showelemente. Selbst als Jörg Schwartzmanns gleich zu Beginn seine Perfektion als Mouth- und Body-Percussionist demonstriert, wirkt das keinesfalls wie Effekthascherei. Genial wie er die einzelnen Bestandteile des Schlagzeuges akustisch aufdröselt. Das Zischen der Becken, das sanfte Reiben der Besen, die rhythmischen Kehlkopflaute, das Klack-Klack der Trommel endet in einer furiosen rockigen Klangwolke und einem finalen Tusch.

Für das Programm "Neue Songs in alten Mauern" hat die A-Capella-Gruppe ihren individuellen Musikstil "Vox Pop" exklusiv für Kirchen und pittoreske Räume konzipiert. Es ist eine Mischung aus Balladen, kirchlichem und weltlichem Liedgut, Eigenkompositionen, Ohrwürmern und Evergreens. Nachdenkliche, selbst verfasste Texte vermitteln den Geist vergangener Kirchentage in Köln und Hamburg, wo die Gruppe aufgetreten ist. Dagegen geraten Passagen, die Gefühle und zwischenmenschliche Beziehungen zum Inhalt haben, an die Grenze zur Plattheit mit Hang zum Weichspüleffekt. Entwarnung kommt von sehr handfesten, humoristisch aufgearbeiteten Liedern und hinreißend interpretierten Hits, die dem Programm eine gewisse Leichtigkeit geben. Ebenso wie die jazzige Komposition von Bariton Mateusz Phouthavong. "Das Leben is a Traum" von der Spider Murphy Gang ist so eine rasante, ins Fränkisch abdriftende Einlage, bei der Heiko Benjes seine irre Bassstimme ausspielen kann.

Die Herkunft von vier Sängern aus dem Windsbacher Knabenchor und deren Weiterentwicklung parodiert die Gruppe in einem triefenden Italo-Medley, Gondoliere-Feeling inklusive. Glasklares, glockenhelles Tirilieren, kein Problem für die beiden Tenöre David Lugert und Bastian Hupfer. Lieder, die man auf Anhieb nicht unbedingt der Kirche zuordnen würde, begeistern das Publikum. Füßegetrampel dröhnt durch die voll besetzte Barockkirche. Bei einem Kirchenkonzert darf auch der Klassiker "Hallelujah" von Leonard Cohen nicht fehlen. Als krönenden Abschluss des regulären Programms erleben die Zuhörer die "Misa Criolla" des Argentiniers Ariel Ramirez. Typisch für die lutherische Liturgie ertönen Teile des Kyrie und des Gloria derartig stimmgewaltig, dass der Eindruck entsteht, ein ganzer Chor wäre am Werk. Es sind aber nur fünf Sänger, allerdings mit grandiosen Stimmen.

© SZ vom 22.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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