SZ-Serie: Menschen an der Isar:Die Retter des Auwalds

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Markus Hennig liebt die Isar von klein auf. Deswegen lag ihm auch die Beweidung mit Murnau-Werdenfelser Rindern am Herzen. Jetzt muss er sich verabschieden

Von Barbara Briessmann, Wolfratshausen

"Ich mag sie", sagt Markus Henning über die Isar und über die Murnau-Werdenfelser Rinder. Beide sind seit mehr als fünf Jahren ein großer Teil seines Lebensinhalts. Denn Henning leitet das Weideprojekt zur Auwaldrettung, die Landschaftspflege mittels Vieh in der Pupplinger Au. Seine Mission ist so erfolgreich, dass sein Posten überflüssig geworden ist. Ende des Jahres ist er seinen Job los.

Mit Sorge wurde schon um das Jahr 2000 beobachtet, dass der für die Isar in der Pupplinger Au so typische Schneeheide-Kiefernwald überwuchert wurde. Die Böden waren immer feuchter geworden, da die Isar ihr Kiesbett kaum mehr verschieben konnte. Den Kiefern wurde der lebensnotwendige nährstoffarme Boden entzogen. Esche und Ahorn drohten sie zu verdrängen, das Rohr-Pfeifengras erstickte Enzian, Mehlprimeln und Orchideen. Wie also den Biotop-Typ wiederherstellen?

"Nachdem es sich um einen Wald handelt, sind die bayerischen Staatsforsten hier zuständig", erklärt Markus Henning. "Allerdings möchte kein Förster Beweidung in seinem Gebiet." Die Furcht vor Verbiss sei zu groß. Keine Gefahr für die Bäume stellen aber Rinder dar. Die Überzeugungsarbeit fruchtete. Der Isartalverein bot sich als Träger an, für das Projekt bekam der Maschinenring Wolfratshausen den Zuschlag. Die Stelle des Projektleiters wurde ausgeschrieben: Henning, Diplom-Ingenieur für Landschaftsarchitektur, bekam sie. Fehlte noch das Vieh. Ausdrücklich gewünscht waren die heimischen Murnau-Werdenfelser Rinder. Durch Kontakte zu Landwirten des Maschinenrings war bald eine Mutterkuhherde gefunden. Die von Biobauer Manfred Schmid. Im Mai 2010 bezogen 16 Mutterkühe mit ihren Kälbern und einem Stier ihre Weiden in der Pupplinger Au. "Ich bin glücklich, dass es eine Mutterkuhherde ist und kein Jungvieh wie auf Almen üblich", sagt Henning. "Die Kühe sind viel entspannter." Und die Murnau-Werdenfelser tun das, was sie tun sollen: Sie fressen das Rohr-Pfeifengras. Da sie allerdings auch Frauenschuh sehr schätzen, "verschieben wir die Koppeln je nach Blütezeit der Pflanzen". Die Folge: Der Auwald in der Pupplinger Au blüht auf, die Isar bekommt wieder ihren ursprünglichen Rahmen.

Die Isar zieht sich durch das Leben von Markus Henning. "Ich bin in Farchet aufgewachsen", erzählt er, "als Kinder waren wir schon gern an der Isar zum Spielen, auch wenn wir das eigentlich nicht durften." Der 49-Jährige gerät ins Schwärmen von der Geretsrieder und der Ascholdinger Au, von Erinnerungen an den Ickinger Stausee.

"Sehr hübsch" findet er die Murnau-Werdenfelser. "Das sind schöne Kühe." Und gut. Das Rindfleisch der Rasse ist bei Feinschmeckern gefragt. "Es schmeckt wunderbar, ist ganz zart", so Henning über seine kulinarischen Erfahrungen. Kein Wunder, haben die Tiere in ihrem Leben nur Milch und unbelastete Pflanzen zu sich genommen. Apropos Milch: "Die ist so gut, daraus kann man Pralinen und die feinsten Desserts machen." Von ihrer Statur her sind die Tiere trittsicher, robust und belastbar. Auf ihren Weiden in der Pupplinger Au säugen sie ihre Kälber, die sie ohne Hilfe von außen bekommen. "Sie machen alles selber."

Sich selbst überlassen werden sie dennoch nicht. "Fünfmal in der Woche schauen die Isar-Ranger täglich nach ihnen, am Wochenende macht es der Landwirt, dem die Rinder gehören." Schließlich seien es keine Wildtiere, sie ließen sich auch von Spaziergängern streicheln. Seit dieser Woche sind es 36 Tiere, weil wieder ein Kälbchen geboren wurde. Es läuft reibungslos. Trotz aller Bedenken hat sich der Schneeheide-Kiefernwald erholt, die Mutterkuhherde macht einen guten Job.

Somit hat sich der Job von Henning überholt. "Das Projekt endet mit diesem Jahr", sagt er traurig. Er muss sich von der Pupplinger Au verabschieden, die Mutterkuhherde jedoch wird im Frühjahr zurückkehren in ihr Biotop. In Zukunft soll die Beweidung an die Landwirtschaft übergehen, der Isartalverein wird beraten und bei Zuschüssen helfen.

© SZ vom 04.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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