Prozess:Zu verlockende Rendite

Lesezeit: 2 min

Am Landgericht Landshut sitzt ein ehemaliger Freisinger Autohändler auf der Anklagebank. Er soll zwölf Anleger um insgesamt 1,1 Millionen Euro gebracht haben. Doch der Mann ist selbst einem Betrüger aufgesessen

Von Petra Schnirch, Landshut/Freising

Hohe Renditen sind offenkundig einfach zu verlockend, da lässt so mancher jegliche Vorsicht außer Acht - zumal wenn auch Freunde und Bekannte investieren. Auf der Anklagebank am Landgericht Landshut sitzt derzeit ein ehemaliger Freisinger Autohändler. Der 57-Jährige soll zwölf Anleger um insgesamt 1,1 Millionen Euro gebracht haben. Das Geld leitete er an Rudi B. (alle Namen geändert), einen Händler aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck weiter, der Luxuskarossen zu günstigen Konditionen vermittelte und für Geldeinlagen hohe Zinsen versprach. Der ist bereits rechtskräftig verurteilt, Georg S. muss sich nun vor der Wirtschaftskammer des Landgerichts wegen unerlaubter Bankgeschäfte, Betrugs und Untreue verantworten.

Rudi B. muss ein ausgesprochen charismatischer Geschäftspartner gewesen sein. Er gewann auch das Vertrauen von Georg S., mit dem er seit 2008 in Kontakt stand. Zunächst bezog der Freisinger über B. nur Autos mit hohen Rabatten, die er teilweise an die Kunden weitergab. Allein 2010/11 habe er 150 Fahrzeuge auf diese Weise verkauft, schilderte S. vor Gericht. "Das war ein Selbstläufer." B. habe alles "sauber erledigt - warum hätte ich da zweifeln sollen?", fragte er. Selbst sein Steuerberater habe keine Bedenken geäußert. Was der Freisinger nicht wusste: B. gab die Wagen unter dem Einkaufspreis mit Verlust weiter und finanzierte die nächsten Geschäfte über neue Einnahmen, Vorkasse war stets Voraussetzung. Als das Schneeballsystem nicht mehr funktionierte, versprach er S. und offenbar auch weiteren Autohändlern für Geldeinlagen eine monatliche Rendite von 7,5 Prozent. Angeblich benötigte er die Darlehen, um Wochenproduktionen von Autoherstellern günstig aufzukaufen. Im Hintergrund stand, so behauptete er, eine große Mietwagenkette. Als B. im August 2011 verhaftet wurde, brach das System zusammen. Georg S. musste in der Folge Insolvenz anmelden, seine Werkstatt wurde versteigert. Er verlor sein gesamtes Vermögen, wie er vor Gericht aussagte. Aber auch einige seiner Kunden büßten hohe Beträge ein, laut Anklage liegen deren Verluste zwischen mehreren tausend und mehr als 300 000 Euro. S. und seine Frau, die sich mit ihm vor Gericht verantworten muss, hatten ebenfalls Hunderttausende in dieses Geschäft und in einen Rohgoldhandel, dessen Vermittler wiederum mit Rudi B. verbandelt war, investiert und in den Sand gesetzt.

Auch dem Vorsitzenden Richter Alfons Gmelch fiel es am ersten Verhandlungstag schwer, einen Überblick über die geschlossenen Verträge und deren Sinn und Inhalt zu bekommen, in denen es um Sicherheiten, Verrechnungen und Verzichtserklärungen ging. Er bohrte mehrmals nach, warum sich Georg S. überhaupt auf das Darlehensgeschäft eingelassen habe - und vor allem ob er an seine Kunden weiter gegeben habe, wie riskant die Anlage sei.

Der Freisinger vermittelte vor Gericht den Eindruck, dass er mit derlei Vertragsverhandlungen hoffnungslos überfordert war. Er konnte weder zu den Vereinbarungen bezüglich des Goldhandels genauere Angaben machen noch zu den angeblichen Sicherheiten und Bankbürgschaften, die ihm B. wegen der Darlehen für die Autogeschäfte kurz gezeigt habe. Kopien habe er sich keine machen dürfen, sagte der Angeklagte, und er habe die Papiere auch nicht wirklich einsehen können.

Große Zweifel kamen ihm offenkundig nicht, obwohl ihm der Richter vorhielt, diese Art der Finanzierung "ist doch absurd". Das sprenge jede Vorstellung, dass sich eine renommierte Mietwagenfirma auf solche Konditionen eingelassen hätte, da brauche man "gar keine große mathematische Weisheit". Auch Banken würden nicht einfach für Geschäfte, in die sie nicht involviert seien, Bürgschaften abliefern. "Der Erfolg hat die Händler wohl leichtsinnig gemacht", sagte Claus Huber-Wilhelm, der Rechtsanwalt von S. Ehefrau. Was den Angeklagten bis heute wurmt: Er sei der einzige Autohändler, der sich vor Gericht verantworten muss, obwohl auch andere auf Rudi B. hereingefallen seien.

© SZ vom 06.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: