Ohne Belästgungen:Diffuse Ängste vor der Badesaison

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In Münchener Bädern hängen seit einiger Zeite Plakate aus, auf denen neben den üblichen Baderegeln auch der Respekt vor Frauen angemahnt wird. (Foto: dpa)

Vizelandrat Robert Scholz hat Debatte um mögliche Belästigungen durch Flüchtlinge befeuert - im Freisinger Landratsamt bleibt man entspannt.

Von Christian Gschwendtner, Freising

Die Verantwortlichen im Landkreis sehen keinerlei Anlass, für die anstehende Badesaison besondere Vorkehrungen zu treffen. Auf Bürgerversammlungen geht seit einiger Zeit die Sorge um, männliche Flüchtlinge könnten Frauen im Bikini in den kommenden Sommermonaten belästigen. Entsprechende Wortmeldungen konnte man zuletzt beispielsweise in Attaching registrieren. Aus Sicht der Freisinger Polizei sind die Ängste aber unbegründet. "Es gibt keinerlei Vorkommnisse, die einen solchen Verdacht rechtfertigen", sagt Hauptkommissar Michael Ertl. Er findet die ganze Diskussion reichlich absurd. "Was eventuell sein könnte und was nicht, kann ich nicht beurteilen. Ich muss mich an die Fakten halten."

Vizelandrat Robert Scholz (FW) hatte die diffuse Debatte um die Sicherheit an Badeseen vor kurzem befeuert - mit einem energischen Plädoyer gegen den Bau eines Flüchtlingsheims am Kranzberger See. In einem Brief an seine ehemaligen Kollegen im Gemeinderat schrieb Altbürgermeister Scholz: "Die unmittelbare Nachbarschaft einer von jungen Männern bewohnten Unterkunft und weiblichen Badegästen kann als 'Einladung' missverstanden werden." Zwei Wochen später stellt Scholz aber klar, es sei ihm nur darum gegangen, den bestmöglichen Standort auszuwählen. "Nicht mehr und nicht weniger." Der Vizelandrat fände ein Erziehungsheim für junge deutsche Männer in unmittelbarer Seenähe ebenfalls problematisch. Aber manchmal müsse man eben zuspitzen, um gehört zu werden, ergänzt Robert Scholz.

Unter den 2167 Asylbewerbern befinden sich derzeit garkeine Flüchtlinge aus Nordafrika

Der ursprüngliche Plan für den Kranzberger See ist mittlerweile vom Tisch. Nach dem Willen des Gemeinderates soll die Unterkunft nun auf einem Grundstück im Gewerbegebiet entstehen. Ob "zu einem großen Teil oder sogar vollständig junge Männer aus dem nordafrikanischen Raum" nach Kranzberg kommen, wie von Scholz befürchtet, ist indes unwahrscheinlich. Laut der Statistik des Landratsamtes Freising befinden sich unter den 2167 Asylbewerbern derzeit keine Flüchtlinge aus Algerien, Marokko oder Tunesien. Bundesweit fiel die Zahl der Erstanträge von Asylbewerbern aus den Maghreb-Staaten im Januar so gering aus, dass sie in der aktuellen Statistik zu den zehn stärksten Herkunftsländern von Flüchtlingen gar nicht erst auftauchen.

Im Landratsamt Freising blickt man der herannahenden Badesaison ohnehin entspannt entgegen. "Es sind keine Maßnahmen im Sinne von Security an Badeseen geplant", sagt Pressesprecherin Eva Dörpinghaus. Seitens der Asylsozialarbeiter und ehrenamtlichen Helfer unternehme man bereits große Anstrengungen. Die Neuankömmlinge sollen mit den hiesigen Gepflogenheiten vertraut gemacht werden. Dörpinghaus gibt sich optimistisch, dass das auch gelingt. "Wenn nicht, passiert das gleiche wie bei jedem Deutschen oder EU-Bürger auch", ergänzt sie. Das Landratsamt kann sich allenfalls vorstellen, direkt in den Unterkünften mit Comicbildern auf Baderegeln aufmerksam zu machen. Eine ähnliche Aufklärungskampagne haben die Stadtwerke München bereits gestartet.

Auch bei der Wasserwacht in Kranzberg hegt man keine prinzipiellen Vorbehalte gegen ein Flüchtlingsheim in der Nähe des heimischen Gewässers. Es gibt dringlichere Probleme: Die Bootsgarage muss renoviert werden. Für die Rettungsschwimmerausbildung sucht man händeringend nach Trainingsmöglichkeiten in Schwimmbädern. Zur aktuellen Badesee-Diskussion will Anita Stärk, die Vorsitzende der Kranzberger Wasserwacht, nicht viel sagen. Sie ist zur politischen Neutralität verpflichtet. Nur so viel: "Wir stehen dem Ganzen offen gegenüber".

© SZ vom 04.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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