Junger Kampfsport:Schwertkampf wie im Mittelalter

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Die Schläge im Freikampf sind schnell und hart. Mit dem langen Schwert in den Händen ist es nicht immer einfach dabei die Balance zu halten. (Foto: Marco Einfeldt)

Kämpfen wie ein Ritter: Einige junge Erwachsene des SV Vötting-Weihenstephan betreiben diesen schweißtreibenden Kampfsport. Ihre Schwertkunst ist ebenso hart wie anmutig.

Von Eva Zimmerhof, Freising

Nackte Füße schieben sich langsam über den Holzboden. Die schwarzgekleideten Männer und Frauen tragen lange Schwerter vor sich her, einige sind vermummt. Es ist nichts Okkultes, was am Donnerstagabend in der Grundschule in Vötting vor sich geht. Es ist vielmehr Kampfsport, "Moderne Schwertkunst" genannt, der die Jugendlichen und jungen Erwachsenen ins Schwitzen bringt.

Mit Schrittübungen bereiten sich die Schwertkämpfer vor, ihre Füße heben dabei kaum vom Boden, um den sicheren Stand zu wahren. Zugleich das Schwert richtig greifen, zuschlagen, abwehren, Angriff, Parade... "Heb den Ellbogen höher, dann kannst du zwischen den Armen hindurchschauen": Trainer Jonas Kirsch betrachtet jede der Bewegungen aufmerksam. Sich mithilfe der langen Klinge vor dem gegnerischen Hieb zu schützen, funktioniert eben nur, wenn man dabei auch etwas sieht. Das Schwert ist lang. "Ein 1,5-Händer", sagt Kirsch. Um es zu führen, braucht der Kämpfer beide Hände. Die eine liegt knapp hinter der Parierstange, die andere nah am Knauf.

Der Kampf basiert auf Erkenntnissen aus mittelalterlichen Darstellungen

Arme und Beine so zu koordinieren ist für die Anfänger in der Halle nicht leicht. Doch gleich am anderen Hallenende sehen sie, wofür diese Übungen notwendige Grundlage sind: Im Freikampf gibt es kein Zögern, die Schläge sind heftig, Schwächen werden ausgenutzt. Den großen Schutzhelm mit festem Visier auf dem Kopf und in wattierte Jacken gepackt kämpfen zwei Gegner mit schnellen harten Hieben gegeneinander - und doch ist dies kein bloßes aufeinander Einprügeln, sondern mit einer gewissen Anmut verbunden. Denn die noch relativ junge Sportart, die eine Interessengemeinschaft 2002 in Erding gegründet hat, basiert zum einen auf Erkenntnissen aus mittelalterlichen Darstellungen wie den sogenannten Fechtbüchern. Einer der bekanntesten deutschen Fechtmeister dieser Epoche, von dem noch Niederschriften existieren, war etwa Johannes Liechtenauer. Er lebte im 14. Jahrhundert und prägte mit seinen Techniken und Taktiken seinerzeit den Schwertkampf in Europa.

Trainer Jonas Kirsch hilft Richard Rupp in den Helm, der den Kämpfer vor Hiebverletzungen schützen soll. (Foto: Marco Einfeldt)

Doch auch Bewegungsabläufe der asiatischen Kampfkünste bezieht die Moderne Schwertkunst mit ein. Selbst die Kleidung ist weniger mittelalterlichen denn asiatischen Ursprungs. Über seinem schwarzen Kampfsportanzug trägt Jonas Kirsch einen braunen Gürtel, dieser Grad richtet sich nach dem Karate-Gurtsystem. Der asiatische Einfluss wird auch in den Formen deutlich, die zu der Sportart ebenso gehören wie der Freikampf. Sie führt ein Schwertkämpfer je einzeln vor. Der "Flammentanz" etwa ist eine Abfolge von Schritten und Schlagbewegungen. Dazwischen ein kurzer Schrei.

Mittelalterlich dagegen das lange Schwert mit beidseitigem Schliff. Im Hochmittelalter war es ein Symbol der Ritterschaft. Auch dessen Beschaffenheit aus Holz ist stimmig. So wurde im Mittelalter oft mit Holzschwertern trainiert, die scharfen Waffen waren für den Kampf bestimmt.

Trotz der Kraft, die in den Schlägen liegt, sollen die Kämpfer immer unverletzt bleiben

Mit scharfen Metallschwertern kämpfen die schwarzen Ritter in der Turnhalle jedoch gar nicht. Stattdessen nutzen sie biegsamere Kunststoffschwerter für den Freikampf, bei dem die Übungsschwerter sonst zerbrechen würden. Doch bei aller Kraft, die in den Schlägen liegt, sollen die Kämpfer immer unverletzt bleiben. So sind Schläge auf den Hals ebenso wie unter die Gürtellinie, mit Ausnahme der Oberschenkel, verboten. Von Aggression ist in der Turnhalle auch nichts zu spüren. Es ist vielmehr ein freundschaftliches Kräftemessen. Dann mal zusammen durchschnaufen, gar nicht so leicht hinter dem Helmgitter. "Da hörst du dich an wie Darth Vader", lacht einer. Der Spaß am Sport ist entscheidend, und doch: Von den Deutschen Meisterschaften im Frühjahr kamen die Freisinger mit zweimal Gold und einmal Bronze zurück.

Die Gruppe Moderne Schwertkunst gehört zum SV Vötting-Weihenstephan und trainiert jeden Donnerstag, von 19 bis 22 Uhr, in der Turnhalle der Vöttinger Grundschule. Während der Schulferien entfällt das Training, dafür verabreden sich die Sportler in der warmen Jahreszeit gelegentlich zum Schwertkampf und Grillen an einem der Weiher. Wer sich für das Jugend- und Erwachsenentraining interessiert, kann sich für ein Probetraining bei Trainer Jonas Kirsch anmelden (E-Mail: freising@moderne-schwertkunst.de). Weitere Infos unter: www.moderne-schwertkunst.de

© SZ vom 22.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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