Flüchtlinge in Tegernbach:Angst vor Konflikten

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In diesem Wohn- und Geschäftshaus in Tegernbach sollen bald 47 Asylbewerber unterkommen. (Foto: Marco Einfeldt)

In Tegernbach sollen ein Aussiedlerheim und eine Unterkunft für Asylbewerber entstehen - die Gemeinde versucht nun, zumindest eines der beiden Vorhaben zu verhindern und das entsprechende Grundstück zu kaufen.

Von Peter Becker, Rudelzhausen

In der Zwickmühle befindet sich die Gemeinde Rudelzhausen. Im Ortsteil Tegernbach sollen in unmittelbarer Nachbarschaft zwei Wohnheime entstehen - eines für Aussiedler aus Osteuropa, eines für Asylbewerber. Das birgt Konfliktpotenzial, meinen viele der Dorfbewohner. Baurechtlich gibt es gegen beide Vorhaben nichts einzuwenden.

Den Tegernbachern wäre es natürlich am liebsten, wenn keines der beiden Projekte in ihrem Dorf entstünde. Der Gemeinderat will nun versuchen, zumindest eines zu vereiteln. Ergebnis einer eigens einberufenen Bürgerversammlung ist, dass er dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem das Aussiedlerheim entstehen soll, ein Kaufangebot unterbreiten will. Darüber wird in der Gemeinderatssitzung am Montag, 15. Februar, beraten.

Zu der Versammlung waren gut 200 Leute gekommen. Ein Indiz dafür, wie sehr das Thema die Tegernbacher bewegt. Normalerweise würden eher zehn kommen, sagte Pamela Meier, Geschäftsführerin der Gemeindeverwaltung. Natürlich waren einige der Gespräche sehr emotional geführt. Bürgermeister Konrad Schickaneder (CSU) und Irmgard Eichelmann, Asylbeauftragte am Freisinger Landratsamt, riefen einige extrem unsachliche Kommentatoren oder Zwischenrufer zur Ordnung.

Schickaneder erläuterte den Bürgern die baurechtlichen Aspekte der beiden Vorhaben. Knackpunkt beim Aussiedlerheim ist, dass sich der Grundstückseigentümer, ein Münchner Investor, bei den Angaben zu seinem Projekt sehr bedeckt hält. Er macht weder Angaben dazu, woher die Personen kommen, die sich dort aufhalten sollen, noch wie viele es sein werden. Ein Bürger mutmaßte, es könnte sich um Nachfahren deutscher Siedler handeln, die in der ehemaligen Sowjetunion zwangsweise nach Kasachstan umgesiedelt worden waren. Dort hätten sie sich nie integrieren können. Jetzt wollten sie nach Deutschland.

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Diese Leute seien bereits sehr alt. Ein weiterer Tegernbacher meinte, er habe zur Person des Investors, eines Münchner Professors, recherchiert. Dabei soll es sich um einen Mann handeln, der vor allem in der Umgebung von Markt Schwaben unangenehm aufgefallen sein soll. Er berichtete weiter, dass der Investor dort Immobilien gekauft habe. Anschließend sei es jeweils zu juristischen Auseinandersetzungen gekommen. Am 16. Februar beschäftigt das Aussiedlerheim auch das Münchner Verwaltungsgericht.

Ressentiments gegen Asylbewerber

Ressentiments gibt es unter den Tegernbachern zudem gegen das geplante Asylbewerberheim in einem ehemaligen Wohn- und Geschäftshaus. Sie sorgen sich um Frauen und Kinder. Einer Bürgerin schaudert es bei dem Gedanken, in das Heim könnten vielleicht 50 junge Männer einziehen. Ein Anwohner überraschte mit der Information, er habe sich bereits eine kugelsichere Weste zugelegt. Ein weiterer gab dem existierenden Helferkreis die Schuld, dass überhaupt Flüchtlinge kämen. Man müsse dem "Glücksrittertum" in Tegernbach keinen Vorschub leisten, meinte ein anderer, gemünzt auf den Hausbesitzer. Manche Bürger wittern nun gar eine Verschwörung. Wenn das Aussiedlerheim nicht voll werde, argwöhnen sie, werde es womöglich mit weiteren Flüchtlingen aufgefüllt.

Besonnenere Bürger berichteten von ihren positiven Erfahrungen mit Flüchtlingen. Ein Tegernbacher sagte, es sei ihm lieber, diese wohnten im Ort, wo sie soziale Kontakte aufbauen können, als auf sich allein gestellt in einer Halle außerhalb des Dorfs. Ein offenbar in einem in Mainburg ansässigen Unternehmen, das Heizkessel herstellt, beschäftigter Mann berichtete von seinen positiven Erfahrungen mit Flüchtlingen.

© SZ vom 27.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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