Dritte Startbahn:Leserbriefe

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Wachstumswahn der Siebzigerjahre

Zu den Berichten um die sog. Kehrtwende von Söder in Sachen Dritte Startbahn

Wirtschaft, verschiedene Parteien und Verbände sind der Ansicht, dass wenn München weiter so wachse wie bisher, müsse die Infrastruktur mitwachsen. Dann müssten Straßen, Schienen, Radwege angepasst werden. Und dann sei es auch richtig, den Flugverkehr auszubauen. Alles falsch! Eine solche Einstellung zeugt ausschließlich von einer Wachstumsgeilheit der Siebzigerjahre, über die wir längst hinaus sind.

Beginnen wir beim Klimaschutz. Dieser findet in dieser Betrachtungsweise überhaupt keinen Eingang. Dem Geld ist der Klimaschutz egal, denn Geld kennt nur einen Zweck - sich selbst und vernichtet damit alle Werte. Der Klimawandel, der Verlust biologischer Vielfalt und fruchtbarer Böden wird von den Deutschen als drängende Frage betrachtet und steht sogar noch vor Ängsten um den Arbeitsplatz oder die soziale Gerechtigkeit.

Ein zügelloser Ausbau von Straße und Flugverkehr steht dazu diametral, denn schon jetzt steht die Region vor dem Verkehrskollaps. Mit weiteren 15 000 Arbeitsplätzen am Flughafen - wer soll diese Arbeitsplätze überhaupt besetzen? - wird der Druck auf die Region noch größer und zwar auch in Sachen Wohnungsnot, in Sachen Kinderbetreuung und öffentlichem Nahverkehr. Denn mit 15.000 Arbeiter*innen ist es ja nicht getan, da kommen Familien mit, es sei denn, die CSU erweitert auch hier ihr Verbot auf Familiennachzug.

Das nächste ist die konkrete Gefahr des Ausbaus der Dritten Startbahn auf die Lebensqualität der Menschen vor Ort. Der Lärm dort ist heute schon unerträglich, die Luftverschmutzung, die Feinstaub- und Ultrafeinstaubbelastung höher als zumutbar. Da wird die Gesundheit von Menschen leichtfertig aufs Spiel gesetzt. Die komplette Region rund um den Flughafen ist geprägt von Autobahnen, Umgehungsstraßen, Bundesstraßen. Die Isarauen, das Freisinger und Erdinger Moos, die Echinger Heide werden Stück um Stück ihres Naturraumes beraubt.

Was ist damit gewonnen, wenn sich noch mehr Firmen hier ansiedeln? Nichts, die Arbeitslosenquote spricht Bände. Andere Landesteile Bayerns müssen dafür bluten, denn wenn Söder hier alles ausbauen will, die zweite Stammstrecke, den ÖPNV, die Schienenanbindung an den Flughafen und viel mehr Wohnungen, dann bleibt für den Rest Bayerns - nichts oder wenig. Und das obwohl am 15. September 2013 von der bayerischen Bevölkerung mit großer Mehrheit ein Volksentscheid zur Änderung der Verfassung des Freistaates Bayern "Förderung gleichwertiger Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen" angenommen wurde.

Und schlussendlich bleibt Artikel 141 der Bayerischen Verfassung, die ich allen Befürworter*innen dringend zum Lesen anraten möchte: "(1) Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ist, auch eingedenk der Verantwortung für die kommenden Generationen, der besonderen Fürsorge jedes einzelnen und der staatlichen Gemeinschaft anvertraut. (3) Mit Naturgütern ist schonend und sparsam umzugehen." Aber vielleicht steht es auch damit nicht mehr weit. Susanne Günther Freising

Wahlmanöver

Es ist ein Etappensieg, dass das Vorhaben dritte Bahn auf Eis gelegt werden soll. Und es ist ein Erfolg für uns Grüne, die von Anfang an zusammen mit Aufgemuckt, dem Bund Naturschutz, den Bürgerinitiativen, Lichterzeichen und vielen Anderen Widerstand in vielfältiger Form zeigten. Es reicht aber nicht, das Projekt auf "Eis zu legen". Erst wenn die dritte Bahn aus dem Landesentwicklungsprogramm herausgenommen ist und endgültig, so wie damals der Transrapid, beerdigt ist, können die Menschen in der Region wieder aufatmen. Es wäre schön gewesen, wenn die Einsicht, dass der Bau der dritten Bahn unnötig ist, zu dieser Entscheidung geführt hätte. So ist es, wie man auch am Beispiel Straßenausbaubeitragssatzung sieht, ein mehr als durchsichtiges Wahlmanöver. Auf Eis Gelegtes kann auch wieder aufgetaut werden. Wir Freisinger Grüne bleiben wachsam. Eva Bönig Freising

© SZ vom 21.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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