Aufgebrachte Neufahrner:Landratsamt als "Feudalherr"

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Das Landratsamt will in dieser Wohnanlage in Neufahrn 15 Asylbewerber unterbringen. Die Eignergemeinschaft klagt, nicht informiert worden zu sein. (Foto: Marco Einfeldt)

Nur per Zufall haben Hauseigentümer in Neufahrn erfahren, dass 15 Asylbewerber in ihre Siedlung einziehen. Eine Männer-WG lehnen die Anwohner strikt ab, eine Familie wäre hingegen willkommen.

Von Christian Gschwendtner, Neufahrn

Mit der Miete eines Reihenhauses für die Unterbringung von Flüchtlingen hat das Landratsamt eine Neufahrner Eignergemeinschaft gegen sich aufgebracht. Die Rede ist von "behördlicher Arroganz" und "Geheimniskrämerei". Im Zentrum des Streits steht die Sepp-Zollner-Wohnanlage im Süden der Gemeinde. Die Hauseigentümer werfen dem Landratsamt vor, zu keinem Zeitpunkt über das Vorhaben unterrichtet worden zu sein. Erst als Handwerker sich daran machten, das Haus am Auweg 4a umzubauen, habe man erfahren, dass dort in wenigen Tagen 15 Flüchtlinge einziehen sollen. Da hatte das Landratsamt bereits die Hausordnung für Asylunterkünfte im Inneren anbringen lassen. Bettgestelle und Spinds standen bereit.

"Die aktuelle Lage ist unglaublich schwierig, da sind wir uns einig", sagt Hans Schraube, der Sprecher der Eignergemeinschaft. Er meint die aktuellen Herausforderungen, mit denen das Landratsamt bei der Unterbringung von Flüchtlingen konfrontiert ist. Man wolle einen angemessenen Beitrag zur Lösung der Probleme leisten, heißt es in einem Schreiben, das Schraube im Auftrag der Haus- und Wohngemeinschaft verfasst hat. So könne man sich etwa vorstellen, dass in dem angemieteten Haus Sprachkurse angeboten werden oder eine Familie Unterschlupf findet. Eine reine Männer-WG lehnen die Anwohner hingegen kategorisch ab.

"Ich verlange ein klares Konzept für den Betrieb des Hauses"

Voraussetzung für eine Einigung wären feste Zusagen und Transparenz. "Ich verlange ein klares Konzept für den Betrieb des Hauses", sagt Schraube. Das sei das Landratsamt schuldig geblieben. Strittig ist auch, wer für die Mehrkosten im Falle von auftretenden Schäden aufkommt. Das angemietete Reihenhaus verfügt über keinen eigenen öffentlichen Zugangsweg. Der ist Teil der 850 Quadratmeter großen Gemeinschaftsfläche der Wohnanlage. Dort anfallende Kosten werden auf alle 17 Eigentümer umgelegt. Umso dringlicher hätte es Schraube gefunden, dass das Landratsamt Kontakt zu den Eigentümern aufnehme. Stattdessen seien alle Aktionen unter "größtmöglicher Geheimhaltung" abgewickelt worden. In seinen Augen ein Affront. "Die Entscheidungen des Landratsamtes werden offenbar wie die eines Feudalherrschers verordnet" sagt Schraube.

Das Landratsamt teilt am Mittwochnachmittag mit, man versuche alle Vorgänge so transparent wie möglich zu gestalten. Das Objekt im Neufahrner Süden sei erst Mitte Januar angemietet worden. Zum Mietvertrag könne man wegen der Treuepflicht keine Angaben machen. "Vertragsinhalte und Verhandlungsgegenstände dürfen nicht an Dritte weitergegeben werden", sagt Robert Stangl, Pressesprecher im Landratsamt. Derzeit gibt es 85 Flüchtlingsunterkünfte im Landkreis Freising.

Der Helferkreis wusste nichts von den Plänen

Den Disput um die Anmietung des Reihenhauses im Auweg hat auch der örtliche Helferkreis zu spüren bekommen. Die Eigentümer mutmaßten, die Ehrenamtlichen Helfer seien in die Pläne des Landratamts eingeweiht gewesen. "Die Leute haben nicht geglaubt, dass der Helferkreis nichts davon gewusst hat", sagt Beate Frommhold-Buhl, die sich neben ihrer Tätigkeit als Gemeinderätin in der Flüchtlingshilfe in Neufahrn engagiert. Erst nach mehreren Telefonaten und einer Ehrenwortbeteuerung schenkte man ihr Glauben. Das Landratsamt teilt indes mit, Ehrenamtskoordinatorin Irmgard Eichelmann sei zum Zeitpunkt des Runden Tisches am 20. Januar selbst noch nicht über die Pläne für den Auweg im Bilde gewesen. Deshalb habe man die Information nicht an die Helferkreise weitergeben können. Dem Vernehmen nach wurden die Kommunikationspannen im nicht-öffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung am Montag diskutiert. Man sei nicht konsultiert worden, sagt Bürgermeister Franz Heilmeier. Bei kleineren Unterkünften sei das bisher nicht üblich, obwohl die Kommunen am Ort natürlich einen besseren Einblick hätten.

Die Flüchtlingshelferin Frommhold-Buhl hätte sich ebenfalls eine transparentere Kommunikation gewünscht. Sie will jetzt nach Vorne schauen. "Wir stemmen das", sagt Frommhold-Buhl. Der Helferkreis werde sich selbstverständlich auch um die 15 Flüchtlinge kümmern, die voraussichtlich Mitte Februar im Auweg eine Bleibe finden werden.

© SZ vom 04.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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