Freimann:Mehr als ein Trostpflaster

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Bei der Ansiedlung von Bildungseinrichtungen sehen sich Bürger und Politiker in Freimann seit Langem benachteiligt. Nun sollen dort laut Stadtschulrätin Zurek gleich zwei Gymnasien gebaut werden

Von Stefan Mühleisen, Freimann

Es gibt dieses spezielle Freimanner Frustgefühl, das bittere Empfinden, das vernachlässigte und schikanierte Stiefkind unter den Stadtteilen zu sein. Alles was lärmt und stinkt - Kläranlage, Fußballstadion, riesige Gewerbegebiete -, lädt die Stadtgesellschaft einfach im Norden ab, so die verbreitete Meinung, die schönen Dinge bekommen andere Viertel ab - neue weiterführende Schulen zum Beispiel. Gerade das düstere Bild vom vernachlässigten Bildungsstandort wird bald durch eine schönere Version ersetzt werden müssen: Denn geht es nach der Behördenspitze im Bildungsreferat, wird in absehbarer Zeit ein zweites neues Gymnasium in Freimann auf den Weg gebracht.

Das wurde jetzt bei einer Veranstaltung des SPD-Ortsvereins in dem von der Industrie geprägten Stadtteil im Münchner Norden bekannt. Der Vorstand hatte Bildungsreferentin Beatrix Zurek, praktischerweise eine Parteifreundin, ins Gasthaus "Zum Maibaum" eingeladen, um über Bildungsperspektiven für Freimann zu sprechen. Sie bekommt dabei zunächst eine gehörige Portion Freimanner Frust zu hören. "Alle haben Glück, nur Freimann bleibt immer auf der Strecke", formuliert Bärbel Häfele, für die Sozialdemokraten im örtlichen Bezirksausschuss, ihren Verdruss darüber, Freimann werde bei der Verteilung der Schulen in der Stadt ungerecht behandelt. Franz Obst, Vorsitzender der Mietergemeinschaft Burmesterstraße/Bauernfeindstraße, sekundiert: "Ob es um Schulversorgung oder Kita-Plätze geht, Freimann ist abgehängt."

Platz für Bildungsstätten: Auf dem Gebiet der Bayernkaserne soll ein Gymnasium entstehen. (Foto: Stephan Rumpf)

Behördenchefin Zurek widerspricht entschieden - und kündigt nahezu nebenbei an, dass sie Freimann als Standort für ein weiteres Gymnasium auf dem Schirm hat. Die Planungen dafür seien bereits angelaufen. "Die Schulen sollen über die Stadt verteilt werden. Und der Münchner Norden hat durchaus einen Anspruch", sagt sie.

Einen konkreten Standort mag Zurek indes nicht nennen. Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung lässt die Behördenchefin jedoch durchblicken, dass sie mit "Münchner Norden" eine Fläche in Freimann meint. Es wäre die zweite höhere Schule in diesem Stadtteil auf Wachstumskurs: Ein Gymnasiums-Neubau ist bereits auf dem Gelände der ehemaligen Bayernkaserne fest eingeplant. Das 58 Hektar große Areal zwischen Heidemannstraße und Euro-Industriepark soll sich in den nächsten zehn Jahren zu einem Wohngebiet für gut 15 000 Menschen wandeln. Dem geplanten Gymnasium wird eine fünfzügige Grundschule beigestellt; nördlich der Heidemannstraße soll - auf einer Vorhaltefläche, die Jahrzehnte lang brach lag - zudem eine Realschule entstehen.

Das Gymnasium in dem neuen Quartier ist eines von sieben, die gemäß einer behördlichen Bedarfsanalyse im Rahmen der Schulbauoffensive bis 2030 neu errichtet werden sollen. Für fünf davon stehen die Standorte bereits fest: Bayernkaserne, Freiham, Messestadt Riem, Ratzingerplatz und Oberföhring. Bleiben also zwei offen - und einen sieht Zurek klar in Freimann. "Wir werden dem Stadtrat Standorte in dem Stadtteil vorschlagen", kündigt sie an und fügt hinzu: Sie mache sich keine Sorgen darüber, den Bedarf auch politisch anerkannt zu bekommen.

An der Heidemannstraße ist eine Realschule in Planung. (Foto: Robert Haas)

Sie will nicht ausschließen, dass dies noch vor der Sommerpause geschieht, wenn sich die Stadträte mit dem zweiten milliardenschweren Paket des Schulbauprogramms beschäftigen. Der Beschluss dürfte ohnehin ein Bedarfs-Update enthalten - er muss weiter nach oben korrigiert werden: Die Schülerzahlen sollen qua steil ansteigender Bevölkerungswachstumskurve noch mehr anschwellen; zudem wird mehr Platz gebraucht wegen der Rückkehr zum G 9. Deshalb geht das Bildungsreferat von vier zusätzlichen Gymnasiums-Neubauten aus - womöglich dürfen sich also noch andere Stadtteile auf Zuwachs einer höheren Schule freuen.

Beim SPD-Dialog im Gasthaus "Zum Maibaum" würden sich die örtlichen Genossen gerne auf ein anderes Projekt freuen: eine neue Mittelschule anstelle der alten an der Situlistraße. Doch diese Hoffnung muss Bildungsreferentin Zurek dämpfen: Noch läuft eine Machbarkeitsstudie, ob es nicht günstiger ist, das bestehende Gebäude zu sanieren und von drei auf vier Züge zu erweitern. Nach Zureks Einschätzung wird das Projekt wohl Teil des dritten Schulbauprogramms 2018. Dennoch kann sie das voraussichtliche Ende eines weiteren Frust-Themas ankündigen: Nachdem Anwohnervertreter Franz Obst den bemitleidenswerten Zustand des Rasens auf der Bezirkssportanlage Bauernfeindstraße beklagt hatte, stellt sie einen Kunstrasen in Aussicht. Und das dürfte gar nicht so lange dauern, wie sich tags darauf herausstellt: Laut Zurek ist er ein Fragment des "Kunstrasen-Bauprogramms", über das der Stadtrat im Februar 2018 befinden soll.

© SZ vom 03.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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