Freimann:"Es ist nicht auszuhalten"

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Gerne laut: Viele Gäste des Zenith verärgern die Nachbarschaft. (Foto: Catherina Hess)

Nachbarn des Zenith-Geländes formulieren massive Beschwerden gegen den viel zu lauten Konzertbetrieb

Von Stefan Mühleisen, Freimann

Es gibt einen neuen Spitzenreiter in der langen Galerie der unerquicklichen Abende für die Freimanner Bevölkerung im Dunstkreis von Zenith-Halle und Kesselhaus: der 28. Februar 2016, ein Sonntag. Die Techno-Band Scooter gastierte im Zenith. Als die dumpfen Beats verklungen waren, ertönten dieselben bald ziemlich laut nahe dem Bahnhof Freimann, begleitet von unüberhörbaren Kurzweil-Kundgaben der Scooter-Fans. "Es ist nicht auszuhalten. Es kann doch nicht sein, dass die bis halb eins in der Nacht so ein Remmidemmi veranstalten", zürnte ein Mann bei der Bürgerversammlung am Donnerstag ins Mikrofon. Der Titel der Scooter-Tour passt dabei zu seiner und vieler anderer Anwohner Gefühlslage: Can't stop the Hardcore.

Abgestellt wird der Veranstaltungsbetrieb mit harten Klängen tatsächlich nicht - das hat der neue Eigentümer des Areals bereits deutlich gemacht. Doch der Investor, ein Unternehmen der Dünkel-Firmengruppe, stellt zumindest eine Milderung in Aussicht. "Wir nehmen die Beschwerden sehr ernst", sagt der Center-Manager der Motorworld Consulting GmbH, Joachim Thomas.

Zahlreich sind inzwischen die Beschwerden der Anwohnerschaft über die missliebige Geräuschkulisse durch Konzerte und vor allem über das rücksichtlose Gebaren der Gäste. Kaum eine Bürgerversammlung vergeht, in der nicht mit drastischen Worten die Zustände beklagt werden - so auch am Donnerstag. Robert Eggl, Vorsitzender der ansässigen Baugenossenschaft Reichsbahnwerk Freimann, schilderte, wie Konzertbesucher auf dem Weg zum U-Bahnhof Freimann in Hauseingänge urinierten. "Wir bekommen die Körpersäfte mit, auch die in fester Form", sagte er - und fand eine große Mehrheit für seinen Antrag, zumindest eine Toilette am U-Bahnhof einzurichten.

Beim neuen Eigentümer stößt er damit auf offene Ohren. "Wir werden uns dafür einsetzen", versichert der zuständige Architekt bei Motorworld, Wolfgang Marschik. Es lasse sich nach seinen Worten zudem einrichten, bei Veranstaltungen mit "schwierigem Publikum" Security- Kräfte am Harnierplatz und an der Edmund-Rumpler-Straße abzustellen: "Ein gesitteter Ablauf ist auch in unserem Interesse." Marschik wirbt jedoch um Geduld: "Wir versuchen, einen konstruktiven Weg zu finden. Doch das wird nicht von heute auf morgen gehen."

Das liegt daran, dass die Weichen für die Neugestaltung dieser Industriebrache zwar gestellt, aber nur teilweise auf die Schiene gesetzt sind. Für den nördlichen Teil ist das behördliche Bebauungsplanverfahren bereits abgeschlossen: Der schwäbische Unternehmer Andreas Dünkel hat die ehemalige Lokhalle auf dem Gelände des Bundesbahn-Ausbesserungswerks gekauft. Hier soll das Projekt "Motorworld" entstehen - eine glitzerbunte Auto-Erlebniswelt mit dem Schwerpunkt auf Oldtimer. Ebenso gehören Dünkel nun Kohlebunker, Kesselhaus und Zenith. Diese drei denkmalgeschützten Gebäude will der Firmen-Boss weiter mit Konzerten, Kongressen und Events bespielen - allerdings liegen nur für Kohlebunker und Kesselhaus inzwischen gültige Baugenehmigungen vor. Sie waren planungsrechtlich noch bis vor kurzem als Industriehallen festgelegt; jede einzelne Veranstaltung musste gesondert beim Kreisverwaltungsreferat (KVR) beantragt werden, bis der Bebauungsplan für den Motorworld-Komplex diese Zwischennutzung dauerhaft legalisierte - und zwar mit genauen Vorgaben für den Schallschutz. "Wir werden diese Auflagen erfüllen", sagt Motorworld-Architekt Marschik. Für das Zenith verspricht er das gleiche. Doch diese, ebenfalls denkmalgeschützte Halle liegt inmitten des Planungsumgriffs für den "Campus für Innovation und Forschung", ein Großprojekt, für das noch das Bebauungsplanverfahren läuft. "Es wird überall effektive Dämmung geben. Nur in welcher Form, ist jetzt noch nicht klar", sagt Motorworld-Center-Manager Joachim Thomas.

Der Bezirksausschuss-Vorsitzende Werner Lederer-Piloty (SPD) glaubt fest an die redlichen Absichten des Investors: "Ich bin überzeugt, dass verträgliche Lösungen gefunden werden." Seines Wissens hat das Unternehmen bereits signalisiert, in Kooperation mit der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) Busse bereit zu stellen, die die Veranstaltungsbesucher dann nachts geräuschlos in die Innenstadt bringen. So könnte es einst dazu kommen, dass Scooter fast unbemerkt in Freimann gastiert.

© SZ vom 25.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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