Freimann:Alles für den Mann

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Das ehemalige Bahn-Ausbesserungswerk in Freimann wird Heimat von Oldtimern, eines Baumarkts und eines Hotels mit Rennsport-Flair

Von Stefan Mühleisen, Freimann

Der Investor zeigt jetzt Flagge. An Masten entlang der Lilienthalallee, gegenüber dem Messecenter MOC, flattern Fahnen mit der Aufschrift "Motorworld" im Wind, im Banner ein schwarz-weiß kariertes Fähnchen, die Zielflagge im Rennsport. Der Name "Motorworld" steht für Welt der Motoren - sie soll in der riesigen Halle entstehen, die hinter den Masten, dem Stacheldrahtzaun und einem Dickicht aus wucherndem Unkraut versteckt ist: dem seit mehr als 20 Jahren leer stehenden ehemaligen Bundesbahn-Ausbesserungswerk in Freimann. Bisher war nur in Konturen bekannt, wie der verstaubte, aber denkmalgeschützte Komplex aus seinem Dornröschenschlaf geweckt werden soll. Nun zeigt sich: Ein ungewöhnliches Investorenprojekt will die Zäune einreißen und mächtig Staub aufwirbeln.

Zum Jahreswechsel 2016/2017 soll der südliche Teil der größten freitragenden Halle Süddeutschlands zu einem blankpolierten Mobilitätszentrum ausgebaut sein, wie es am Freitag die Investoren deutlich machten. In den Nordteil der Halle zieht zudem ein Bauhaus-Baumarkt ein, in dem man angeblich im eigenen Auto direkt an den Regalen vorbeidüsen kann. "Das klingt wie ein perfekter Tag für Münchner Männer", sagte Bauhaus-Geschäftsführer Christian Simnacher.

Erstmals präsentierten sich die drei Projektpartner, die die brach liegende Halle wiederbeleben wollen: Die CA Immo Deutschland GmbH als Projektentwickler mit den beiden Hauptakteuren, der Bauhaus GmbH & Co. KG Bayern und der Freimann Besitz GmbH & Co. KG. Bauhaus und die Freimann Besitz haben Grundstück und Gebäude gekauft, sie teilen sich Nutzung, Sanierung und Umbau. Und sie wollen sich auch die Kunden teilen. Die Idee: "Motorworld" will unter einem Dach auf 35 000 Quadratmetern alles anbieten, was der Autoliebhaber begehrt. Besitzer von Oldtimern können hier ihre Gefährte gegen Gebühr in gesicherten Glasboxen einstellen, aus denen sie diese jederzeit abholen, wie in ihrer eigenen Garage. Werkstätten bieten Reparatur- und Restaurationshilfe, es gibt Sattler, Lackierer, Shops für Zubehör. Zudem werden Autohändler ihre Fahrzeuge präsentieren. Für Besucher ist der Eintritt kostenlos - sie können zudem in einem von 149 Vier-Sterne-Doppelzimmern eines integrierten "Amaron"-Hotels übernachten, in dem die Gäste in für Motorsportfreunde ausstaffierten Zimmern schlafen. Auch Konferenzbereiche soll es geben, dazu fünf Gastronomiebetriebe, etwa eine "Skybar" mit allein 2700 Quadratmetern Fläche. Eine Mischung aus Dauerausstellung, Schrauber-Garage, Verkaufsraum. "Es ist ein kühnes Projekt", schwärmt Andreas Dünkel, Geschäftsführer der Freimann Besitz GmbH & Co. KG über die "Motorworld"-Idee.

Das Konzept ist aber auch deshalb ambitioniert, weil gleich nebenan Bauhaus auf 23 500 Quadratmetern einen großen Baumarkt eröffnet. Die Oldtimer-Besitzer, so die Überlegung, brauchen so nur ein paar Meter gehen, um Werkzeug und Teile einzukaufen; umgekehrt können Heimwerker nach dem Einkauf noch durch "Motorworld" spazieren. "Wir sind froh, dass wir mit Motorworld zusammenarbeiten können", sagte Bauhaus-Emissär Simnacher. 120 000 Produkte soll nach seinen Worten das Sortiment umfassen. Er kündigte auch einen 4400 Quadratmeter großen "Drive-in-Bereich" an. Kunden können hier mit ihrem Auto in den Laden fahren, die Waren in ihr Auto laden und diese dann zur Kasse fahren.

"Es ist ein überzeugendes Gesamtkonzept", gab sich Ralf Schneider, Chef der Projektabteilung bei CA Immo, überzeugt und ließ erkennen, er sei ziemlich froh, dass die Weichen für die Erweckung der maroden Halle nun gestellt sind. Denn CA Immo wartet schon lange darauf. Die Bundesbahn hatte 1995 den Standort aufgegeben und ihn an eine Verwertungsgesellschaft übergeben, aus der die CA Immo hervorging - doch die fand keinen Investor. Das Problem: Die 1916 errichtete Halle 1 ist mit fast 37000 Quadratmetern Fläche ungewöhnlich groß und darf obendrein nicht abgerissen oder verändert werden, da sie unter Denkmalschutz steht.

Ob Schwimmbad, Volksmusik-Tempel, Freizeitpark oder Modezentrum - es gab viele Pläne, alle wurden verworfen. Vor fünf Jahren einigte sich die CA Immo dann mit Bauhaus und "Motorworld"-Machern. Überzeugend für die Eigentümer und letztlich auch die Stadt - der Bebauungsplan ist längst genehmigt - dürfte der Erfolg von "Motorworld" in Böblingen bei Stuttgart gewesen sein, ebenfalls unter Dünkels Ägide hochgezogen. Nach seinen Worten hat sein Unternehmen insgesamt 80 Millionen Euro in das Projekt gesteckt, das dort mit sehr großem Erfolg laufe. In Freimann, das dann zum zweiten "Motorworld"-Standort wird, will das Unternehmen 75 Millionen Euro investieren. Bauhaus will nur von einem "zweistelligen Millionenbetrag" sprechen.

© SZ vom 20.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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