Freimann:Ein Heiden-Wirrwarr

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Der neue Verordnungsentwurf für das Fröttmaninger Biotop liegt vor - und ist ein verschlungenes Regelwerk

Von Stefan Mühleisen, Freimann

Wer sich in diesen Tagen mit dem geplanten Naturschutzgebiet "Südliche Fröttmaninger Heide" beschäftigt, der mag an ein Aperçu von Aristide Briand denken, dem großen französischen Staatsmann: Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind. Man darf hinzufügen - wenn kaum einer mehr durchblickt. Seit einer Woche liegt nun der neue Verordnungsentwurf für das 350 Hektar große Gebiet vor; die Behörde hat das ohnehin komplizierte Konzept noch komplexer formuliert. Nach all den hitzigen Debatten wollen manche Politiker im Stadtbezirk den überarbeiteten Kompromiss nur noch mit resigniertem Sarkasmus kommentieren. "Wo kann man das Seminar buchen, um das zu verstehen", sagte Johannes Trischler (SPD) am Dienstag in der Sitzung des Bezirksausschusses Schwabing-Freimann.

Seit Jahren herrscht Unfrieden in der Frage, wie mit der ansonsten so friedlichen Heidelandschaft umzugehen sei. Anwohner der Freimanner Siedlungen pochen auf genügend Auslaufmöglichkeiten für sie - und vor allem: für ihre Hunde. Naturschützer sind überzeugt, dass die sensible Tier- und Pflanzenwelt vor Mensch - und vor allem: vor Hunden - geschützt werden muss. Das Ergebnis nach zwei Jahren Zoff in einem moderierten Bürgerdialog: Die Heide soll in Zonen eingeteilt werden, in denen unterschiedliche Vorschriften gelten. In manche dürfen das ganze Jahr über weder Herrchen noch Hund hinein, andere stehen Gassi-Gehern offen. Der Münchner Stadtrat wollte zuletzt dennoch mehr Freiraum für Hundehalter durchdrücken - was die Regierungsbehörde nur teilweise beherzigte. So wünschte sich die Rathauskoalition, dass am Rand der Wohnbebauung, nördlich eines Ost-West-Weges, ein 35 Meter breiter Streifen vom Admiralbogen bis zum Werner-Egk-Bogen als "Zone des freien Betretens" gelten soll.

Die Behörde weitete aber nur ein Segment auf Höhe der Siedlung am Carl-Orff-Bogen etwas aus. Zudem müssen Gassi-Geher auf den Wegen eine Zwei-Meter-Leine benutzen, Münchner Politiker wollten vier Meter Länge durchsetzen. Ausführlich regelt die Verordnung, wo Besitzer eines Hundeführerscheins ihre Lieblinge frei laufen lassen dürfen. An der Zonen-Regelung wurde allerdings nicht gerüttelt.

Das zumindest nimmt die örtliche Politik mit Genugtuung auf, ebenso wie die Tatsache, dass der Münchner Stadtrat weitgehend abblitzte. "Wesentliche Forderungen sind hinten runter gefallen", freute sich der Gremiumsvorsitzende Werner Lederer-Piloty (SPD). Die Stadtviertelpolitiker verteidigen seit Monaten mit Zähnen und Klauen die Ergebnisse des Bürgerdialogs. Eifrig dabei sind inzwischen indes nur noch jene, die bei dem verschlungenen Regelwerk noch durchblicken. Dazu zählen Lederer-Piloty, Bernhard Dufter oder auch Ekkehard Pascoe (beide Grüne). Letzterer formulierte einen Antrag, der einige Detail-Änderungen verlangt. Quer durch die Fraktionen ließen Gremiumsmitglieder deutlich ihre gereizte Einstellung zu dem Thema erkennen - und dass sie der Debatte überdrüssig sind. So fordert der Antrag etwa, einen neu hinzugefügten Querungsweg im Süd-West-Eck an der Siedlungsgrenze wieder herauszunehmen. "So ein Treppenwitz. Das ist doch wider die Lebenswirklichkeit", echauffierte sich Ludwig Spaenle, wie üblich zugegen nicht als Staatsminister sondern als Lokalpolitiker. Auch er neigt inzwischen bei dem Thema zum Sarkasmus. Die Forderung in dem Antrag, das Erkennungszeichen der Hunde solle am Halsband deutlich sichtbar sein, kommentiert er so: "Die Marken kann man doch bestimmt per GPS orten." Dennoch fanden die Forderungen des Antrags eine Mehrheit; dazu zählt etwa auch der Appell, dort, wo Zonen an Wegen aufeinanderstoßen, eindeutige Grenzziehungen für Vorschriften vorzunehmen.

Unterdessen meldet der Heideflächenverein, dass Unbekannte im Nordosten der Heide einen Bagger, der für naturschutzfachliche Aufwertung im Einsatz ist, beschädigt hätten. Die Motorhaube sei aufgebrochen, Kabel und Schläuche durchtrennt worden. Der Verein spricht von einer "gezielten Sabotage" und beziffert den Schaden auf 3000 Euro.

© SZ vom 28.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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