Freiluft-Konzerte:Klassik in der Kälte

Lesezeit: 1 min

Unterkühlt, aber optisch und akustisch eindrucksvoll: das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks am Samstag in der Feldherrnhalle. (Foto: Robert Haas)

Auf dem Odeonsplatz trotzen Musiker und Gäste der Witterung

Die Versuchung war bei vielen der 8000 Zuhörer gewiss groß: Jetzt einfach aufspringen, zur Musik von Schostakowitsch einen großartigen Walzer auf dem Odeonsplatz hinlegen und sich dabei die Kälte aus den Gliedern tanzen. Aber da das ein bisschen eng geworden wäre, blieben am Samstagabend doch alle brav sitzen und vertrauten darauf, was BR-Hörfunkdirektor Martin Wagner zur Begrüßung versprochen hatte: "Musik erwärmt die Herzen." Sie erlebten in der Tat eine sehr kühle, aber fulminante Sommernacht in "Münchens schönstem Open-Air-Konzertsaal" (Wagner), bei der Percussionist Martin Grubinger und das BR-Symphonieorchester unter Manfred Honeck die Herzenswärmer spielen mussten. Die hatten damit schon am Freitagabend Erfahrungen gemacht, als Generalprobe und Walzerklänge in Dauerregen und Gewitter fast unterzugehen drohten. Aber egal wie: "Klassik am Odeonsplatz" muss stattfinden, denn, so Münchens Kulturreferent Hans-Georg Küppers, ein Sommer ohne die Freiluft-Konzerte der BR-Symphoniker und der Münchner Philharmoniker sei zwar vorstellbar, aber nicht wünschenswert. Für beide Orchester bedeutet der Auftritt vor jeweils 8000 Menschen Höhepunkt und Abschluss der Konzertsaison, und für Münchens Stadtgesellschaft zudem eine der letzten Gelegenheiten, sich in diesem Sommer noch mal zu feiern. Am Samstag gleich zweimal: Hauptsponsor Mercedes und sein Niederlassungschef Ulrich Kowalewski luden den gutbürgerlichen Teil von Münchens Schickeria, also Wiesn-Wirte, Bauträger und die Stoibers dieser Stadt, zum Empfang in den Showroom direkt neben dem Open-Air-Saal. Beim Fest des Bayerischen Rundfunks am Wittelsbacherplatz tummelten sich Landtags- und Kirchenvertreter, zu später Stunde auch Dirigent Honeck und all diejenigen, die ein neues festgebautes Konzerthaus doch einem Freiluftsaal vorzögen. Bemerkenswert dabei, dass viele lieber Heißgetränke als einen kühlen Prosecco wählten. Und dass beim BR mit dem Gastronomen Lehrieder erstmals ein Nürnberger Caterer den Vorstoß ins Herz der Münchner Feiergesellschaft schaffte. Der Sonntagabend, der für die Münchner Philharmoniker unter ihrem Chef Valery Gergiev reserviert war, brachte deutlich höhere Temperaturen, dafür mit einem Brahms-Mussorgsky-Programm deutlich weniger Walzerseligkeit. Ach, München, selbst Du kannst nicht alles haben!

© SZ vom 17.07.2017 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: