Flüchtlingshilfe:Provokante Kampagne

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"Ich bin teamfähig", steht auf einem Plakat mit dem Konterfei von Zeray G. (Mitte). "Ich habe mit 85 Menschen in einem kleinen Schlauchboot überlebt." Qutayba N. (links) und Naser A. werben auf anderen Plakaten mit ähnlichen Aussagen. (Foto: Stephan Rumpf)

Das Start-up Social Bee wirbt mit markigen Sprüchen für seine Idee, Geflüchtete in Arbeit zu bringen

Von Melanie Staudinger

Die jungen Männer schauen selbstbewusst und freundlich in die Kamera. Sie sind schwarz gekleidet und haben die Arme vor sich verschränkt - eine Situation, wie sie in jedem Bewerbungsgespräch vorkommen kann. "Ich bin teamfähig", steht etwa auf dem Plakat von Zeray G. aus Eritrea. Und drunter in klein: "Ich habe mit 85 Menschen in einem kleinen Schlauchboot überlebt." "Ich bin belastbar", sagt Naser A. aus Afghanistan. Und weiter: "An der Grenze zur Türkei kamen wir nicht weiter. Wir hatten drei Tage nichts zu essen." Bangalie K. aus Sierra Leone beschreibt sich: "Ich bin zielorientiert. Auf der Flucht war ich drei Monate lang zu Fuß unterwegs." Und Qutayba N. aus Syrien: "Ich bin stressresistent. Auf der Flucht wurde ich verhaftet und mehrere Tage verhört."

Mit dieser Kampagne will das junge Münchner Unternehmen Social Bee auf ein eklatantes Problem hinweisen: Mehr als 500 000 Geflüchtete in Deutschland suchen Arbeit, viele davon vergeblich. Vor allem bürokratische Hürden und ein ungesicherter Aufenthaltsstatus halten derzeit Unternehmen davon ab, Flüchtlinge einzustellen. Social Bee will das mit vier Werbeplakaten und vier Videos ändern. Als Partner konnte das Start-up Ströer gewinnen, das Unternehmen, das unter anderem die Werbeflächen an Bahnsteigen und Bahnhöfen bespielt. Auf 2200 Plakaten und 4000 Screens in München, Hamburg, Köln, Stuttgart, Frankfurt am Main, und Düsseldorf erzählen die vier Geflüchteten nun bis zum 10. Februar ihre Geschichte.

"Wir verstehen, dass manche Menschen unsere Kampagne provokant finden", sagt Max Felsner, der mit Zarah Bruhn Social Bee gegründet hat. Doch genau dieses Ziel verfolgen die Unternehmer auch. Sie wollen nicht einfach nur Jobangebote für Flüchtlinge sammeln, sondern ein Umdenken bewirken. Denn Menschen mit Fluchterfahrung sind keine schwachen Kandidaten auf dem Arbeitsmarkt. "Das, was sie erlebt haben, kann sich in eine Stärke verwandeln", sagt Felsner. "Wir wollen starke Menschen zeigen, die viel durchgemacht haben und unsere Gesellschaft bereichern können, wenn sie die Chance dazu bekommen", sagt Bruhn. Leider könnten viele Firmen die Fähigkeiten nicht kennenlernen, weil sie die Geflüchteten erst gar nicht zu Vorstellungsgesprächen einluden.

Hier setzt die Idee von Social Bee an. Als zwischengeschalteter Arbeitgeber stellt das Start-up die Geflüchteten für maximal eineinhalb Jahre bei sich an, kümmert sich um alle Genehmigungen und beschäftigt sie bei Unternehmen wie Würth, Vollcorner oder Krones. Zudem gibt es ein Integrationsprogramm. Die Angestellten besuchen Deutschkurse, erhalten sozialpädagogische Hilfe und können Zusatzqualifikationen erwerben. "Unser Ziel ist es, dass die Geflüchteten eine Ausbildung beginnen können oder eine feste Arbeitsstelle erhalten", sagt Bruhn. Die bisherige Bilanz klingt positiv: 47 Menschen konnte Social Bee einstellen, elf von ihnen haben das Programm erfolgreich durchlaufen.

Neben Social Bee bemühen sich einige Initiativen um die Integration von Flüchtlingen auf dem Arbeitsmark, "Flüchtlinge in Beruf und Ausbildung" etwa, die Joblinge oder "Perspektiven für junge Flüchtlinge". "Zum Glück gibt es viele Initiativen, Privatleute und Firmen, die sich darum kümmern", sagt Bruhn. Auch Zeray G., Naser A., Bangalie K. und Qutayba N. wollen ihren Teil beitragen und anderen Geflüchteten Mut machen mit ihren Plakaten. Einen zumindest haben sie sofort überzeugt: Uli Hoeneß sicherte noch bei der Auftaktveranstaltung zu, einen Flüchtling beim FC Bayern einstellen zu wollen. Zwar nicht gleich als Fußballer, aber eine feste Stelle werde es sein.

© SZ vom 24.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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