Fernsehmoderator klagt gegen Zeitung:Juristischer Ringkampf im eigenen Lager

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Durch eine Schlagzeile "zum Tagelöhner ohne festen Job gemacht": Sportjournalist Wolfgang Nadvornik. (Foto: Bongarts/Getty Images)

"Haftbefehl für TV-Moderator Nadvornik" titelte fälschlicherweise eine Münchner Boulevardzeitung. Der Fernsehmoderator Wolfgang Nadvornik klagte gegen das Blatt - und jetzt auch gegen seinen eigenen Anwalt.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Wolfgang Nadvornik, einst populärer Moderator von "Blickpunkt Sport" beim Bayerischen Rundfunk, beweist Stehvermögen. Kaum neigt sich sein Schmerzensgeldprozess gegen eine Münchner Boulevardzeitung dem Ende zu, schon bereitet sich der Journalist auf einen weiteren juristischen Ringkampf vor - dann allerdings in der Schwergewichtsklasse: Es soll um Millionen Euro Verdienstausfall gehen.

Alles dreht sich um den Satz "Haftbefehl für TV-Moderator Nadvornik" im Frühjahr 2011 auf der Titelseite der Gazette. Diese unrichtige Schlagzeile habe ihn "seit zwei Jahren zum Tagelöhner ohne festen Job gemacht", beklagt der Journalist. Die Schuld daran gibt er vor allem dem Münchner Rechtsanwalt Lutz Libbertz. Gegen den soll schweres Geschütz aufgefahren werden - bestückt mit Munition, die Nadvornik im nun zu Ende gehenden Verfahren gegen die Zeitung gesammelt hat.

Die Kanzlei des schillernden Advokaten hatte den Gerichtsreporter der Boulevardzeitung damals über den angeblichen Haftbefehl informiert. Nadvornik war ohne Führerschein gefahren und mit Handy am Ohr den Ordnungshütern aufgefallen. Er wurde vor Gericht geladen, ließ sich allerdings zur Verhandlung wegen einer Fernsehmoderation nicht blicken. Angeblich habe der Richter damals den Erlass eines sogenannten Sicherungs-Haftbefehls erwogen - um den BR-Reporter beim nächsten Prozesstermin von der Polizei vorführen zu lassen - den Gedanken dann aber wieder verworfen.

In der Schmerzensgeldklage gegen die Zeitung musste nun auch Nadvorniks damaliger Verteidiger Libbertz als Zeuge aussagen: Ob er seinerzeit den Gerichtsreporter über diese Vorgänge informiert habe? Der Jurist will davon nichts gewusst haben: "Ich kümmere mich um irgendwelche Angelegenheiten mit der Presse in meiner Kanzlei überhaupt nicht", behauptete der Anwalt. Durch größere Strafverfahren habe er einen "gewissen Bekanntheitsgrad" und brauche die Öffentlichkeit gar nicht - "auch wenn es andere vielleicht anders sehen", fügte er noch hinzu.

Die Angestellte telefoniert öfters mit dem Gerichtsreporter

So blieb alles an seiner Angestellten hängen, die in der Verhandlung einräumte, dem Gerichtsreporter alles erzählt zu haben: "Mit dem telefoniere ich öfters, und zwar wenn eine neue Sache ansteht." Bei Herrn Nadvornik sei es jedoch eine Spontangeschichte gewesen, fügte sie hinzu. Da habe sie keine Anweisung dazu gehabt.

Für die Boulevardzeitung dürfte der Fall angesichts dieses Geständnisses relativ glimpflich ausgehen. Allerdings habe das Blatt mit der verkürzten Darstellung des Sachverhalts in der fetten Überschrift beim flüchtigen Leser am Verkaufskasten den Eindruck erweckt, Nadvornik sei sozusagen in Handschellen abgeführt worden, gab nun das Gericht zu verstehen. Der Vorsitzende der Pressekammer am Landgericht München I sprach von "Prangerwirkung" der Schlagzeile, zumal der daneben auf dem Foto gezeigte BR-Reporter nahezu jedermann bekannt sei.

Nadvornik hatte in diesem Presseverfahren rund 150 000 Euro an Schmerzensgeld gefordert. Dazu noch 70 000 Euro Vertragsstrafe, weil das Blatt den angeblich längst gesperrten Artikel von damals Interessierten auf Nachfrage noch zugänglich gemacht habe. Doch Nadvornik wird, wie das Gericht bereits in der mündlichen Verhandlung zu verstehen gab, erheblich weniger zugesprochen bekommen - die Kammer hatte früher bereits einen Betrag um 9000 Euro in den Raum gestellt. Das Urteil wird Anfang Mai verkündet.

Der durch die Medienrechtler Ernst Fricke und Michael Winter vertretene Sportjournalist wird mit der eingeklagten Summe aber auch kaum erstlich gerechnet haben. Vermutlich ist es ihm viel mehr darum gegangen, durch die hohe Klageforderung den Gerichtsreporter der Boulevardzeitung zum Sprechen zu bringen. Denn ein vorausgegangenes Strafverfahren gegen Anwalt Lutz Libbertz war nicht zuletzt im Sande verlaufen, weil dieser Journalist da noch von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht und geschwiegen hatte, um die Kanzlei nicht als Informanten zu verraten.

Als jetzt jedoch der eigene Zeitungsverlag finanziell so stark in die Schusslinie geraten ist, machte er doch Aussagen. Damit wurde auch die Libbertz-Kanzlei aktiv in den Prozess hineingezogen. Die Protokolle dieser Zeugenvernehmungen sollen bei der Millionen-Klage gegen Anwalt Lutz Libbertz, die laut Nadvornik nun vorbereitet wird, eine wichtige Rolle spielen.

© SZ vom 24.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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