Ex-Chef der Messe München:Mit 400 000 Euro in den Zwangsurlaub

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Messehallen in München-Riem (Foto: Karlheinz Egginger)

Ein ehemaliger Geschäftsführer der Münchner Messe belästigte zwei Mitarbeiterinnen und verlor deshalb seinen Posten. Trotzdem erhält er zwei Jahresgehälter. Die Gesellschafter schweigen zu den Vorgängen.

Von Katja Riedel, München

Nicht einmal drei Monate lang hat der Messegeschäftsführer B. im Jahr 2013 gearbeitet. Dann musste er seinen Schreibtisch räumen. Denn B. hatte zwei Mitarbeiterinnen sexuell belästigt, in einem Fall über Jahre hinweg. Wie aus dem soeben veröffentlichten Geschäftsbericht der Messe hervorgeht, hat der Manager trotzdem sein volles Jahresgehalt für 2013 bezogen: 206 800 Euro.

Die Personalie dürfte noch teurer werden. Denn B. hat noch bis Ende dieses Jahres Gehaltsansprüche. Die Verantwortung dafür schieben sich die Gesellschafter gegenseitig zu. An der Messe beteiligt sind Freistaat, Landeshauptstadt sowie die Münchner Kammern für Industrie-, Handel und Handwerk. Aus dem Wirtschaftsministerium heißt es dazu: Zwar sei B. im März 2013 als Mitglied der Geschäftsführung abberufen worden. "Dies hat jedoch keine Auswirkungen auf seinen Dienstvertrag, der noch bis Ende 2014 läuft. Die Gehaltszahlung ist die rechtliche Folge der Entscheidungen der Gesellschafter vom September 2012 und März 2013." Mit anderen Worten: B. könnte trotz seiner Verfehlungen insgesamt mehr als 400 000 Euro bekommen - fürs Nichtstun.

Fragwürdige Entscheidungen vom Vorgänger

Das Wirtschaftsministerium wird inzwischen von Ilse Aigner (CSU) geführt. Die Entscheidungen, auf die das Ministerium verweist, verantwortete indes noch ihr Vorgänger Martin Zeil (FDP). Aigner gehöre dem Aufsichtsrat der Messe erst seit Dezember 2013 an, teilte das Ministerium mit. Die anderen Gesellschafter wollten sich zum Fall des hochbezahlten Zwangsurlaubers überhaupt nicht äußern.

Von der Landeshauptstadt und aus dem Büro des Oberbürgermeisters und früheren Wirtschaftsreferenten Dieter Reiter (SPD) war bis Sonntag keine Stellungnahme zu bekommen. Die Industrie- und Handelskammer begründete ihr Schweigen damit, man gebe zu Personalien grundsätzlich keine Auskunft, während die Handwerkskammer auf den Hauptgesellschafter verwies - also auf das Wirtschaftsministerium. Auch die Messegesellschaft, in der die Causa B. schon Kopfschütteln ausgelöst hat, wollte die Angelegenheit nicht kommentieren.

Höhe der Abfindung bleibt ein Geheimnis

Der Fall des ehemaligen Messemanagers erscheint auch deshalb so anrüchig, weil der Mann bereits 2005 zum ersten Mal wegen unangemessenen Verhaltens gegenüber einer Mitarbeiterin aufgefallen war. Doch der Vorfall blieb folgenlos, obwohl er dem damaligen Messegeschäftsführer bekannt war. Im Sommer 2012 vertraute sich dann eine Assistentin einem Ombudsmann an und berichtete ihm von verbalen und körperlichen Übergriffen, die sich über mehrere Jahre hinweg abgespielt haben sollen. Sie gab an, dass er sie auf den Schoß gezogen und betatscht habe, dazu seien immer wieder anzügliche Bemerkungen gekommen.

Im September 2012 beschäftigte sich die Gesellschafterversammlung mit den Vorwürfen. Während der damalige Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) sich in dem Kreis dafür aussprach, sich von dem Mitglied der Geschäftsführung sofort zu trennen, entschied sich die Mehrheit - offenbar auf Drängen von Wirtschaftsminister Zeil - zunächst gegen diesen Schritt. Man beschloss lediglich, den Ende 2014 auslaufenden Vertrag nicht mehr zu verlängern und den Manager abzumahnen. Ein Arbeitsrechtler sah eine 50-zu-50-Chance, eine Kündigung auch vor Gericht durchsetzen zu können. Er riet nicht ab, warnte aber vor einem Prozessrisiko.

Der Fall wurde öffentlich, der Druck stieg

Nachdem der Fall im März vergangenen Jahres aber an die Öffentlichkeit gelangte, stieg der politische Druck. Sowohl Landtag als auch Stadtrat beschäftigten sich mit der Causa. Für Diskussionsstoff sorgten politische Verflechtungen des Managers, der früher einmal für das Wirtschaftsministerium gearbeitet hatte. Neben Zeil hatte sich auch Franz Pschierer (CSU) gegen eine fristlose Kündigung B.s und für eine Abmahnung ausgesprochen. Damals war Pschierer noch Staatssekretär im Finanzministerium, inzwischen ist er ins Wirtschaftsministerium gewechselt.

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Am 21. März 2013 trennte sich die Gesellschafterversammlung dann doch von B. - einvernehmlich, wie es hieß. Gekündigt wurde ihm jedoch nie. Denn eine fristlose Kündigung wegen der sexuellen Belästigung seiner Assistentin war juristisch nicht mehr möglich. B. hatte mit dieser Begründung und auch wegen Mobbings bereits insgesamt fünf Abmahnungen kassiert, gegen die er später eine Klage ankündigte. Als Kündigungsgrund war die sexuelle Belästigung somit rechtlich verbraucht.

Schon im März 2013 deuteten die Gesellschafter in einer Erklärung an, dass B. möglicherweise noch auf ein Jahresgehalt Anspruch haben könnte. Nach B.s Ausscheiden wurde im Hintergrund um eine Abfindung gestritten, es ging aufgrund der über Jahre hohen Bezüge um bis zu 800 000 Euro. Der damalige Oberbürgermeister Christian Ude sagte, die Dreistigkeit habe ihm die Sprache verschlagen. Was aus der Abfindung geworden ist, auch dazu schweigen die Gesellschafter.

© SZ vom 07.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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