Erneuerbare Energien:Und sie bohren wieder

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"Dieser Bohrer ist speziell für Bohrungen in Stadtnähe geeignet, denn die Anlage bietet einen speziellen Schallschutz", sagt Uwe Schindler. (Foto: Catherina Hess)

Die Stadtwerke starten in Freiham ihr drittes Geothermie-Projekt: Aus 2300 Metern Tiefe will das Unternehmen Thermalwasser zur Wärmegewinnung nutzen. Aber es gibt ein Restrisiko

Von Elisa Harlan

Der schwere Bohrer pendelt leicht im Wind. Zwei Ingenieure fädeln den Bohrmeißel in das erste Standrohr ein, das die ersten Meter der Bohrung stabilisieren wird. Das ist der Start eines neuen Projekts der Münchner Stadtwerke in Freiham: Hier im Münchner Westen soll eine Geothermieanlage entstehen. Das Vorhaben ist ambitioniert. Allein der weiße Turm ist 52 Meter hoch. Bis zu 20 Meter pro Stunde gräbt sich der Bohrer nun in die Erde. Je nach Festigkeit des Gesteins, kann das auch länger dauern. Bis zu einer Tiefe von ungefähr 2300 Metern muss er hinunter, dort soll das benötigte Heißwasservorkommen liegen. In vier Bohretappen wird sich der mit Industriediamant verhärtete Bohrmeißel wie eine ausziehbare Antenne in die Erde schrauben. Bohrflüssigkeit befördert den Staub nach oben.

Stephan Schwarz von den Stadtwerken und Uwe Schindler von der Baufirma Anger's Söhne Bohr- und Brunnenbaugesellschaft rücken ihre Helme zurecht und legen ihre Hände auf den Bohrmeißel. Sie sehen zufrieden aus, weil es endlich losgehen kann. Dennoch ist noch nicht ganz sicher, ob das Vorhaben gelingt. Schwarz hofft, dass das Thermalwasser in gut 2000 Metern Tiefe mindestens 80 Grad warm ist. Eine Garantie gibt es jedoch nicht. Jede Bohrung ist mit einem kleinen Restrisiko behaftet. Wenn alles gelingt, soll es schon von 2016 an möglich sein, die benachbarten Stadtteile umweltfreundlich zu beheizen.

"Dieser Bohrer ist speziell für Bohrungen in Stadtnähe geeignet, denn die Anlage bietet einen speziellen Schallschutz", sagt Schindler. Insgesamt werden die Bohrarbeiten drei Monate dauern, dann zieht die Bohranlage wieder um. Dass der Bohrturm pünktlich wieder den Platz räumt ist auch im Interesse der Stadtwerke, sagt Schwarz, denn "jeder Tag kostet". Über die Gesamtkosten des Projekts will er keine Auskunft geben. Der Preis sei schwierig zu berechnen, sagt er nur.

Es ist bereits das dritte tiefengeothermische Projekt der Stadtwerke. Nach den Anlagen in Riem und in Sauerlach soll in Freiham nun auch die Tiefenwärme direkt genutzt werden. Nicht nur die Strom-, sondern auch die Wärmegewinnung ist enorm wichtig, denn in deutschen Haushalten wird rund 90 Prozent der eingesetzten Energie für Heizung und Warmwasserzubereitung verwendet. Damit wären die Münchner Stadtwerke ihrer "Vision 2040" ein Stück nähergekommen. Denn bis zum Jahr 2040 soll München die erste deutsche Großstadt werden, in der Fernwärme zu 100 Prozent aus regenerativen Energien gewonnen wird. Die Münchner Stadtwerke sind der Meinung, dass das nur mit Geothermie funktionieren kann - Biomasse und Solarenergie seien nicht ausreichend, erklärt Schwarz.

Geothermie funktioniert nur in einem geschlossenen Kreislauf. Dazu muss man zwei Bohrungen machen, durch ein Rohr wird das heiße Thermalwasser nach oben befördert und auf einen Wärmeübertrager geleitet. Das abgekühlte Wasser wird in einem zweiten Rohr dann wieder zurückgeführt. Die Wärme des Wassers kann umso besser genutzt werden, je mehr es abgekühlt wird. In Freiham kommt deshalb ein Niedrigtemperaturnetz zum Einsatz.

Freiham wird nicht das letzte Projekt sein. Schwarz zufolge sind auch im Münchner Süden seismische Untersuchungen geplant. Dort soll eine Art 3D-Karte des Untergrunds und der verschiedenen Gesteinsschichten entstehen. "Nur das Straßennetz wird die Untersuchung etwas komplizierter machen", sagt Schwarz.

© SZ vom 30.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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