Video:15 Autos pro Minute

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Bürgergruppe 2080 wirbt mit Film für Verkehrsentlastung im Ort

Von Korbinian Eisenberger, Forstinning

Im Vordergrund spricht ein Mann, und wäre nicht ein Mikrofon auf ihn gerichtet, man würde ihn wohl kaum verstehen. Das liegt daran, dass im Hintergrund Autos vorbeirauschen. Der Video-Dreh findet nicht ganz zufällig zur Hauptverkehrszeit am Straßenrand statt, an einem normalen Wochentag, an dem sich um 7.30 Uhr wie sonst auch eine Blechlawine durch Forstinning schiebt. Während des Interviews läuft ein Zähler mit, nach vier Minuten wird gestoppt: 54 Autos stehen da zu Buche, und fünf Lkw. 15 Fahrzeuge pro Minute, ein Auto alle vier Sekunden.

Es ist ein Werbefilm mit einem klaren Ziel, den die "Bürgergruppe 2080" seit kurzem auf ihrer Webseite zeigt. "Man kann in der Nacht nicht mehr die Fenster aufmachen und schlafen, weil die Lkw von vier Uhr früh bis 22 Uhr fahren", sagt Carl Teine, er ist der Mann am Mikro und Sprecher einer Gruppe von Forstinningern, die sich für eine Umgehungsstraße stark machen, die zwar vom Gemeinderat beschlossen wurde, aber im Ort umstritten ist. Ob und wann die Umfahrung kommt, ist ungewiss.

Es ist wie so oft wenn es um neue Straßen geht: Den einen kann die Umgehung nicht schnell genug kommen, die anderen befürchten, dass sich der Verkehr dadurch zu ihnen verlagert. Teine argumentiert im Video damit, dass die direkten Anlieger zwischen fünf und zehn Metern von der Fahrbahn weg wohnen, und die Umgehung am engsten Punkt immerhin 80 Meter vom Gartenzaun entfernt ist. Die Standpunkte der Umfahrungsgegner werden erwartungsgemäß nicht weiter ausgeführt, es ist ein Werbefilm, den die Befürworter bei einer Agentur aus Grasbrunn (Landkreis München) in Auftrag gegeben hat.

Im Video kommen langjährige Anwohner der Hauptstraße zu Wort, und so entsteht ein Bild von der Historie der Staatsstraße 2080, um sie geht es. Erich Brandl wohnt dort seit 1975 direkt am Straßenrand, vor der Kamera erinnert er sich an die Zeit, als es in Ebersberg noch kein Gewerbegebiet gab, und keine Autobahn, die an Forstinning vorbei führte. "Da ist von da drüben keiner rüber gefahren dass er nach München kommt", sagt er, damals konnte er noch auf der Terrasse sitzen.. Einer seiner Nachbarn ist Siegfried Streb, er wohnt ebenfalls direkt am Gehweg, er berichtet davon, dass am Montagfrüh um zwei Uhr bereits Lkw zu hören sind. "Im Sommer ein gekipptes Fenster im Schlafzimmer geht nicht", sagt er.

Der 16-minütige Film kommt emotional daher, nicht nur weil er teils mit Musik unterlegt ist, auch weil Menschen zu Wort kommen, denen der zunehmende Verkehr im Ort offensichtlich zu schaffen macht. Und es wird mit Fakten argumentiert, damit, dass die Waldfläche, die der Umgehung weichen muss, einen halben Hektar kleiner wäre als die Ersatz-Aufforstung. Nicht erwähnt wird, dass es mehr als ein halbes Jahrhundert dauert, bis ein aufgeforsteter Baum den vorherigen ökologischen Wert erreicht. Solche Details werden wiederum bei Veranstaltungen der Umfahrungsgegner hervorgehoben.

Neue Erkenntnisse liefert der Film kaum, auch weil die Messung nicht eingeordnet wird. Überraschend ist lediglich der Abspann. Dort heißt es: "Weitere Aktionen, wie eine Blockade der St. 2080 oder eine Demo zur Hauptverkehrszeit sind nicht geplant, könnten aber der Forderung einer Umgehung sehr starken Nachdruck verleihen".

© SZ vom 06.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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