Energieversorger im Umland:Die Spannung steigt

Energieversorger im Umland: Die SWM werben auch im Münchner Umland um Kunden.

Die SWM werben auch im Münchner Umland um Kunden.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Die Stadtwerke München machen im Umland massiv Werbung für ihre niedrigen Strompreise, sehr zum Ärger von kommunalen Anbietern in der Region. Die machen der SWM Vorwürfe - und sehen sich in ihrer Existenz bedroht.

Von Sophia Rossmann und Ralf Scharnitzky

Zwischen der Landeshauptstadt und dem Umland steigt die Spannung. Die Stadtwerke München (SWM) werben derzeit massiv um Neukunden auf dem Strommarkt. Aber nicht im eigenen Gebiet, sondern massiv in der Region per Zeitungsanzeigen und Postwurfsendungen. Der fünftgrößte Energiekonzern Deutschlands macht damit Stadtwerken in den Kreisstädten Konkurrenz. Von "wenig sinnvoll" bis "aggressiv" reicht dort die Beurteilung der Werbekampagne. Es sei eine Verwilderung der Sitten, wenn sich Kommunen jetzt gegenseitig auf dem sowieso hart umkämpften Strommarkt Kunden abspenstig machten. So sagt Erdings Stadtwerke-Chef Walter Huber: "München zerschlägt kommunales Porzellan."

Es ist ein mächtiger Konkurrent, der da verstärkt in den Markt rund um die Landeshauptstadt drängt. Die SWM werben mit Preisen, bei denen Stadtwerke wie in Dachau, Erding und Weilheim sowie Gemeindewerke wie in Haar (Kreis München) - Winzlinge im Vergleich zu München - nicht mithalten können. Für Dachaus kaufmännischen Werkleiter Robert Haimerl ist klar: "Das sind Dumpingpreise." Auch Walter Huber glaubt nicht, dass die Preise kostendeckend sein können. "Kunden abspenstig machen - das sind wir von Privatanbietern gewohnt. Aber von Kommunen zu Kommunen ist das nicht gut", findet er. Für ihn kommen Billigpreise oft nur durch die Wechselprämie und das schlechte Serviceangebot per Internet zustande: "Unsere Kunden werden noch vor Ort betreut", so Huber. Dass München "derart aggressiv im Umland wirbt", wundert Robert Haimerl. So wie Dachau den Fokus auf seinen Landkreis lege, habe der Name "Stadtwerke München" früher mal bedeutet, dass der Fokus auf München liege.

Keine Solidarität mit den Kleinen

Walter Dürr hat selbst mal für die Münchner gearbeitet. Deshalb ist der Leiter der Gemeindewerke Haar besonders enttäuscht über das aggressive Werben. Für ihn war die SWM einmal das Sprachrohr der Kommunalwirtschaft. Jetzt vermisse er die Solidarität.

Diese Zeiten sind seit der Liberalisierung des Strommarktes durch die EU vorbei. Viele junge Unternehmen, die mit Strom handeln, drängen auf den Markt. Die kommunalen Unternehmen müssen sich daher nicht mehr nur gegen große Energiekonzerne behaupten, sondern auch gegen immer mehr kleine Billiganbieter. Vergleichsportale im Internet schaffen dabei Transparenz im Preisdschungel.

Dass Münchens Stadtwerke kein Geld zu verschenken haben, das hat SWM-Chef Florian Bieberbach schon 100 Tage nach seinem Amtsantritt im vergangenen Jahr gesagt. Bis 2025 wollen die Stadtwerke, die bei den Banken mit 2,35 Milliarden Euro in der Kreide stehen, neun Milliarden Euro in die Energiewende stecken. Da ist es schlecht, dass durch das Überangebot an Strom die Gewinnmargen sinken. Im aktuellen Geschäftsbericht von 2013 heißt es bereits: "Unser Weg ist es, neue, dauerhafte Ertragspotenziale zu erschließen."

"Die Münchner graben den Kundenstamm ab"

Dabei bietet nicht nur die immer größer werdende Metropolregion München attraktive Perspektiven. Die Großstädter gehen sogar noch weiter aufs Land: Auch in Weilheim und Murnau werden Kunden geworben. Für die Weilheimer Stadtwerke besonders ärgerlich: Sie bieten erst seit Anfang des Jahres selbst Strom an. Werkleiter Peter Müller sagt: "Die Münchner graben den gleichen Kundenstamm ab wie wir" - nämlich bei den Konzernen ESB und Bayernwerk. Die Pfaffenwinkler haben sich deshalb in München beschwert - ohne Resonanz.

"Auch die SWM stehen in einem harten Wettbewerb auf dem Energiemarkt", heißt es in einer Stellungnahme der Münchner Stadtwerke. In einem liberalisierten Markt, in dem private wie kommunale Anbieter bundesweit um Kunden werben, sei es widersinnig, einem Wettbewerber zu unterstellen, er würde "kommunales Porzellan zerschlagen". Dies würde gerade für die SWM nicht gelten: Man arbeite seit vielen Jahrzehnten mit kommunalen Unternehmen zusammen. "Ein enger Zusammenhalt schließt aber in einem liberalisierten Markt Wettbewerb nicht aus." Davon profitiere letztlich der Kunde.

Der bayerische Städtetag möchte zu dem Vorgehen der Münchner nichts sagen. "Schwieriges Terrain", heißt es nur. Schließlich ist die Stadt München gewichtiges Mitglied im Städtetag.

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