Zorneding/Ebersberg:Freilandeier im Snack-Automaten

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Monika Glonner aus Zorneding und Anna Schechner aus Siegersdorf haben in einem sechsmonatigen Kurs gelernt, wie sie ihre Waren besser direkt vermarkten können. Es hat sich gelohnt, sind sie sich einig

Von Victor Sattler, Zorneding/Ebersberg

Wenn Monika Glonner die frisch gelegten Eier sortiert, hilft auch der kleine Sohn Martin manchmal mit. (Foto: Christian Endt)

Monika Glonner ist gewissermaßen ein Küken in ihrer Branche. Erst seit zwei Wochen verkauft sie auf dem Glonnerhof in Zorneding Eier aus Freilandhaltung. Glonners Familienbetrieb hält 500 Hühner in einem mobilen Gehege, das sich immer dorthin verschieben lässt, wo gerade das Gras am frischesten ist. Eine weitere Neuanschaffung sind ihre zwei Eier-Automaten in Vaterstetten und Wolfesing. Wie man es eher vom Bahnhof mit Schokoriegeln und Softdrinks kennt, kann der Kunde an diesen Maschinen die gewünschte Nummer eingeben und sich gekühlte Freilandeier herauslassen. Das funktioniert 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. "Die kommen unten auch heil raus", verspricht Glonner mit einem Augenzwinkern.

"Was der Bauer nicht kennt...", heißt es böse im Volksmund. Aber dieses Sprichwort haben Monika Glonner, Anna Schechner vom Steindlhof in Siegersdorf und 21 weitere Landwirtinnen und Landwirte aus ganz Bayern erfolgreich widerlegt. Sechs Monate lang haben sie sich in einem Seminar zur Betriebszweigentwicklung weitergebildet. Am Montag überreichte ihnen Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) bei einer kleinen Feier im Landwirtschaftsministerium persönlich die Urkunde dafür. Schon in den zwei Vorjahren hatte das Ministerium dieses bundesweit einmalige Seminar angeboten, als eines von vier Fächern zur Diversifizierung und Sicherung bäuerlicher Unternehmen.

"Wir müssen unser Licht nicht unter den Scheffel stellen", sagt die Bäuerin stolz

"Die Kunden sind heutzutage sehr anspruchsvoll", sagt Sabine Biberger vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Ingolstadt. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, konnten die Teilnehmer für 300 Euro an zwölf Seminartagen und wechselnden Lehrgangsorten entweder ihr bisheriges Wissen über Direktvermarktung vertiefen - oder es von der Pike auf lernen. "Etwa die Hälfte der Teilnehmer sind Start-ups, die davor praktisch aus der Haustür raus verkauft hatten", so Biberger.

Der Steindlhof von Anna Schechner ist schon jetzt bekannt für sein Fleisch vom Angusrind - der Vertrieb soll aber noch ausgebaut werden. (Foto: Christian Endt)

Eine der Neueinsteigerinnen ist Monika Glonner. Für sie habe sich das Seminar gelohnt, um ihren Hofladen weiter zu etablieren und mit gezielter Werbung ins Bewusstsein zu rücken. "Wir müssen unser Licht nicht unter den Scheffel stellen", sagt Glonner stolz über ihre Produkte, "die Discounter haben zwar Eier zum halben Preis. Aber unsere sind dafür kontrollierte Qualitätsprodukte. Wir reden hier gern darüber, wo das Ei herkommt, wir beantworten Fragen und zeigen ganz offen: Hier laufen sie auf der Weide, hier legen sie die Eier."

Manche Kunden kommen sogar aus München, um das Fleisch der Angusrinder zu kaufen

Anna Schechner vom Steindlhof in Siegersdorf hatte am Seminar teilgenommen, um die Eröffnung ihres zweiten Hofladens vorzubereiten. Die Spezialität ist das Angus-Fleisch mit seiner besonderen Fettmarmorierung und Kurzfaserigkeit. Bisher hatten die Schechners aus einem kleinen Vermarktungsraum heraus verkauft. Der neue Hofladen inklusive Zerlegeraum, der sich noch in der Bauphase befindet und im September dieses Jahres seine Türen öffnet, solle nun die Nachfrage steigern und genügend Platz bieten, um Produkte der Nachbars-Bauernhöfe ins Sortiment aufzunehmen.

Das Interesse ist vorhanden: "Unsere Kunden kommen sogar aus München her, weil sie die regionale Weidehaltung zu schätzen gelernt haben", sagt Schechner. Für den Verkauf von Fleisch gibt es vom Gesetzgeber äußerst strenge Qualitätsauflagen, denen die Schechners nachkommen müssen. "Aber wenn man will, geht es ja doch." So ein beherztes Anpacken der Dinge brauchte es auch bei der Auseinandersetzung mit dem Steuerrecht. "Was darf man eigentlich? Und ab wann ist es rentabel, selbst zu verkaufen? Bei solchen rechtlichen Fragen war das Seminar eine große Hilfe", so Schechner.

Weitere Kernkompetenzen und "Hausaufgaben" der Seminars-Module umfassen die Warenpräsentation und Ladengestaltung, Werbung und Marketing, aber auch die richtige Persönlichkeit, die es für den Aufbau einer Eigenmarke braucht. Gepaukt wurde nicht am Schülerpult, sondern direkt zu Gast bei Landwirten in ganz Bayern, die ihr Wissen aus erster Hand weitergaben.

Es gab viel zu lernen - aber auch lustige Momente

In Gruppenarbeiten wurden die Köpfe zusammengesteckt und Lösungen erarbeitet. Der Austausch in einem Netzwerk Gleichgesinnter, in dem man sich gegenseitig bestärken kann, sei mit das Wichtigste. "Wir kommen ja aus den unterschiedlichsten Feldern der Landwirtschaft, aber wir haben alle ganz ähnliche Fragen und Herausforderungen", erklärt Glonner. Insgesamt habe man im Seminar deutlich die Wertschätzung landwirtschaftlicher Produkte spüren dürfen.

Dass das bei den 23 lernfreudigen Direktvermarktern gut angekommen ist, erzählten sie bei der Verleihung auch in einem kleinen Rückblick ihrer wertvollsten und lustigsten Momente, so Biberger. Als durchaus witzig bleibt etwa der Tag in Erinnerung, der ganz im Zeichen der professionellen Hausreinigung stand. Die eingeladene Referentin hatte Staub aufgewirbelt, als sie über die korrekte Praktik beim Saubermachen sprach. Denn bei den 19 Frauen unter den 23 Teilnehmern seien schnell Einsprüche gekommen und tief greifende Uneinigkeiten entstanden, berichtet Biberger. "Die wenigsten haben ja eine Hauswirtschaftslehre besucht, aber Hygiene ist bei Lebensmitteln natürlich sehr wichtig, an der Schwelle zur Professionalität." Das durfte man sich in der Runde auch geradeheraus sagen. Glonner und Schechner schätzten die Ehrlichkeit in diesen Fragen. Und so etwas spricht sich herum: Monika Glonner hatte das Seminar als guten Tipp von einer Berufskollegin empfohlen bekommen.

Anmeldungen für den Herbst 2017 sind bereits beim AELF eingegangen. Dieses Jahr war sogar eine Teilnehmerin aus Brandenburg dabei, so Biberger. "Eigentlich richtet es sich aber in erster Linie an unsere bayerischen Landwirte. Wenn dann noch ein Platz frei ist, drücken wir ein Auge zu."

© SZ vom 21.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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