Wirtschaft:Unternehmer werben um die Anzinger

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Bei einer Informationsveranstaltung zum umstrittenen neuen Gewerbegebiet stellen Lidl und örtliche Geschäftsleute ihre Ideen vor - und ernten viel Zustimmung

Von Barbara Mooser, Anzing

Die Gegner des neuen Anzinger Gewerbegebiets haben an diesem Abend keinen leichten Stand. Sogar die Tatsache, dass sie einen Infostand vor dem Edeka betrieben haben, wird ihnen angekreidet. Doch da greift CSU-Urgestein Peter Moossmann ein: Beim Edeka habe nun mal jeder seine Infostände, jede Partei und jede Organisation in Anzing, das könne man nun wirklich nicht negativ in die Waagschale werfen, stellt er klar. Ansonsten aber gibt es wenig Rückenwind für die Vertreter des Agenda-Arbeitskreises Ortsgestaltung und der Anzinger Grünen, die ihre Argumente vorbringen: Bei der Veranstaltung im Anzinger Forsthof am Freitagabend haben diejenigen, die das neue Gewerbegebiet neben dem Friedhof und auch die dazugehörigen Verkehrsplanungen befürworten, klar die Mehrheit.

Eingeladen hatten die Vertreter des Discounters Lidl in Kooperation mit drei Anzinger Betrieben, deren Zukunftsplanung eng mit der von Lidl verzahnt ist. Denn Lidl möchte seinen Markt etwas größer und großzügiger bauen und dafür auf das Grundstück auf der anderen Straßenseite, direkt neben dem Friedhof, umziehen. Die Unternehmer ihrerseits würden das derzeitige Lidl-Areal übernehmen und dort ihre Firmensitze aufbauen. Max Haberthaler, einer der Inhaber des gleichnamigen Heizungs- und Sanitärbetriebs, schilderte die Schwierigkeiten, die das Unternehmen, in dem 40 Mitarbeiter beschäftigt sind, derzeit mit seinen verschiedenen Lagerstandorten hat. Diese Standorte wolle man zusammenfassen, dafür würde die Firma nicht nur das bestehende Lidl-Gebäude nutzen, sondern auch einige Anbauten realisieren: "Wir würden uns freuen, wenn wir dableiben dürften", sagte Haberthaler.

Auch Robert Steidl, der einen Elektrohandwerksbetrieb führt, würde von einem Umzug in einen Neubau am Ortsrand profitieren, wie er deutlich machte. Sebastian Birlbauer schmiedet Pläne für eine Zahnarztpraxis mit Labor direkt daneben. Davon hätten auch die Anzinger etwas, sagte er, die Versorgung könne schneller und kostengünstiger erfolgen, außerdem würden qualifizierte Arbeitsplätze auch für Teilzeitkräfte geschaffen. Vor allem aber ging es um die Pläne von Lidl, die im Ort auch viel Kritik hervorgerufen haben - was dazu führt, dass die Anzinger nun am 24. September in einem Bürgerentscheid über das Thema abstimmen sollen.

Sebastian Theiling, Geschäftsführer von Lidl Anzing, Immobilienleiter Michael Hoffmann und Projektleiter Benjamin Stanka, stellten die Vorzüge des Umzugs auf die andere Straßenseite in den Vordergrund: "Wir wollen nicht einfach umziehen, wir wollen etwas Neues schaffen", sagte Theiling. Das neue Gebäude, das rundum eingegrünt werde, diene gewissermaßen als Lärmschutzwand für den Friedhof; der neue Markt biete nicht nur 200 Quadratmeter mehr Verkaufsfläche und mehr Parkplätze, sondern auch angenehmere Sozialräume für die Mitarbeiter. Zudem könne durch die Nutzung der Abluft der Kühlanlagen vollkommen auf fossile Energien verzichtet werden.

Möglicherweise, sagte Theiling, gäbe es tatsächlich besserer Standorte, wie es die Gegner des Gewerbegebiets neben dem Friedhof immer wieder betonen. Aber andere Grundstücke seien nun einmal nicht verfügbar, Diskussionen darüber daher nichts anderes als Planspiele. Dennoch zollte Theiling auch den Kritikern des neuen Gewerbegebiets Respekt: Es spreche sehr für einen Ort, wenn sich Menschen so intensiv Gedanken über dessen Entwicklung machten und so viele Vorschläge einbrächten, sagte er. Darauf könne Anzing durchaus stolz sein.

Auch vom Lob an ihre Adresse ließen sich die Vertreter des Arbeitskreises freilich nicht beirren, sie blieben bei ihrer Kritik: Der Blick auf die Sempt-Aue werde total verbaut, der neue Lidl am Ortseingang "schmückt Anzing sicher nicht", sagte Roswitha Hacke. Sie unterstrich, dass Lidl auch am vorhandenen Standort erweitern könne, die anderen drei Betriebe müssten dann eben Geduld beweisen - "wenn man der Natur Priorität gibt und nicht dem Kommerz". Zudem sei zu befürchten, dass sich die Bebauung auch jenseits des Lidl-Marktes weiter ausbreite.

Doch es gab auch deutlichen Widerspruch aus den Reihen der etwa 150 Zuhörer. Man wolle und brauche die Gewerbetreibenden weiter am Ort, betonten viele. Andere erhoffen sich von dem ebenfalls vom Arbeitskreis stark kritisierten neuen Kreisverkehr am Ortsrand - für den Lidl zwei Drittel der Kosten übernehmen wird - einen besseren Verkehrsfluss und auch ein Abbremsen der Autofahrer, die rasant von der Autobahn her nach Anzing fahren. Einigkeit gab es am Ende nicht - das hatte aber wohl auch niemand erwartet.

© SZ vom 11.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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