Geplante Traglufthalle in Pliening:Gemischte Gefühle

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Der Infoabend über die geplante Traglufthalle für 300 Flüchtlinge stößt auf großes Interesse. Manche Anwesenden signalisieren Hilfsbereitschaft, andere sehen den neuen Nachbarn mit großer Sorge entgegen.

Von Alexandra Leuthner, Pliening

Bürgermeister Roland Frick und Landrat Robert Niedergesäß (beide CSU) haben sich am Montag viel Zeit genommen, um die Plieninger über die geplante Asylbewerberunterkunft im Ort zu informieren. Der Gemeinderat hat nämlich einstimmig beschlossen, eine Fläche hinter Bürgerhaus und Grundschule für eine Traglufthalle zur Verfügung zu stellen, in der bis zu 300 Asylsuchende unterkommen können.

Die Fläche ist vom Landratsamt für geeignet befunden worden, Gespräche mit einem Hallenbetreiber laufen. Noch in dieser Woche wird womöglich mit den Arbeiten auf dem Feld neben den Sportplätzen begonnen. Mitte Januar könnten die ersten Flüchtlinge einziehen.

"Wir können die Menschen nicht vor der Tür stehen lassen"

Dass die Unterbringung von Flüchtlingen im Landkreis keine Sache des guten Willens, sondern staatliche Pflichtaufgabe ist, stellten Frick und Niedergesäß, der mit mehreren Mitarbeitern aus dem Landratsamt nach Pliening gekommen war, in den Mittelpunkt ihrer Erklärungen. Das sei eine Situation, "die sich keiner gewünscht" und auch "keiner bestellt habe", die aber auch aus sozialer Verantwortung gelöst werden müsse, "und in der sich unser humanitäres Engagement spiegelt", sagte Niedergesäß.

Etwa 450 Besucher drängen sich bei der Infoveranstaltung am Montagabend im Plieninger Bürgersaal. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Frick, den ebenso wie den Landrat vor der Veranstaltung Schreiben mit Fragen und Befürchtungen erreicht hatten, erklärte: "Ich habe Verständnis für Ängste, aber wir können die Menschen, die Zuflucht suchen, nicht vor der Tür stehen und verhungern lassen. Wir haben aber auch viel auszubaden, was die große Politik zu verantworten hat."

Noch sind es 51, vom Dezember an 71 Flüchtlinge, die der Landkreis pro Woche aufnehmen muss, erklärte die Leiterin des Kreis-Sozialamts Marion Wolinski. "Die kommen, ob wir das wollen oder nicht." Während die zahlenmäßige Verteilung auf Bundesländer, Regierungsbezirke und Landkreise festgelegt ist und nach dem "Königssteiner Schlüssel" erfolgt, obliegt die Unterbringung im Landkreis dem Landratsamt.

Mindestens 35 Zuhörer melden sich für Helferkreis

Die größten Kontingente haben bisher Ebersberg mit 213, Kirchseeon mit 190, Markt Schwaben mit 185 und Vaterstetten mit 296 Menschen aufgenommen. In Pliening sind es sieben Asylbewerber, die im Rathaus wohnen. Die zwei Traglufthallen, die in Pliening und Poing geplant sind, gehören zu den 1500 Plätzen, die für 2016 vorbereitet werden.

Dass die Aussicht auf die neuen Nachbarn in Pliening gemischte Gefühle hervorruft, zeigte sich in der Zahl der Besucher: 450 Menschen haben den Ausführungen von Bürgermeister und Landrat gelauscht. Während sich noch am Abend mindestens 35 Freiwillige in die Liste des bestehenden Helferkreises eintrugen, gab es auch solche, die die Entscheidung für die Traglufthalle kritisierten.

Schorsch Huber aus Pliening stellte die Rechnung auf, dass bei mehr als 300 Flüchtlingen jeder siebte Einwohner ein Flüchtling sein werde - "das ist Wahnsinn". Ein anderer Bürger hatte per Mail vom Landrat wissen wollen, ob die Gemeinde das Grundstück von sich aus angeboten habe. Er beklagte, dass Plienings Infrastruktur - eine einzige Ärztin im Ort - für so viele Menschen nicht ausreiche. Warum die Halle ausgerechnet in der Nähe der Schule stehen müsse, wollte eine Mutter wissen, eine andere fragte nach einem Sicherheitskonzept, und ein Dritter wollte wissen, wie man die Flüchtlinge, "vorwiegend junge Männer", beschäftigen wolle.

Die Nähe der Traglufthalle zur Schule ruft Kritik hervor

Mit dem Angebot des Grundstücks sei man dem dringenden Aufruf aus dem Landratsamt gefolgt, sagte Frick. Irgendwann hätte sonst womöglich die Schulturnhalle beschlagnahmt werden müssen. Was die Infrastruktur angehe, erklärte der Landrat, sei die in anderen Landgemeinden auch nicht besser, aber mit Unterstützung aus dem Landratsamt und freiwilliger Helfer sei das noch überall gelöst worden. Nach seiner Erfahrung gebe es immer auch Ärzte im Ruhestand, die ihre Hilfe anböten.

Und rund um die Uhr sei ein Wachdienst vor Ort.

Die Halle sei deshalb in der Nähe der Schule, weil die Gemeinde nur ein eigenes Grundstück zur Verfügung stellen könne, so Frick. Aber selbst wenn sie woanders stünde, könnten sich die Bewohner überall frei bewegen - was aber dazu beitrüge, das Problem mit der Beschäftigung zu lösen. "Die Menschen sind ja mobil, sie dürfen den Landkreis verlassen, Freunde oder Verwandte in anderen Orten besuchen", erklärte Sozialamtsleiterin Wolinski.

"Das Schulgelände ist tabu", stellt Rektor Bachmeier klar

Die Integrationsbeauftragte werde sich ebenfalls kümmern, und dann gebe es Angebote der Helfer: Sprachunterricht, Teilnahme am Vereinssport, Kulturunterricht. "Da haben wir viel zu tun", sagte Frick, "ich glaube nicht, dass jemand, der aus Eritrea kommt, Ahnung von Mülltrennung hat."

Die Replik auf die Frage nach der Sicherheit der Schulkinder übernahm Schulleiter Peter Bachmeier. "Eins ist klar: Das Schulgelände ist tabu, und wir werden auch hinüber gehen und ihnen erklären, wie es bei uns läuft." Er werde aber den Kindern "nichts vom schwarzen Mann erzählen". Schließlich "sperren wir hier unsere Schulen ab wegen der Leute aus Deutschland, die Übergriffe gegen Kinder gemacht haben".

Helmut Hintereder, Dienststellenleiter der Poinger Polizei, erklärte schließlich, dass es seit sieben Monaten trotz des deutlichen Anstiegs der Flüchtlingszahlen im Kreis keinerlei Erhöhung von Straftaten und einen Rückgang der Straßenkriminalität gegeben habe. "Die Ängste spiegeln sich in den Zahlen nicht wieder."

© SZ vom 18.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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