Kandidat für den Tassilo 2018:Wie Florian Landerer Grafings Stadtkapelle aufmischt

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In seiner Freizeit gehört Florian Landerers Leidenschaft der Grafinger Stadtkapelle. Schon mit zwei Jahren soll er einer Tuba einen Ton entlockt haben. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Mit ihm als neuem Leiter bekam das Ensemble Schwung. Eine Erfolgsgeschichte.

Porträt von Thorsten Rienth, Grafing

Und plötzlich stand einer der führenden Köpfe der Grafinger Stadtkapelle vor ihm, Wolfgang Huber, der ehemalige Dirigent. "Wer, wenn nicht du?", fragte er. Es war um nicht weniger gegangen als den Posten des musikalischen Leiters des Ensembles. Florian Landerer, gerade 22 Jahre alt und am Anfang seines Studiums, dachte: "Wow!" Aber er sagte zu. Zehn Jahre ist die Geschichte nun her.

Tatsächlich war Hubers Gespür für Talente kein falsches. Mit dem jungen Studenten und Trompeter bekam die Stadtkapelle einen frischen Anstrich. Einer mit Witz, mit Humor und manchmal auch ein bisschen Ironie. Einen "absoluten Glücksfall" nennt Christian Einhellig, einer der Stadtkapellen-Organisatoren, den jungen Kapellmeister. Das sei nicht nur seine Wahrnehmung, betont Einhellig. "Das höre ich auch von anderen Kapellen im Umkreis." Niemand hat gesagt, dass Stadtkapellen auf ewig in traditionellen Märschen verstauben müssen.

Landerer gilt als einer, der stets im Mittelpunkt der Stadtkapelle steht, aber dorthin nicht drängelt. Genau deshalb genieße er Autorität, heißt es. Und weil man im Jahr 2018 ja nicht jedes Stück genauso interpretieren müsse wie damals im Jahr 1953, als Hans Eham anlässlich der Grafinger Stadterhebung eine Stadtkapelle gründete. Musikalisch hat Landerer früh begonnen. Mit zwei Jahren habe ihn ein Freund seines Vaters in eine Tuba blasen lassen, erzählt er.

"Ich kann mich da nicht mehr dran erinnern, aber angeblich kam da prompt ein Ton heraus." Danach lief der Flori Krach machend mit einem leichter zu bespielenden Horn durch die Gegend - und später mit der Trompete in die Musikschule. Was der Grafinger inzwischen sonst noch so spielt: "Flügelhorn, alles, was mit hohen Blechblasinstrumenten zu tun hat, aber auch Tuba, Tenorhorn und ein bisserl Posaune."

Wurzeln am Grafinger Gymnasium

Dann bei den Swinging G's mit groß geworden, der so erfolgreichen Bigband, deren Wurzeln im Grafinger Gymnasium liegen. Irgendwann spielte er auch in Frank Haschlers einstigem Jazz-Keller mit, bei dem sich die Szenegrößen über Jahre die Klinke in die Hand gaben. Heute, neben der Kapellmeisterei bei der Grafinger Stadtkapelle, ist er Trompeter in zwei angesagten und mittlerweile weit über den Landkreis hinaus bekannten Ska-Bands, Dancing Me & The Ska Machine und À-la-Ska.

In beiden Fällen mischt Landerer mit ein paar anderen jungen Leuten aus dem Landkreis an der Fortschreibung einer Genregeschichte mit. Man kann das so sagen, weil beim Ska, einer Art schnell gespielter und dadurch tanzbarer Reggae, die Szene eine überschaubare ist. So kommt es auch, dass Landerer bereits bei The Skatalites, dem New York Ska Ensemble oder Dr. Ring-Ding mit den Anheizer machte, ja sogar auf der Bühne stand.

Bei diesem Ska made im Landkreis Ebersberg geht es um weit mehr, als lauten Offbeat in Vierviertel- oder Zweiviertel-Takten: Sehr wohl kann tanzbare Musik mit ernsten Texten daherkommen! Wenn es zum Beispiel darum geht, dass Nachrichten plötzlich nur noch dann für real gehalten würden, wenn sie in Weltbild und persönliche Erwartungshaltung passen. Oder auch mal Schnipsel aus Nachrichtensendungen in die Tonspur geschnitten werden, in denen Sprecher nüchtern Berichte mit Zahlen von auf der Flucht übers Mittelmeer Ertrunkenen herunterlesen. Dass die Lieder das Zeug zur Hymne haben, liegt an den wuchtverpassenden Bläsersätzen, für die eben auch Landerer mit verantwortlich ist.

© SZ vom 17.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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