SZ-Adventskalender:Kopfkino satt

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"Die drei Damen" spielen sich beim Benefizkonzert der "Süddeutschen Zeitung" im Alten Speicher Ebersberg mit Jazz, Swing, Tango und Pop quer durch sämtliche Harmonie- und Gefühlswelten

Von Anja Blum

Die Zeit war einfach reif", sagt Lisa Wahlandt und zuckt mit den Schultern. Ihr Gesicht aber strahlt, wenn sie in einem Münchner Café über Die drei Damen spricht, sich zurückerinnert an die Anfänge des Trios vor etwa vier Jahren. So viel Verschiedenes hatte die Münchner Sängerin da schon erlebt, musikalisch wie menschlich unterschiedlichst klingende Welten durchmessen. Doch eine reine Frauenband - mit dieser Idee überraschte Wahlandt damals sogar sich selbst. "Auf so ein Projekt war ich wirklich neugierig", erzählt sie. Das Ergebnis, also Die drei Damen, kann man am Donnerstag, 30. November, um 19.30 Uhr im Ebersberger Alten Speicher bewundern, beim diesjährigen Benefizkonzert für den "Adventskalender für gute Werke" der Süddeutschen Zeitung.

Zu Beginn starteten die Damen im Duo: Sängerin Wahlandt und die Pianistin Andrea Hermenau erarbeiteten ein Programm mit Coverversionen, traten ein paar Mal gemeinsam damit auf. "Aber es wurde schnell klar: Da fehlte noch was, irgendwas musste noch passieren." Also holten die beiden die Bassistin Christiane Öttl mit ins Damenboot, - und schon bei der ersten Trio-Probe funkte es gewaltig zwischen den drei Vollblutmusikerinnen. "Wir haben gleich gemerkt: Diese Besetzung hat Potenzial!", erinnert sich die Sängerin. Vor allem die gemeinsame Herkunft - Wahlandt und Öttl stammen beide aus Niederbayern, Hermenau aus Holzkirchen - habe schnell kreative Früchte getragen: die ungewöhnliche, aber höchst charmante Kombination von Jazz und Dialekt nämlich. "Vor allem Christiane ist sehr gut darin, bairische Texte mit Tiefgang zu schreiben", sagt Wahlandt voller Anerkennung. Sie selbst jedoch ist es, die den Jazz und die bairisch gefärbten Laute derart miteinander versöhnt, dass die Ohren meinen, es nie anders gehört zu haben. Und nicht nur das: Der Dialekt eignet sich sogar bestens fürs scat singing - wer hätte das gedacht?!

Haben sich gesucht und gefunden: Bassistin Christian Öttl, Andrea Hermenau am Klavier und Sängerin Lisa Wahlandt sind "Die drei Damen", die in keine Schublade passen wollen. (Foto: Veranstalter/oh)

Wer nun glaubt, Die drei Damen hätten in dem Etikett "weiblich, jazzig, bairisch" ihre Nische gefunden und nie wieder verlassen, der irrt. Die beiden bisherigen CDs des Trios sind keine strengen Konzeptalben, vielmehr mischen sie munter Stile wie Formate: von Jazz über Swing und Tango bis Pop, dazu Texte in Dialekt, Schriftdeutsch und Englisch, manches gekonnt gecovert, vieles selbst erdacht und komponiert. "Wir machen eben, was uns gefällt", sagt Wahlandt und lächelt verschmitzt. "Wir wollen uns nicht in irgendeine Schublade stecken lassen." Das Münchner Label Enja, mit dem die Sängerin schon lange zusammenarbeitet, bringt dem Trio das dafür nötige Vertrauen entgegen.

Doch auch das Crossover-Rebellentum ist bei diesen Damen kein Muss, keine zwangsverordnete Haltung, sondern ergibt sich quasi von selbst: In der gemeinsamen Kreativität könne man nichts erzwingen, sagt Wahlandt, "bei uns ist das alles sehr intuitiv". Besonders reizvoll findet die Sängerin, dass bei dem Projekt nicht nur drei Musikerinnen spielen und singen, sondern ebensoviele Komponistinnen am Werk sind - und somit verschiedene Erlebniswelten Eingang finden in die Lieder. "Christiane ist die Rampensau und Andrea die Feine im Hintergrund", charakterisiert Wahlandt ihre Kolleginnen. Sie selbst steht auf der Bühne vorne, Wahlandt ist die bezaubernde, wandelbare Stimme der drei Damen, kann nachdenklich sein, sexy-elegant oder auch lustig-frech, ganz wie der Song es verlangt. Denn bei diesem Trio erzählt tatsächlich jedes Stück eine Geschichte. Getreu dem Titel "Träum weiter" gibt es Kopfkino satt - für jede Lebenslage, von beschwingt bis melancholisch, einmal quer durch sämtliche Harmonie- und Gefühlswelten: Wünsche, Träume, Wahres und Verborgenes, Echtes, Gelebtes und Gespieltes.

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Gute Laune verbreitet zum Beispiel der Bayern-Reggae "So samma im Somma" - Schuhe aus, Sonnenbrille auf, Lächeln an! - mit sehnsuchtsvoller Ironie spielt "Der Wunsch", ein verführerischer Cool-Jazz-Song. Bei Fernweh hilft das humorvoll-spritzige "Liebeslied an die Côte d' Azur", und den Herzschmerz pflegen kann man mit "Warten", einer Ballade voller alterierter Akkorde. Nachdenklich stimmen wiederum die weisen Verse von "s'Leben", und eine wohlige Gänsehaut garantiert das bairische Liebeslied "Stückerl vom Paradies", eine wunderschöne Momentaufnahme für Zwei. Wahrlich ergreifend ist auch die "Unbekannte", ein poetisch flirrendes Stück über unterschiedliche Wahrnehmungen, über Fantasie und Synästhesie. "Im Licht der Welt anders ergriffen, sehe ich glühende Sonnen an Deinen Lippen klangblitzen/ Im Licht der Welt anders ergriffen, schweig ich nicht in Stille verhüllt / Tanz ich, sing ich auf meinem Weg /Lauf ich, spring ich auf meinem Weg / Spiel ich anders ergriffen mit dem Licht der Welt".

Entstanden sind einige Stücke der aktuellen CD auf einer gemeinsamen Reise nach Südfrankreich, ein weiblicher Fan hatte die Damen dorthin eingeladen. "Das waren ein paar wundervolle Tage, die wir voll ausgekostet haben - vor allem kreativ", erzählt Wahlandt und strahlt. Denn im Alltag, da sei das Zeitmanagement oftmals gar nicht so einfach - eingespannt zwischen Kind, Hund, Musikschule und Bühne. Trotzdem sind "Die drei Damen" alles andere als untätig, eine dritte CD wird gerade abgemischt. Und sie beweist erneut, dass auf dieses Trio keine Etiketten passen: Unter dem Arbeitstitel "Venus in the Backyard" finden sich diesmal ausschließlich englischsprachige Stücke, außerdem wird der Anteil der Coverversionen wieder deutlich größer sein. "Unsere Idee war, mal die beim Publikum beliebtesten Livesongs im Studio aufzunehmen", erklärt Wahlandt. Denn den Zuhörern im Konzertsaal gelte ihr größter Dank: "Ich bewundere alle diese Menschen sehr, die sich aufraffen und kommen, anstatt einfach daheim aufs Knöpfchen zu drücken", sagt die Sängerin. "Das ist für uns jedes Mal das größte Geschenk."

Benefizkonzert für den "Adventskalender" der Süddeutschen Zeitung: "Die Drei Damen", am Donnerstag, 30. November, um 19.30 im Ebersberger Alten Speicher. Karten für 22,50 Euro gibt es unter www.kultur-in-ebersberg.de, (08092) 255 92 05 oder im Foyer des Alten Speichers.

© SZ vom 18.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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