Moosach:Schwein gehabt

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Das Münchner Verwaltungsgericht erlaubt den Bau eines umstrittenen Maststalls in Baumhau nahe Moosach

Von Wieland Bögel, Moosach

Schönheit liegt - genau wie ihre weniger beliebte Schwester, die Hässlichkeit - bekanntlich im Auge des Betrachters. Im Baurecht haben aber beide nichts zu suchen, so lautet verkürzt die Einschätzung des Münchner Verwaltungsgerichts zu einem beim Moosacher Weiler Baumhau geplanten Schweinestall. Das Landratsamt Ebersberg hatte im vergangenen Herbst die Baugenehmigung verweigert mit der Begründung, der Stall stelle eine Verschandelung des sensiblen Landschaftsbildes dar.

Die Kontroverse um den Stall, in dem ein Metzger aus dem Landkreis Ferkel mästen möchte, dauert nahezu seit vier Jahren an. Ursprünglich sollte der Stall westlich des kleinen Weilers Baumhau entstehen, also genau in der vorherrschenden Windrichtung und relativ dicht an den bestehenden Häusern. Nach ersten Beschwerden der Nachbarn wurde umgeplant, der Bauplatz wanderte weiter von Ort weg und außerdem nach Südosten in eine kleine Senke vor dem Weiler. Doch genau darin sah nun wieder das Landratsamt ein Problem. Der neue Standort sei landschaftlich zu sensibel für ein derart großes Gebäude, immerhin soll der Stall - in dem einmal bis zu 600 Schweine gehalten werden sollen - 70 Meter lang und achteinhalb Meter hoch werden. Auch viele Bürger störten sich an dem Projekt, mehr als 500 unterschrieben auf einer entsprechenden Protestliste. Und sogar von ganz oben kam Unterstützung: Im vergangenen Jahr war Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bei der TV-Sendung "Jetzt red i" im Alten Speicher in Ebersberg zu Gast. Auf das Projekt in Baumhau angesprochen, betonte der Minister die Bedeutung des Landschaftsschutzes.

Für das Landratsamt verunstaltet der Bau die Gegend

Darauf verwiesen nun in der Verhandlung auch die Vertreter des Landratsamtes. Laut Max Finster, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde, stellt die Senke bei Baumhau ein besonders schützenswertes Stück Landschaft dar. Sie sei Teil der einzigartigen Moränenlandschaft zwischen Moosachtal und Urteltal, und gewissermaßen die optische Verbindung zwischen den beiden. Würde dort ein Gebäude, noch dazu ein derart massives, entstehen, wäre das Landschaftsbild zer- und das landschaftliche Erlebnis gestört.

Der Anwalt des Klägers sah dies erwartungsgemäß anders. Er argumentierte, der ganze Bereich sei Kulturlandschaft, was schon daran zu erkennen sei, dass in der näheren Umgebung zahlreiche landwirtschaftliche Gebäude stehen - nicht zuletzt auch die Ortschaft Baumhau selbst. Zudem liege der geplante Standort für den Stall neben zwei Straßen und unter einer Hochspannungsleitung, sei also keinesfalls eine unberührte Natur. Auch das Argument mit der Störung des Naturerlebnisses bestritt der Kläger: "Kein Erholungssuchender der Welt" werde um sein Vergnügen gebracht, wenn an dieser einen Stelle gebaut werde. Dass der Stall durchaus Auswirkungen auf die Landschaft haben könnte, wollte der Anwalt des Klägers gar nicht bestreiten, aber dies treffe auf jeden Standort zu, würde das Gericht dem Landratsamt Recht geben, dürfe man streng genommen in der Umgebung gar nichts mehr bauen.

Ein Gebäude darf hässlich sein, sagt das Gericht

Die Kammer schloss sich nach einem ausgiebigen Augenschein in ihrer Entscheidung ziemlich genau dieser Argumentation an. Der vom Landratsamt angeführte Begriff der Verunstaltung sei hier eindeutig nicht zutreffend, so die Vorsitzende Cornelia Dürig-Friedl. Wie die Klageseite stufte auch die Kammer die Umgebung als Kulturlandschaft ein, wo es reichlich landwirtschaftliche Gebäude gebe. "Da steht eins am anderen, und schön sind die alle nicht." Zwar sei schon davon auszugehen, dass der Maststall ziemlich groß und vielleicht auch keine Augenweide werde, zulässig sei er aber trotzdem. "Die Tatsache, dass es groß wird, hängt mit der Funktion zusammen." Aussehen und Größe seien aber kein Grund, den Bau zu verbieten: "Nur weil etwas nicht gefällt, vielleicht sogar hässlich ist, ist es noch keine Verunstaltung." Denn für diese Einschätzung liege die Latte sehr hoch, so die Vorsitzende: "Da muss einem schon schlecht werden, wenn man es anschaut." Ansonsten dürfe man im Außenbereich gar nichts mehr genehmigen. Auch die angebliche Einschränkung des Naturgenusses konnte die Kammer "nur aufgrund der Tatsache, dass hier mal ein Radler vorbeikommt" nicht erkennen.

Ein Urteil fällte die Kammer noch nicht, dieses ergeht im Laufe der Woche. Ob das Landratsamt es dann akzeptiert oder in Berufung geht, dazu wollte sich Finster am Mittwoch nicht äußern.

© SZ vom 28.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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