Landkreis Ebersberg:Schulamt warnt vor Lehrermangel

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Erstmals gehen zum Halbjahr Pädagogen in den Ruhestand - die freiwerdenden Stellen könnten unbesetzt bleiben.

Oliver Hollenstein

Das Schulamt fürchtet, im Februar erstmals nicht alle freien Stellen für Grund- und Mittelschullehrer besetzen zu können. "Fünf Lehrer gehen zum Halbjahreswechsel in den Ruhestand. Derzeit sehe ich die Chance bei 50 zu 50, dass wir für alle Ersatz finden", sagte der stellvertretende Schulamtsleiter Wolfgang Michalke der SZ. Im gesamten Bezirk Oberbayern werden zum Halbjahr sogar 115 Lehrer gesucht. Laut dem Bayerischem Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) gibt es vielerorts Probleme bei der Bewerbersuche, obwohl in den vergangenen Jahren mehr als 1500 ausgebildete Lehrer keine Jobs an Schulen gefunden hätten.

Grund für den derzeitigen Engpass ist eine Änderung des Dienstrechts. Wurden Lehrer an Grund- und Mittelschulen bislang zum Schuljahresende vor ihrem 65. Geburtstag pensioniert, dürfen sie nun erst zum Halbjahresende nach Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand gehen. Erstmals scheiden deswegen zum Halbjahr Lehrer aus - die Einstellung neuer Lehrer erfolgt aber weiterhin erst zum neuen Schuljahr.

In der Übergangszeit sollen arbeitslose Lehrern mit befristeten Verträgen die Stellen übernehmen - allerdings ohne Garantie auf feste Übernahme im September. "Man holt sie jetzt und schmeißt sie in einem halben Jahr wieder raus", ärgert sich Gerd Nitschke. Der Lehrer aus Anzing ist Vizepräsident des Lehrerverbandes. "Da muss es einem sehr schlecht gehen, um so ein Angebot anzunehmen." Viele Stellen seien zudem nur in Teilzeit. "Wer arbeitet bei der momentanen Wirtschaftslage 16 Stunden in der Woche für monatlich 1050 Euro?", fragt Nitschke.

Im Schulamt kennt man das Problem. "Wir haben in den vergangenen Wochen arbeitslose oder beurlaubte Lehrer angerufen", sagt Michalke. "Bisher waren wir allerdings nur bedingt erfolgreich." Lehrer, die im Herbst nicht eingestellt wurden, hätten inzwischen andere Jobs: in Kindergärten, Kaufhäusern, der Erwachsenenbildung oder als Touristenführer. Wer schon länger auf eine Einstellung wartet, sei auf lukrative Stellen in der Wirtschaft gewechselt, heißt es beim BLLV. Die magere Ausbeute des Schulamts: Eine junge Lehrerin will sich bewerben.

Zwar gibt es im gesamten Regierungsbezirk noch mehr Bewerbungen, "die Frage ist nur, ob die Qualifikationen passen", schränkt Michalke ein. Große Sorgen macht dem Schulrat eine Stelle in Vaterstetten: Dort geht die Lehrerin für textiles Gestalten und Hauswirtschaft in den Ruhestand. "Es gibt aber kaum Lehrer mit dieser Ausbildung."

Der Lehrerverband fordert angesichts der Schwierigkeiten eine schnelle Lösung vom Kultusministerium. "Die Situation ist beängstigend", sagt Nitschke. "Ganz Bayern findet keine Lehrer mehr." Als Lösung könne nun entweder die alte Altersregelung wieder eingeführt oder die Einstellungspraxis geändert werden. "Man könnte Lehrer, wie es bei Gymnasien bereits üblich ist, auch zum Halbjahr einstellen. Oder im Juli werden die Lehrer für die freien Stellen im Februar gleich mit gesucht." Schließlich sei ja da schon klar, wer in Rente gehen wird.

Trotz der unklaren Lage beruhigt Schulrat Michalke die Eltern: Größere Unterrichtsausfälle werde es nicht geben. "Wenn wir niemanden finden, haben wir unsere mobile Reserve." Diese 24 Lehrer springen normalerweise ein, wenn irgendwo im Landkreis ein Lehrer länger krank wird. Das bedeutet: "Müssen sie nun pensionierte Lehrer ersetzen, fehlen sie natürlich woanders."

© SZ vom 09.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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