Kunstausstellung:Ort der Begegnung

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Im Erdgeschoss des Forstinninger Tiermuseums eröffnet die Malerin Renate Block an diesem Donnerstag ihre Galerie für zeitgenössische Kunst. Die Premiere steht im Zeichen der Holzbildhauerei

Von Rita Baedeker, Forstinning

Es riecht nach frischer Wandfarbe, die Böden sind neu verlegt, Lichtleisten wurden installiert, helle Vorhänge angebracht. Renate Block, Mitglied der Kunstvereine Ebersberg und Erding, und ihr Mann haben mächtig geschuftet, um die beiden angemieteten Räume im Erdgeschoss des Hauses in der Münchner Straße in eine moderne Galerie zu verwandeln. Bis vor einiger Zeit war hier das Tiermuseum untergebracht, das seit Jahren verwaist ist. Die Präparate werden im ersten Stock des Hauses verwahrt.

Erschöpfung ist der Galeristin jedoch kein bisschen anzumerken. Renate Block strahlt Zufriedenheit aus, schließlich hat sie sich mit der Galerie einen Herzenswunsch erfüllt. "Ich möchte Kunst vermitteln und eine Begegnungsstätte für Künstler und Sammler schaffen", sagt sie. Die erste Vernissage findet bereits an diesem Donnerstag statt. Block betreibt ein Büro für technisches Zeichnen. Jahrelang hat sie Malunterricht genommen, Kurse und Seminare besucht. Malen ist für sie nicht Hobby, sondern Profession. Dank der Kontakte zu Künstlern ist ihr Kalender schon jetzt gut gefüllt. Sogar Anfragen aus Südfrankreich sind bei ihr eingegangen.

Von Quartal zu Quartal soll das Thema der Ausstellungen wechseln, erklärt Block ihr Konzept. Die Premieren-Ausstellung steht unter dem Motto "Holzbildhauer", das nächste Mal werden es Aquarelle sein, die sie zeigt. "Ich bin für alle Kunstrichtungen offen", sagt sie. "Ich nehme aber nur Originalarbeiten", fügt sie hinzu.

Viel Galeriefläche ist dem Holzbildhauer Wolfgang Fritz aus Oberding gewidmet. Sein Weg als Künstler begann damit, Fundstücke zu sammeln, zersplittertes Baumholz, ausgehöhlte, faulende Stämme. Fritz sucht sein Material bevorzugt dort, wo Naturgewalten toben und aus Zerstörung Neues entsteht. Aus der behutsamen Annäherung an die naturgegebene Form entsteht die künstlerische Gestalt. Fritz, Mitglied im Kunstverein Erding, schuf diverse Skulpturen für den öffentlichen Raum, zweimal wurde er für einen Tassilopreis der Süddeutschen Zeitung nominiert.

Ein Stelenpaar aus Lindenholz mit gewachster Borke dominiert den Eingangsraum, die eine Säule ist am oberen Ende zersplittert; wer wollte, könnte in der Form den Schnabel eines Vogels erkennen. Eine weitere, aus dem Holz der Walnuss gearbeitete mannshohe Skulptur gleicht einer reduzierten menschlichen Figur. Der Bildhauer hat der Arbeit den Namen "Mensch ärgere dich nicht" gegeben, tatsächlich erinnert die Skulptur an Spielsteine.

Holzplastiken, umgeben von reinem, leuchtenden Weiß, beherrschen auch den zweiten Raum. Hier sind es Stücke der faszinierenden Serie "Brain Bridges". Vorlage für die Plastiken waren Rötelzeichnungen, die Fritz mit beiden Händen gleichzeitig anfertigte, und dann, in einem zweiten Schritt, aus dem Holz von Linde und Erle herausgearbeitet hat - und zwar aus einem einzigen Stück. Das Objekt "Durchbruch", bei dem ein zigarrenförmiger Kegel frei durch den inneren Ring einer elliptischen Scheibe zu schweben scheint, so als durchdringe ein riesiges Raumschiff eine Galaxis, ist ein ästhetisches und handwerkliches Meisterwerk. Faszinierend auch die Arbeit "Ordnung-Chaos". Hier hat der Künstler das starre Holz in eine Welle mit je einer glatten und einer zerklüfteten Seite verwandelt. Den Titel der Serie steuerte Ecco DiLorenzo bei: Er betitelte ein Musikstück, das er auf die Skulptur "Mäander" komponiert hat, mit "Brain Bridges".

Jutta Elschleger zeigt ihre Arbeiten ebenfalls in der neuen Forstinninger Galerie. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Abteilung Malerei teilen sich in diesem ersten Quartal die Forstinningerinnen Jutta Elschleger und die Galeristin selbst. Elschleger arbeitet hauptsächlich mit Acryl und Kohle auf Leinwand. Eine ihrer hier gezeigten Arbeiten heißt "Bis dass der Tod euch scheidet" und ist ein beeindruckendes Beispiel für Technik, Stil und ironischen Witz der Künstlerin. Jede der drei Bildtafeln ist eine Collage aus Malerei, Bekanntschaftsanzeigen aus der Zeitung und Schreibschrift. "Lovestory gesucht", heißt es auf dem ersten Bild, das eine junge Frau zeigt. Auf dem zweiten ist ein Kopf mit Zigarette und rotem Kussmund zu sehen, dazu die Empfehlung "Kiss no Frog". Auf dem dritten Bild geht es dann um das, was im Alter oft von der Lust übrig bleibt - ums "Schlemmen daheim", passenderweise illustriert von einem Fliegenpilz. Auf den Hintergrund trägt die Malerin mittels Spachtel, Pinsel oder Schwamm immer wieder Farbe auf, die teilweise wieder entfernt wird. Auf diese Weise erzeugt sie eine sehr dichte, nebelhafte, unauslotbare Tiefe, aus der sich geisterhaft Figuren und Gestalten lösen - Tiere mit starker Symbolkraft, Schriften und Köpfe.

Schließlich zeigt auch die Galeristin selbst einige ihrer Arbeiten. Renate Block liebt das Versteckspiel. Dass sich in ihren Arbeiten, mit feinem blassen Strich skizziert, Tiere und spielende Kinder verbergen, sieht man erst auf den zweiten oder dritten Blick. Etwa in der Studie "Birken". Oberflächlich betrachtet geht es darin um den ästhetischen Reiz der nackten silbrigen Stämme, tritt man aber ein paar Schritte zurück, schälen sich aus der unteren rechten Ecke ein Käfer und ein Vogel heraus, sogar ein gelber Hund hat sich im Motiv verborgen.

Eröffnung der Galerie im Tiermuseum in Forstinning, Münchener Straße 26, ist an diesem Donnerstag, 6. Oktober, 19 Uhr. Die ausstellenden Künstler sind Holzbildhauer Wolfgang Fritz, die Malerinnen Renate Block und Jutta Elschleger. Bis 17. Dezember, geöffnet Freitag von 13 bis 18 Uhr, Samstag von 10 bis 14 Uhr und nach Vereinbarung.

© SZ vom 06.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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