Konzert:Finnische Seele

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Nina Karmons zart gestrichene Geige harmoniert mit Oliver Triendls pointierten Spiel am Klavier. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nina Karmon und Oliver Triendl verzaubern beim Klavierzyklus

Von Peter Kees, Ebersberg

Wer je in Finnland war und die finnische Seele kennenlernen durfte, für den war das Konzert mit Nina Karmon (Violine) und Oliver Triendl (Klavier) vergangenen Freitag im Ebersberger Alten Kino eine Offenbarung, nicht nur weil die Violinistin finnische Wurzeln hat. Unter anderem auf dem Programm: eine Violinsonate des Sibelius-Schülers Toivo Kuula (1883-1918), hierzulande kaum bekannt, in Finnland laut Programmheft "der bedeutendste Tonsetzer seines Heimatlandes in der Generation nach Sibelius."

Der in Helsinki, Bologna, Leipzig und Paris studierte Geiger, Dirigent und Komponist starb mit 35 im finnischen Bürgerkrieg. 1907 hat er seine einzige Violinsonate e-Moll opus.1 geschrieben. Unverwechselbar finnische Melancholie wie man sie von Sibelius kennt, ist da zu hören, harmonisch wie melodisch, von Kuula mit impressionistischen Zügen gewürzt. Mitunter steckt fast symphonischer Gestus in dem dreisätzigen Werk. Die spätromantische Klangwelt drängt, geht in die Tiefe und entführt den Hörer in eine rauschhaft schöne Schwere, elegisch, ein Labsal für die Seele. Die Landschaft Finnlands, seine Lichtstimmungen, die Weite des Landes und des Meeres sind hier eingefangen, ohne dass der Komponist das Werk programmatisch unterlegt hat.

Nina Karmons Tongebung, ihr Vibrato passt famos zu dieser Musik. Sie saugt die Töne gleichsam aus ihrem Instrument, vermag lange Bögen zu gestalten und hat ein auffallendes Gespür für leise Töne, die auf ihrem Instrument wie aus einer Zauberwelt erklingen. Ihr feiner, kammermusikalischer Ton lässt durchaus an einstige Virtuosen a la Jacques Thibaud denken. Dass Oliver Triendl sie kongenial am Klavier begleitete, steht außer Frage. In seinen Händen steckt viel Kraft und große Entschlossenheit, verbunden mit meisterhafter Technik und hochmusikalischer Gestaltungsgabe.

Der Anfang des Konzertabends holperte allerdings ein wenig. Das Duo trug zu Beginn Mozarts Violinsonate G-Dur KV 379 vor. Zuweilen drängte das Klavier, trieb und versuchte dem zaghaften, manchmal nicht ganz treffsicherem Geigenspiel beizukommen, die Geigerin, manchmal mit sprödem Ton, wieder einzufangen. Triendl bemühte sich, das Klavier metrisch zu halten und wurde dabei mitunter auch recht laut, während Karmon den Eindruck hinterließ, kämpfen zu müssen. Angst statt Freiheit war die Folge.

Auch wenn der Einstieg nicht ganz ideal gelang, schon beim zweiten Werk war das völlig anders. Kompositionen von Josef Suk, auch ein nicht ständig in den Konzertsälen aufgeführter Komponist, häufig weit unterschätzt, wurden gespielt, genauer eine Bearbeitung seines "Liebesliedes" aus den Klavierstücken opus. 7 für Violine und Klavier, sowie seine Vier Stücke opus . 17 in dieser Besetzung. Hier war das Duo völlig in seinem Element. Schwelgerische Leidenschaft wurde vorgetragen, expressive Sehnsucht. Es klang virtuos, ein andermal dramatisch, dann wieder rhythmisch besessen, im dritten Satz "Un poco triste" sacht zurückgenommen und tänzerisch in der abschließenden "Burleska." Die fast singende Geige bezauberte mit großartigem Farbenreichtum. Karmon vermochte auch die böhmischen Anklänge wunderbar zu intonieren - man meinte fast, die Seele des Instruments zu hören. Wieder bestach die Geigerin mit ihrem grandiosen Piano. Ihr Partner am Klavier pointierte gestochen scharf, kraftvoll, brillierte und verwob sich mit der Geige zu einem erzählerischen Dialog. Wieder Musik der Hochromantik. Die Klavierstücke des Böhmen entstammen den Jahren 1891 - 1893, seine Vier Stücke opus. 17 dem Jahr 1900.

Weil das Publikum am Ende des Konzertes so kräftig applaudierte, legte man noch einen Zeitgenossen auf: eine Elegie des 1945 geborenen Serben Milan Mihajlovic. Und zum Abschluss als zweite Zugabe eine Romanze von Jean Sibelius.

© SZ vom 14.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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