Konzert:Die Rasselbande

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Ein Spanisch-Crashkurs hätte nicht geschadet, dann hätte man auch die Texte verstanden. (Foto: Christian Endt)

Die kubanische Hip-Hop-Band "Cuban Beats Allstars" schafft es beim Kulturfeuer im Alten Speicher, auch gestandene Bayern aus der Reserve zu locken

Von Korbinian Eisenberger, Ebersberg

Für Einheimische ist Musik aus der Karibik mitunter ein Importgut der exotischeren Art. Das liegt weniger an den ungewohnten Klängen, als an den dazugehörigen Tanz-Bewegungen, die ja möglichst elegant daherkommen sollten. Dem Bayern wurden andere Dinge in die Wiege gelegt, einen filigranen Hüftschwung sagt man ihm weniger nach als Talente im Schuhplatteln und Jodeln. Es spricht also wenig dafür, und doch scheinen bayerische und karibische Ureinwohner durchaus tänzerische Überschneidungen zu haben. Hinweise dafür lieferte die kubanische Hip-Hop-Band Cuban Beats Allstars am Donnerstagabend während eines Auftritts im Alten Speicher.

Es war ein gewaltiges Kontrastprogramm zur Mittwochsvorstellung des Volksmusi-Trios Knedl & Kraut, die das Ebersberger Kulturfeuer mit Tuba und Ziach eröffnet hatte: Das kubanische Quintett um den Rap-Musikanten und Lied-Texter Hiram Riverí gab zwei Stunden lang eine Mischung aus Inselklängen und Sounds aus der Elektroabteilung zum Besten und schaffte es bereits mit den ersten Gesängen, einen Großteil des Publikums von den Tischen auf die Tanzfläche vor die Bühne zu locken. Lediglich 150 Gäste hatten sich zum zweiten Abendkonzert des Kulturfeuers im großen Saal des Alten Speichers eingefunden; doch denen gefiel, was die fünf Hip-Hopper mit ihren zum Teil abenteuerlichen Instrumenten anstellten.

In der Ebersberger Musikanten-Szene ist der Name Cuban All Stars wahrscheinlich nur Insidern ein Begriff. In Kuba zählten die fünf Musiker hingegen lange mit zu den erfolgreichsten Hip-Hop-Künstlern. Bis 2009 war ein Großteil der Bandmitglieder unter dem Namen Orisha durch die Konzertsäle der Welt getourt und hatte nicht selten vor ausverkauften Hallen gespielt. Vor sieben Jahren bröckelte das Gefüge jedoch auseinander. Nach längerer Bedenkzeit formierte sich die Band schließlich neu: Neben Leadsänger Reverí, DJ Tillo, Roy Pinatel und Vladimir Nuñez zählt mittlerweile auch der Multi-Instrumentalist und Komponist Nelson Palacios zum Team, der am Donnerstag, Bass und Violine bespielte - und bei Bedarf auch in die Klaviertasten haut.

Wer dem Abend im Alten Speicher eine inhaltliche Nuance abgewinnen wollte, für den hätte sich ein Spanisch-Crashkurs empfohlen. Reverís Band sang und moderierte in kubanischer Muttersprache. Wem außer Muchas Gracias alles höchst spanisch vorkam, der dürfte trotzdem einen unterhaltsamen Abend verbracht haben: Bei kubanischem Hip-Hop kommt es weniger auf die Botschaft der Texte an, als auf die Transferleistung, möglichst jenen Tanz zu vollführen, den die Bühnenkünstler zu ihren Rhythmen vormachen.

Man könnte vermuten, dass der kubanische Tanz den Bayern möglicherweise überfordert, doch das ist ein Schmarrn. Roy Pinatel, der Violine, Klavier, Gitarre und Laute beherrscht, präsentierte eine Klopf-Tanzvariante, die selbst für den grobschlächtigsten Holzknecht mühelos zu bewältigen sein dürfte. Pinatel, geboren in Santiago de Cuba, klopfte dafür auf ein Rassel-Instrument ein, das die Form eines überdimensionalen Salzstreuers hatte. Je später der Abend wurde, desto heftiger klopfte Pinatel die Trommelrassel - Salz kam keines raus, dafür war es von vorn bis hinten ein gepfefferter Auftritt.

Zur vollkommenen kubanisch-bayerischen Synthese im Stile der Band Die CubaBoarischen aus dem Mangfalltal reichte es am Ende nicht ganz. Das lag auch daran, dass DJ Tillo mit einer kreischenden Scratch-Einlage vor allem die Älteren im Publikum verschreckte. Ein guter Indikator dafür ist, wenn sich jemand die Ohren zuhält und die Menschen auf der Tanzfläche wie Ölgötzen stehen bleiben. Sie standen aber nicht lange, weil dann wieder Geige und Bass einsetzten und Vorsänger Reverí zu einem Tanz ansetzte, bei dem er sich so bewegte, wie einst Biathletin Magdalena Neuner, wenn sie im Skatingschritt eine Anhöhe erklomm.

Die Cuban Beats All Stars wollen hoch hinaus und an erfolgreiche alte Zeiten anknüpfen. Während das Quintett bereits am Freitag zum nächsten Auftritt ins österreichische Dornbirn reiste, hoffen die Veranstalter des Kulturfeuers für das Wochenende auf karibische Wetterverhältnisse. Für das exotische Highlight ist am Samstag (20 Uhr) die weißrussische Kabarett-Band Serebryanaya Svadba verantwortlich - und am Sonntag (20 Uhr) die österreichische Austro-Pop-Legende Wolfgang Ambros. Der 60-Jährige wird Evergreens wie "Zentralfriedhof", oder "Watzmann" zum besten geben. Wer für das ausverkaufte Konzert keine Karten mehr bekommen hat, oder Ambros-Klassiker wie "Skifoan" im Juli für verfrüht hält, dem bleibt immerhin ein Hocker an der Freiluft-Cocktailbar, wo man sich bei kubanischem Rum karibische Insel-Sounds reinziehen kann.

© SZ vom 16.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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