Hamlet Ambarzumjan:Die Welt vergessen

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Der 17-jährige Pianist Hamlet Ambarzumjan bereitet sich auf die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule vor. Zuvor aber wird er in Ebersberg einen Satz Schostakowitsch spielen.

Von Anja Blum, Grafing

Auch wenn Üben anstrengend ist: Hamlet Ambarzumjan ist am Klavier zu Höchstleistungen fähig - auch unter Druck. (Foto: Christian Endt)

Eine tröstliche Nachricht ist: Hamlet Ambarzumjan hat die Mittlere Reife zwar bestanden, aber nicht bravourös. Das bedeutet, dass er nicht in allen Bereichen des Lebens ein Überflieger ist, sondern "nur" in der Musik. "Das Klavier stand halt immer im Vordergrund", sagt der 17-Jährige auf die Frage nach seinen Schulnoten mit zerknirscht-entschuldigender Miene.

Letztlich ist das aber auch ganz egal, denn für den jungen Grafinger zählt nach wie vor nur eines: Er will Klavier spielen, gerade bereitet er sich auf die Aufnahmeprüfung an der Münchner Hochschule vor. "Da wird schon viel verlangt", sagt er ehrfürchtig. Nur 15 Minuten habe man Zeit, um sein Können am Instrument unter Beweis zu stellen, zudem würden Kenntnisse in Fächern wie Musiktheorie und Gehörbildung abgefragt.

Zu Höchstleistungen fähig

Doch Sorgen machen muss man sich um Hamlet Ambarzumjans Fortkommen vermutlich nicht, denn er hat in den vergangenen Jahren immer wieder bewiesen, dass er zu Höchstleistungen fähig ist - auch unter Druck. Vielleicht gerade dann. "Natürlich kann Üben anstrengend sein, da muss man halt durch", sagt der 17-Jährige. Das Vorspielen indes, sei es bei Wettbewerben oder Konzerten, habe er immer "sehr schön" gefunden. "Wenn man perfekt vorbereitet ist, kann man trotz aller Nervosität einfach in die Musik eintauchen." Er jedenfalls vergesse in solchen Momenten sehr schnell die ganze Welt um sich herum.

Begonnen hat Hamlets musikalische Karriere an einem Keyboard, so genau kann er sich daran aber nicht mehr erinnern. Jedenfalls habe er irgendwo voller Begeisterung auf solch einem elektrischen Instrument herumgedrückt - und den Eltern so die Idee eingepflanzt, dass Klavier für ihn das Richtige sein könnte. Mit sechs Jahren, damals wohnte die Familie noch auf Usedom, begann der Unterricht, mit sieben nahm Hamlet das erste Mal am Wettbewerb "Jugend musiziert" teil. Als Neunjähriger dann der Umzug nach Grafing, seitdem hat Ambarzumjan Unterricht an der Musikschule Vaterstetten bei Martina Hußmann.

In großen Konzerten hat er schon mitgewirkt

Und es ging steil bergauf, bis zum Bundeswettbewerb von Jugend musiziert: Zunächst errang er solo einen dritten Preis, dann im Duo mit seinem Bruder Adam an der Klarinette einen zweiten Preis für seine Begleitung. Aber auch an großen Konzerten hat Hamlet Ambarzumjan schon mitgewirkt, das Grafinger Jugendorchester gab und gibt ihm Gelegenheit dazu. Im Juni darf er sich in diesem Rahmen erstmals an einem ganz großen Werk versuchen: Der 17-Jährige wird den ersten Satz aus Schostakowitschs zweitem Klavierkonzert spielen.

"Dass er diese Herausforderung mit Bravour meistern wird, konnten wir schon erleben", erzählt Hedwig Gruber, die Orchesterleiterin, und schwärmt von seinen "beeindruckenden Fähigkeiten". Und wie geht Hamlet Ambarzumjan selbst mit seinen Erfolgen um? "Ich nehm' das eigentlich ganz gelassen", sagt er. In Jubel auszubrechen ist seine Sache offenbar nicht, dieser junge Mann kommt eher zurückhaltend und bescheiden daher. Das mag wohl auch an seiner Erziehung liegen: Die Eltern stammen aus Armenien, neben Hamlet haben sie noch vier Söhne. In ihrer Grafinger Wohnung gibt es, wie Hamlet sagt, zwei "Kinderzimmer".

Ein Pokal reiht sich an den nächsten

Zwei seiner Brüder machen ebenfalls Musik, der eine studiert Klarinette, der andere spielt Geige, hat sich aber mittlerweile eher aufs Zeichnen verlegt. Die beiden anderen treiben Sport, Tennis und Fußball. An der Wand über dem Esstisch reiht sich ein Pokal an den nächsten. "Früher waren meine Eltern schon streng, aber heute weiß ich selbst, wie viel ich üben muss", sagt Hamlet. Geschadet habe ihm der Druck nicht: "Ich bin froh, das bringt schon was', sagt der 17-Jährige. Drei bis vier Stunden täglich lautet sein derzeitiges Pensum. Um die Familie nicht zu stören, das Klavier steht im Wohnzimmer, geht er oft in die Räume der Grafinger Musikschule. "Dort kann ich immer üben, wenn gerade was frei ist."

Hamlet Ambarzumjans Welt ist die Klassik, Abstecher in den Jazz unternimmt er selten. Seinen Lieblingskomponisten nennt der junge Pianist ohne zu zögern: den schwelgerischen Chopin. Mit Bachs Komplexität hingegen hat er es nicht so. "Ungern, aber das muss ja sein." Und seine Vorbilder? "Lang Lang für seine Technik." Fürs Gesamtpaket: Jewgeni Kissin. Sollte Hamlet einmal nicht am Klavier sitzen, fährt er - wie andere Jugendliche auch - mit Freunden nach München, ins Kino zum Beispiel, oder ins Grafinger Freibad.

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© SZ vom 02.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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