Faschings-Varieté:Grafing durch die Brille der Narren

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Müssen die Grafinger bald in Russland einkaufen? Beim Faschings-Varieté wird die Lokalpolitik amüsant durchleuchtet.

Wieland Bögel

Müssen die Grafinger bald in Russland einkaufen? Für die drei Clowns des Grafinger Faschings-Varietés, August, Giagl und Wiggal, ist das die einzige Möglichkeit. Weil es in ihrer Stadt nämlich vor lauter Streiterei nicht einmal gelingt, einen neuen Supermarkt zu bauen. Und Shopping in den vom Rivalen Ebersberg geplanten "Kreisstadt Arkaden" kommt für einen echten Grafinger natürlich überhaupt nicht in Frage. Dann lieber nach Russland, notfalls zu Fuß.

Akrobatik, Kabarett und Klamauk sind wieder unterhaltsame Bestandteile des Grafinger Faschingsvarietes. Bei der Premiere in der Stadthalle begeistern das Publikum die IG Tschippendales, der junge Moderator Thomas Huber sowie die Grafinger Faschingsbären in ihrer Doblwaldklinik. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Witzig, bissig und informiert blickten Hermann Holzmann, Christian Fischer und Martin Weigand nicht nur auf die Lokalpolitik zurück. Brennenden Fragen versuchten die Clowns im Laufe des Abends auf den Grund zu gehen: etwa ob Susanne Linhart, wenn sie Rudolf Heiler vertritt und "den Bürgermeister-Halsschmuck" schon nicht tragen darf, wenigstens ihr Auto in der Feuerwehreinfahrt abstellen kann, und was es mit einer geheimnisvollen Singlebörse im Blumenladen auf sich hat.

Sie zeigten ihrem Publikum auch, wie eine typische Grafinger Debatte abläuft: Dazu schlüpften sie in die Rollen der Stadträte Karl-Heinz Fröhlich und Michael Hirschläger und diskutierten unter Zuhilfenahme von Spielzeugautos, warum man den Bauhof nicht verlegen kann. Über die Vorteile der neuen Vorfahrtsregelung in der Schloss-Straße und die Gründe für das Scheitern der VHS-Sanierung schwurbelten die Clowns zur Freude der Zuschauer minutenlang herum.

Wie sich Grafings Probleme auf medizinischem Weg lösen lassen, zeigten die Faschingsbären in ihrem Sketch "Doblwaldklinik". Nachdem sich die Hospital-Belegschaft mit dem Vorspann der Schwarzwaldklinik in Stimmung gebracht hat, nimmt sie nicht nur den Kampf gegen den Krankenhausbazillus auf, sie versucht auch einen bekannten Gegner der Umgehungsstraße von seinen Knieproblemen zu heilen.

Dies gelingt nicht ganz, aber immerhin wird bei der Untersuchung festgestellt, dass der Patient einen Kopf wie eine Almhütte hat: "weit oben und sehr einfach eingerichtet". Eine Augenoperation muss zwar abgesagt werden, weil das Personal beim Leberkässchneiden den Laser kaputtgemacht hat, dafür bekommt ein Elektriker seine neue Nase: einen Schweinerüssel zu Werbezwecken, weil der wie eine Steckdose aussieht.

Doch nicht nur Freunde kabarettistischen Klamauks kamen bei der Premiere auf ihre Kosten, die Turner des TSV unterhielten ihr Publikum mit ihren akrobatischen Showeinlagen auf das Beste. Den Anfang machten die Jüngsten. Als Marsmännchen und Marsmädchen, als wilde Rocker und als Cowboys tanzten sie über die Bühne. Auch die Ju-Jutsu Mädchen wählten als Motiv den Wilden Westen: Sie zeigten, wie sich aufdringliche Cowboys ganz wörtlich aufs Kreuz legen lassen.

Sehr gekonnt und phantasievoll präsentierten auch die übrigen Sportler ihr Programm. Sie traten als Cheerleader oder als Michael Jackson auf, und sie entführten ihr begeistertes Publikum ins Hauptquartier der Grafinger Mafia. Für große Erheiterung sorgte die Feuerwehr mit einer Slapstick-Nummer über tollpatschige Bauarbeiter. Wenn diese nicht gerade von Schnecken verfolgt werden, fallen sie von der Leiter, bleiben im Betonmischer stecken oder sprengen diesen gar in die Luft.

Die Premiere des Varietés am Freitag war auch die seine: durch das Programm führte als neuer Direktor Herbert Bayerlein. Sein Vorgänger, Stadtrat Thomas Huber, saß heuer im Publikum und genoss die Vorstellung sichtlich. So ging es an diesem Abend nicht nur ihm: Über vier Stunden war Gelächter das in der Stadthalle am häufigsten gehörte Geräusch. Bei seiner Premiere wurde Bayerlein von einem bewährten Showmaster unterstützt: Thomas Huber Junior half dem Neuen bei seinem ersten Auftritt.

© SZ vom 28.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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