Energie:Vom Acker gemacht

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Der Bundesverband für Biogas startet eine Offensive für mehr Treibstoff vom Feld. Auftakt ist in der ersten Anlage Deutschlands in Pliening - nun zieht die Delegation weiter nach Bonn

Von Korbinian Eisenberger, Pliening

Es pfeift und kracht und knirscht, Rohre und Pumpen, Hebel und Ventile, recht warm ist es auch, ein bisschen wie in einem Maschinenraum auf hoher See. Um Schiffe geht es hier, unter anderem, genauer gesagt um den Treibstoff, der sie zum fahren bringen soll, irgendwann einmal. Den Stoff gibt es auch schon, sie produzieren ihn hier, im Herzstück ihrer Biogasanlage, ein kleiner Raum, inmitten einer Anlage mit riesigen Kesseln und Silo-Haufen, die so groß sind wie Fußballfelder. Drinnen rauscht's und draußen stinkt's. Genau so soll es sein.

Es ist Donnerstagmittag, ein besonderer Tag für die Männer und Frauen, die sich hier zwischen Feldern und Wiesen versammelt haben, und ein besonderer Ort. Hier in Pliening ist vor elf Jahren die erste Biomethananlage Deutschlands ans Netz gegangen. Und nun startet hier der deutsche "Fachverband Biogas" eine neue Kampagne. Von Pliening aus geht es bis Freitagabend über mehrere Stationen nach Bonn, die deutsche Biogas-Delegation fährt dann mit einem Bus, der mit Biogas betrieben wird durch halb Deutschland. Für den Fachverband ist es der Treibstoff der Zukunft wenn es um größere Fahrzeuge und Boote geht. "Wir können aus allem was grün ist Energie machen", erklärt der Präsident des Fachverbands Horst Seide die Botschaft dieses Vormittags.

Die Befürworter sehen Biomethan auf dem Vormarsch, sie preisen den Treibstoff als nachhaltig und umweltfreundlich an, die Zukunft, wenn es um Schwerverkehr geht. Die Versammlung ist sich hier einig, geladen sind Vertreter mehrerer Biogas-Verbände, dazu kommen die Betreiber der Plieninger Anlage von der BayWa und zwei Bauern aus der Region - allesamt Befürworter von Biogas, die Richtung ist eindeutig. "Mit unserer Technologie können wir den CO₂-Ausstoß erheblich senken", sagt Präsident Seide. Bisher werde nur sechs Prozent der Mobilität aus Biogas betrieben, was "immer noch viel zu wenig" sei.

In der Plieninger Anlage wird seit 2006 Biomethangas produziert, ein Stoff, der in der Qualität Erdgas sehr nahe kommt und somit als Treibstoff für Lkw, Busse und Schiffe genutzt werden kann. Bisher hat sich das Bestreben des deutschen Biogas-Fachverbands aber nicht durchgesetzt. (Foto: Christian Endt)

Pliening war beim Biomethan Pionier, mittlerweile hat die Bundesnetzagentur 200 vergleichbare Anlagen in Deutschland gelistet. Anders als in herkömmlichen Biogasanlagen wird das Gas dort nicht nur produziert, sondern in einem weiteren Schritt verfeinert. Aus Mais, sonstigem Getreide und Gülle stellen sie in Pliening in großen Kesseln zunächst herkömmliches Biogas her, das zur Hälfte aus CO₂ besteht. Der Anteil des wertvollen Methangases liegt dann noch unter 50 Prozent, erklärt Jens Eberlein von der BayWa. Dieses Gemisch wird dann durch Rohre ins Herzstück der Anlage gepumpt - die sogenannte Gasaufbereitungsanlage. Dort wird das CO₂ aus dem Gemisch getrennt. Am Ende liegt der Methananteil bei 95 Prozent, "das ist gleichwertig mit Erdgas", sagt Eberlein, damit können also Busse und Schiffe fahren. Wie bei Benzin wird hier zwar CO₂ freigesetzt, aber nur das, was die Pflanzen zuvor eingelagert haben. "Erdgas ist aber eine zusätzliche Belastung, weil es von unter der Erde in die Atmosphäre gelangt", so Eberlein.

Es ist ein Werbetag für Biomethan als Treibstoff der Zukunft, aber auch ein Tag, für Diskussionen, auch dafür gibt es Stoff. Es ist etwa kein Geheimnis, dass Biogasanlagen sich sehr gut mit Mais antreiben lassen. Dass Bauern auch in den Landkreisen Ebersberg, Erding und München auf Mais setzen, ist nicht nur in der Szene bekannt, man muss im Sommer nur mal durch die Region fahren, um das zu sehen. Nicht wenige kritisieren diese Entwicklung, Mais nimmt Bienen und Vögeln Lebensraum weg, versiegelt Böden und soll beim Hochwasserschutz problematisch sein.

Fördert diesen Prozess nicht, wer sich für die Ausweitung von Biomethan auf den Schwerlastverkehr einsetzt? Auf diese Frage meldet sich ein Bauer aus der Region zu Wort, Martin Hintermaier ist aus Frauenberg im Landkreis Erding nach Pliening gekommen. Ihn störe die Kritik am Maisanbau, denn "wir bauen nicht mehr Mais an als früher, nur zu einem anderen Zweck", sagt er. Viele Bauern würden den Mais nun eben für Biogas produzieren, "dafür haben sie ihre Viehzucht aufgegeben und müssen keinen Futtermais mehr anbauen", sagt er.

Frank Gold ist Vertriebsleiter der Plieninger Anlage. Das Herzstück ist dieser Raum, wo das Biogas in Treibstoff umgewandelt wird. (Foto: Christian Endt)

Hier habe sich über die Jahre etwas verändert, erklärt auch Josef Götz, selbst Landwirt in Markt Indersdorf (Landkreis Dachau) und Mitglied im Präsidium des Biogas-Fachverbandes. Biogas sei für viele Bauern in der Region zu einem wichtigen Bestandteil geworden, 80 Landwirte aus den Landkreisen Ebersberg, Erding und München beliefern etwa die Plieninger Anlage, fast alle mit Mais. Knapp zehn Prozent der Erträge der Zulieferer gehen im Schnitt nach Pliening, "das ist für viele ein erheblicher Wirtschaftsfaktor", so Götz.

Mais und Biogas passen gut zusammen, heißt das also auch mehr Maisanbau? Verbands-Präsident Seide will das so nicht stehen lassen. Eben, weil es viele andere Möglichkeiten gebe, die noch nicht genutzt würden, sagt er. "Man kann auch aus Gras Biomethan herstellen", sagt er, zwei Hektar davon wären etwa so effektiv wie ein Hektar Mais, es braucht also doppelt so viel Land, wäre aber deutlich ökologischer, Tier - und Honig-freundlicher. Problem sei hier die aktuelle Verteilung von Fördermitteln. Hier erhofft sich sein Verband künftig mehr politische Unterstützung, gerade wenn die Grünen in Berlin mitregieren. "Wir können aus Blumen Methangas machen, dürfen es aber noch nicht", so Seide.

© SZ vom 03.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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