Ebersberg/Königsdorf:Die Rauchmelder

Lesezeit: 3 min

Pilot Christian Herzog und Beobachter Georg Doll heben ab, um Brände möglichst früh zu erkennen. Die Gefahr ist derzeit groß, auch im Ebersberger Forst, einem der größten Wälder Bayerns. Unterwegs mit einer Luftrettungsstaffel

Von Melanie Kraus, Ebersberg/Königsdorf

Weißer Qualm steigt von einer Wiese mitten im Wald auf. Die Robin DR 400, ein Leichtbauflugzeug der Luftrettungsstaffel, die gerade noch in ruhigem Flug ihre Erkundungsrunde begann, neigt sich tief zur Seite und hält auf die Rauchsäule zu. Ist es der erste Funke eines Waldbrands? Pilot Christian Herzog lenkt die Maschine in Kreisen um das Feuer, Georg Doll auf dem Nachbarsitz funkt mit der Einsatzzentrale. Der Luftbeobachter meldet die entdeckte Brandstelle und klärt das weitere Vorgehen. Nach wenigen Minuten gibt er Entwarnung: Das Feuer ist angemeldet, ein beaufsichtigtes Räumfeuer. Die Propellermaschine nimmt wieder Kurs auf die vorgesehene Route.

Die Waldbrandgefahr ist derzeit in der Region hoch, die Hitze hat die Böden ausgetrocknet, im Ebersberger Forst, einem der größten zusammenhängenden Wälder Bayerns, ist die Bedrohung akut. Darum schickt die Regierung von Oberbayern Beobachter in die Luft, die Feuer möglichst früh erkennen sollen. Herzog startet seit vier Jahren von Königsdorf aus, das ist im Landkreis Bad-Tölz-Wolfratshausen. Er überprüft per Tablet den aktuellen Standort und die Flugrichtung. Neben ihm gibt es noch neun weitere Piloten, die ihre Dienste bei der Luftrettungsstaffel ehrenamtlich leisten. Wenn sie zu Erkundungsflügen aufbrechen, sind sie stets in Begleitung von mindestens einem amtlichen Luftbeobachter, wie Georg Doll einer ist.

Auf 600 Metern Höhe gleitet das 180 PS starke Flugzeug am östlichen Rand des Starnberger Sees entlang. Die "Route D" führt in Schleifen an den Osterseen südlich des Starnberger Sees vorbei, westlich des Ammersees entlang Richtung Gauting, über den südlichen Landkreis München, bis zum Ebersberger Forst. Von dort geht es über das Tegernseer Tal, weiter an der Isar und über Bad Tölz zurück zum Segelflugplatz Königsdorf. Von dort aus starten die Überwachungsflieger gegen 15 Uhr zu ihren Erkundungen.

Der Motor wummert, draußen ergeben Gewitterwolken bizarre Gebilde. Mit einem Durchschnittstempo von 160 Stundenkilometern zieht die Robin ihre Bahnen, Herzog hält sie trotz eines kurzen Schauers auf Kurs. Durch die Hitze hätte es ruckelig werden können. Doch bis auf ein größeres Luftloch, das die Maschine ruckartig absinken lässt, bleibt der Flug ruhig.

Augen für das Alpenpanorama, das sich trotz des diesigen Wetters plastisch hervorhebt, haben die Männer allerdings nicht. Sie blicken aufmerksam aus dem Cockpit und prüfen die umliegenden Wälder. Sie achten auf Rauchentwicklungen, die einen Brand ankündigen. Handelt es sich bei den Feuern nicht um kontrollierte oder angemeldete Brände, geben Doll und Herzog den Standort weiter und helfen den Feuerwehren aus der Luft, indem sie einen Überblick über die Situation geben - egal ob in Forstinning, Ebersberg oder Hohenlinden.

Der Deutsche Wetterdienst ordnet die Waldbrandgefahr im überflogenen Gebiet aktuell auf Stufe vier von fünf ein. Die Gefahr entsteht durch die anhaltende Hitze, weswegen die Regierung von Oberbayern die Beobachtungsflüge am Dienstag angeordnet hat. Auch am Freitag sollte noch eine Maschine starten. Danach würde je nach Wetterlage entschieden, ob die Beobachtungsflüge fortgesetzt werden, sagt Thomas Pohn, Stützpunktleiter in Königsdorf. Er sieht die Einsätze der Flieger als "super Möglichkeit mit einfachen, kostengünstigen Mitteln das gesamte Gebiet zu überwachen". Denn wenn die viersitzige Maschine abhebt, betragen die Gesamtkosten 180 Euro in der Stunde. Bei einem Segelflieger sind es sogar nur 90 Euro. Würden die von den Flugklubs privat organisierten Luftrettungsstaffeln die Piloten und Maschinen nicht zu diesen Preisen stellen, müsste ein Polizeihubschrauber die Überwachung übernehmen, das würde die Kosten für die Regierung mehr als verzehnfachen. Deswegen sind es auch die Mitglieder der Luftrettungsstaffeln, die nach Stürmen oder bei Hochwasser zu Aufklärungsflügen abheben, damit die Schäden dokumentiert werden können.

Das übernehmen Luftbeobachter wie Georg Doll, der Feuerwehrmann in Bichl ist und einen einwöchigen Lehrgang an der Feuerwehrschule in Würzburg absolviert hat. Aktuell gibt es am Stützpunkt in Königsdorf fünf Luftbeobachter, weitere vier befinden sich in Ausbildung.

Nach eineinhalb Stunden setzt Christian Herzog zur Landung an. Er und der Luftbeobachter haben auf ihrer 200 Kilometerstrecke keine weiteren Brände entdeckt. Der Pilot ist hauptberuflich Immobilienmakler und fliegt, "weil es Spaß macht" und sein Hobby durch die Beobachtungen "auch noch einen Sinn erhält". Die Männer des Stützpunkts Königsdorf hätten bisher "keinen richtig großen Waldbrand entdeckt", sagt Bauer, "aber das ist nun wirklich nichts Negatives".

© SZ vom 23.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: