Ebersberg:Habacht im Hühnerstall

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Nach einem Fall von Vogelgrippe am Ammersee verzichtet das Ebersberger Veterinäramt vorerst auf Schutzmaßnahmen. Die Geflügelhalter im Landkreis treffen hingegen bereits Vorkehrungen.

Von Johannes Hirschlach, Ebersberg

Geflügelzüchter aus dem Landkreis Ebersberg werfen im Augenblick einen sehr genauen Blick auf die Vorgänge am Ammersee. Dort hatte am vergangenen Freitag ein Spaziergänger eine tote Seeschwalbe am Ufer entdeckt. Der verendete Vogel kam zu Untersuchungen ins bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), wo man in Gewebeproben des Tieres das Vogelgrippevirus H5N8 nachwies. Am Montag kam dann die Bestätigung vom Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit aus Greifswald. Schon wenige Tage zuvor waren Fälle der Vogelgrippe am Bodensee und in Norddeutschland aufgetreten.

"Das wird von uns genau beobachtet", sagt Birgitt Huber, Veterinärmedizinerin im Ebersberger Landratsamt. Eine Order vom Ministerium zum "Aufstallen" sämtlicher Geflügelbestände im Landkreis liege ihr aber noch nicht vor - damit meint Huber das Einschließen von Puten, Enten, Gänsen und Hühnern in ihren Ställen. Die Infektion mit dem Virus erfolgt nahezu ausschließlich über den Kontakt mit Wildvögeln, zum Beispiel über deren Kot.

Eine solche Schutzmaßnahme sei aber immer vom Risiko abhängig, sagt Huber. "Erst wenn bei uns in direkter Nähe Verdachtsfälle auftreten, müssten wir so etwas verhängen." Der Ammersee im Landkreis Starnberg liege dafür mit einer Entfernung von knapp 50 Kilometern Luftlinie aber noch nicht nahe genug. Stattdessen läuft wie sonst auch ein sogenanntes Monitoring, tote Wildvögel werden stichprobenartig auf Vogelgrippe untersucht. Sollte ein Fall im Landkreis Ebersberg oder den angrenzenden Gebieten auftreten, müsste Huber alle bei ihr registrierten Geflügelzüchter informieren.

Noch laufen die Hühner im Freien herum

Das betrifft Landwirte wie Josef Kendlinger, der auf seinem Hof im Grafinger Ortsteil Wiesham 4500 Hühner hält. "Hoffen wir, dass nichts kommt", sagt er. Die Meldungen der vergangenen Tage hat er aufmerksam verfolgt. "Für Freilandhaltung muss der Landwirt das Geflügel jeden Tag draußen halten", sagt Kendlinger, noch laufen seine Hühner im Freien herum. Sollte das Landratsamt nun eine Stallhaltung vorschreiben, bleibe ihm nichts übrig, als die Tiere nach innen zu bringen. "Die können sich auch im Stall frei bewegen", sagt er. Dennoch müsse er dann etwas häufiger nach dem Rechten sehen, "damit die Hühner nicht nervös werden".

Josef Zehetmaier hat seinen Geflügelbetrieb in der Gemeinde Baiern, er lässt wegen der Vorfälle Vorsicht walten. "Wichtig ist, dass die Bestände von außen geschützt werden", sagt er. Aus diesem Grund sollten möglichst wenige Besucher in den Stall kommen, lautet sein momentanes Credo.

Ähnlich geht Landwirt Andreas Hermann aus Angelbrechting vor. Zum vorsorglichen Schutz seiner etwa 6000 Hühner hat Hermann Desinfektionswannen im Vorraum des Stalls aufgestellt. "Damit beim Betreten des Gebäudes keine Keime ins Innere getragen werden", sagt er. In direkten Kontakt mit Wildvögeln gelangen Hermanns Legehennen ohnehin nicht. In Bodenhaltung aufgezogen, sind sie durch einen engmaschigen Zaun geschützt.

Die Entschädigung für ein getötetes Huhn deckt nicht den Verlust

Dennoch, sollte sich trotz aller Vorsicht eine Infektion im Stall ausbreiten, wäre das Ausmaß für Hermann ruinös. "Das wär ein Hammer", sagt er. Bei einer Massentötung der Tiere sei "nicht nur die Henne weg", sondern auch das Ei. Legebetriebe, die derartiges trifft, hätten dann mindestens ein halbes Jahr kein Einkommen. Eigentlich plant der Landwirt gerade, auf Freilandhaltung zu erweitern. Angesichts einer drohenden Aufstallpflicht werde er das jedoch verschieben müssen.

Bei einer angeordneten Keulung wie in einem aktuellen Fall in Schleswig-Holstein, wo 30 000 Hühner getötet werden mussten, erhalte der Landwirt eine Entschädigung, sagt Birgitt Huber. "Das ersetzt aber bei weitem nicht den tatsächlichen Verlust."

Um eine Ausbreitung zu verhindern, kann auch die Bevölkerung ihren Teil beitragen. Wer einen toten Vogel findet, der sollte dies umgehend dem Veterinäramt unter der Nummer 08092/823 454 melden. "Besonders gefährdet sind Wasser- oder Raubvögel", sagt Huber. Singvögel seien von der Vogelgrippe kaum betroffen. Dabei sollte man ein verendetes Tier nie mit bloßen Händen berühren. Unter Umständen könne die Krankheit sogar über die Kleidung weiter verbreitet werden, warnt Huber.

Das H5N8-Virus selbst gilt als "hochpathogen", also potenziell krankmachend. Zwar bestehe das Risiko einer Mutation, bislang seien - im Gegensatz zur Variante H5N1 - aber keine Fälle einer Übertragung auf Menschen bekannt, wie das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit mitteilt.

© SZ vom 15.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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