Ausstellung:Vielfältige Ansichten

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Passend zum Verein "Schutz des Kirchseeoner Südens" zeigt Gerold Hauers Bild "Da war mal Buch" eine düstere Vision. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

14 regionale Künstler zeigen im Seniorenzentrum Kirchseeon ihre Werke

Von Peter Kees, Kirchseeon

Das Wort Ansichtssache hat es in sich, verweigert es doch mit der Möglichkeit, Dinge verschieden betrachten und beurteilen zu können, objektive Maßstäbe. Der Begriff verweist vielmehr auf Subjektivität, auf individuelle Sichtweisen, Meinungen. Bei Bürgerbewegungen geht es um nichts anderes: Menschen wehren sich gegen eine bestimmte Sicht. Im Landkreis etwa hat sich 2012 der Verein "Schutz des Kirchseeoner Südens" gegründet, der gegen eine weiträumigen Umfahrung dort ist. Doch natürlich gibt es auch Befürworter. Ansichtssache eben.

Mit "Ansichtssache" hat das Aktionsbündnis - das mit derartigen Veranstaltungen auf seine Sache aufmerksam machen will - nun seine sechste Ausstellung von Künstlern aus dem Landkreis im AWO-Seniorenzentrum Kirchseeon betitelt. Auch in der Kunst ist ein Urteil schließlich immer Ansichtssache, das Betrachten eines Werkes per se eine persönliche Angelegenheit. Zunächst: die Ausstellung mit Malereien und Fotografien in den Gängen und im Speisesaal des Wohnheims ist ausschließlich von 14 heimischen Künstlern bestückt. Etwa 75 Bilder stellen Martina Brenner, Colin Duncan, Evi Duncan, Heidi Drenckhahn, Gerold Hauer, Vivien Katholing, Susanne Oswald, Susan Mintz-Weber, Hans Niedermaier, Tina Scharfen, Helmut Scholz, Monika Tiefenböck, Heike Wildmoser und Hermann Will aus. Doch halt, stimmt nicht ganz, denn auch der elfjährige Tobias Tiefenböck hat ein abstrakt wirkendes Aquarell beigesteuert, das in einem markanten Holzrahmen gefasst ist.

Eines fällt dabei auf: die Aquarelle, Acrylbilder, Zeichnungen, Collagen, Ölgemälde, Kalligrafien, Drucke und Fotografien sind sowohl in ihrer Technik als auch vom Sujet her sehr unterschiedlich, gleichwohl die meisten der Bilder Gegenständliches zeigen. Viel Landschaft ist zu sehen, durchaus mal mit farbig überhöhtem, expressionistischem Ausdruck (zum Beispiel Susanne Oswalds "Sommerhaus" oder "Weites Land"), aber auch feine Abbildungen bestimmter regionaler Ansichten, etwa Hans Niedermaiers Ölbildchen vom Egglburger See.

Daneben sind Tiere zu finden, Schweine, Frösche, eine Ziege, Stillleben, Textarbeiten, florale Motive und Menschen. Sogar zwei Persönlichkeiten der Zeitgeschichte: In Eva Duncans kleinformatigen Aquarell "Wortlos" stehen sich Donald Trump und Angela Merkel offenbar verständnislos gegenüber. Fast aktivistisch wirken auch manche Bilder von Gerold Hauer, etwa der Stacheldrahtzaun auf leerer bläulicher Weite mit dem Titel "Vereintes Europa" oder das Acrylbild "Da war einmal Buch" mit Industrietanks vor schwarzem Himmel. Nur im Hintergrund lugt noch die bayerisch-liebliche Kirchturmspitze hervor.

Eines indes ist augenscheinlich: Die meisten Aussteller betreiben ihr Handwerk leidenschaftlich, jedoch eher am Feierabend. Es war schon Goethe, der den Dilettanten liebte, sah er in ihm doch "einen Liebhaber der Künste, der nicht allein betrachten und genießen, sondern auch an ihrer Ausübung Theil nehmen will". Goethe war als Maler und Naturwissenschaftler selbst Amateur. Und die zahlreichen Vernissagebesucher sahen das wohl genauso: Die Stimmung war hervorragend, launig und entspannt. Schade eigentlich, dass unter den Gästen fast keine Heimbewohner zu sehen waren. Aber vielleicht ist auch das Ansichtssache.

© SZ vom 24.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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