Ausstellung:Musik, die man sehen kann

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Fotograf Thomas Heckner mit einem seiner Lieblingsmodels: Zither Manä hat sich für die Vernissage in der Schrottgalerie zur Verfügung gestellt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Fotograf Thomas Heckner hat die Künstler der Glonner Schrottgalerie porträtiert. Seine Bilder hängen nun dort an den Wänden

Von Anja Blum, Glonn

Die Fotos von Thomas Heckner in der Glonner Schrottgalerie zeigen Liebende. Sie halten intime Momente fest, bezeugen Hingabe wie Ekstase. Wer nun womöglich an Schlüpfrigkeiten denkt, liegt allerdings völlig falsch. Denn das Objekt der Begierde, das ist auf Heckners Bildern gar nicht zu sehen: Es ist die Musik.

Der Fotograf hat ein Jahr lang Menschen auf der Bühne der Schrottgalerie porträtiert, die sich ganz dem Blues, dem Folk, dem Rock oder welchem Genre auch immer verschrieben haben. Die sich Melodien und Rhythmen hingeben, die eins werden mit ihrem Instrument und manchmal auch mit dem Publikum in der gemütlichen Stube. Denen man auf den ersten Blick ansieht, welche Freude ihnen das Musizieren macht, wie konzentriert und doch gelöst sie sind. Egal, ob die Künstler dabei gerade völlig in sich versunken die Augen geschlossen halten oder aus Leibeskräften ins Mikro schreien.

Gestalterisch kommen die Aufnahmen sehr edel-puristisch daher: Heckner fotografiert in Schwarz-Weiß oder allerhöchstens Sepiatönen, der Hintergrund ist stets dunkel, von Bearbeitung am PC hält Heckner, Jahrgang 1962, nicht viel. "Ich mache nur das Wenige, das ich auch in der Dunkelkammer schon gemacht habe", sagt er. Das, was er über das Fotografieren wisse, habe er sich größtenteils selbst beigebracht, den Rest von Kollegen abgeschaut - sein Geld verdient Heckner nämlich als Kameraassistent beim Fernsehen. "Aber das Wichtigste ist sowieso die Intuition", sagt er und lächelt wissend. Im Fokus von Heckners Schrottgalerie-Bilder jedenfalls stehen allein die Künstler und ihre Leidenschaft, die er auf wunderbar sensible Weise einzufangen weiß. Seine "Konzertfotografie" ist selbst derart wohlkomponiert, hat eine solche Präsenz, dass man die Musik des Moments trotz aller Stille zu hören glaubt.

Ein Jahr lang war Heckner so etwas wie der Haus- und Hoffotograf der Glonner Schrottgalerie. Die Liste seiner "Models" liest sich wie ein "Who is who" der regionalen Musikszene: von Martina Eisenreich über Edwin Kimmler und Heinz Dauhrer bis hin zu Jeremy Teigan oder Peter Tuscher. Entstanden war die fruchtbare "Anstellung" Heckners bei der Schrottgalerie aus einer ersten Schau des Fotografen in den Räumen von Sven Friedel: Ein gemeinsamer Freund, der ein Fotolabor betreibt, hatte die beiden vor drei Jahren zusammengebracht, das Ergebnis war eine Ausstellung mit Aufnahmen aus Kuba. Schrotter Friedel war begeistert - und gebar die Idee der Konzertfotografie, die wiederum bei Heckner auf Begeisterung stieß. "Was kann es Schöneres geben, als solche klasse Musiker kennenzulernen und fotografieren zu dürfen?" Also kam er fortan fast jedes Wochenende mit der Kamera um den Hals von Neufahrn nach Glonn.

Dass es Heckner reizte, auf Konzerten zu fotografieren, ist kein Wunder, schließlich liebt er die Musik, hat selbst jahrelang in diversen Bands Stromgitarre gespielt - bis er das Hobby zum Beruf machte. "Irgendwann ging es nur noch um die Kohle, da ist mir dann irgendwie die Leidenschaft abhanden gekommen", erzählt er und lächelt schmerzlich. Doch aus dieser Erfahrung hat Heckner gelernt: Das Fotografieren soll ihm immer Berufung bleiben, nie Brotberuf werden. "Ich möchte da gar keinen Druck spüren, sondern nur das machen, wozu ich wirklich Lust habe."

Aufgewachsen ist Heckner in Egmating, den Ebersberger Raum bezeichnet er als seine Heimat. "Aber ich bin oft umgezogen, reise gerne und viel." Vor allem Kuba hat es ihm angetan. Reisen aber heißt bei Heckner, unterwegs zu sein ohne Plan - denn das Wichtigste sei ihm, dem fremden Land und seinen Menschen zu begegnen. Und dieses Freigeistertum spiegelt sich auch in seiner Fotografie wider: "Ich möchte vor allem Geschichten von Menschen erzählen", sagt er, "ich würde sie schreiben, wenn ich das könnte." Sein Talent jedoch liege woanders - im Sucher der Kamera nämlich, und darin, Menschen nahe zu kommen, Vertrauen zu schaffen, so dass sie sein 35-Millimeter-Objektiv nicht fürchten.

Wie sehr Heckners "Models" seine Arbeit zu schätzen wissen, ließ die Vernissage am Donnerstag erahnen: Da spielte nicht nur, wie angekündigt, der Zither-Manä in der bestens besuchten Schrottgalerie auf, sondern auch die beiden Musikkabarettisten Sepp Müller und Otto Göttler. Und zu später Stunde, nach einem Auftritt anderswo, schneite noch Manuel Kuthan mit seiner Zither rein. "Solche Abende sind für mich das größte Geschenk", sagt Thomas Heckner, und seine blauen Augen strahlen noch ein bisschen mehr. Ja, so ist das mit den Liebenden.

© SZ vom 11.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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