Debatte über Paulaner-Areal:Unikat statt Einheitsbrei

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Es ist eines der bedeutendsten Quartiersprojekte: das neue Paulaner-Areal. Bis zum Baubeginn dauert es noch, doch schon jetzt wird heftig diskutiert. Die Architektenkammer fordert ein reguläres Wettbewerbsverfahren. Die Stadt müsse verhindern, dass ein Kompromiss aus diversen Entwürfen entsteht. Aber auch die Bürger wollen mitreden.

Alfred Dürr

Es sind zwar noch einige Jahre hin, bis mit den Bauarbeiten für eines der bedeutendsten neuen Quartiersprojekte in der Stadt begonnen wird. Aber schon vor dem Start des Genehmigungsverfahrens gibt es in der Au und in Haidhausen heftige Debatten zum neuen Paulaner-Areal. Die Bürger wollen mitreden bei den Planungen für das Großprojekt. Jetzt hat sich auch die Bayerische Architektenkammer in die Diskussion eingeschaltet. Präsident Lutz Heese befürchtet, dass bei dem von der Stadt vorgeschlagenen Wettbewerbsverfahren zum Umbau des Brauereigeländes nichts Gutes herauskommen kann.

Das Büro-Hochhaus setzt ein bauliches Zeichen an der Hochstraße. Mit dem Umzug der Brauerei ändert sich die gesamte Situation um den Nockherberg.  (Foto: Robert Haas)

In der Tat beschreitet die Stadt neue Wege bei so einer gigantischen Planung, die deutlich in die Struktur von gewachsenen Wohnvierteln eingreift. Gerade weil es im Vorfeld eine rege Beteiligung an dem Vorhaben gegeben hat, will man die Bürger nicht mit einem fertigen Architekturentwurf vor den Kopf stoßen.

Für den noch auszulobenden Wettbewerb sollen also neue Regeln gelten: Es wird keinen ersten Preis geben, sondern eine Preisgruppe von vier bis fünf Entwürfen. Bevor dann ein fertiges Konzept vorliegt, heißt es im Planungsreferat, solle die Stadtgesellschaft noch die Möglichkeit haben, ihre Vorstellungen zu äußern.

Größtmögliche Transparenz lautet das Motto. Die Bürger können ihre Ideen einen ganzen Tag lang im Rahmen eines Workshops erörtern. Die Ergebnisse dieses Tages und die Empfehlungen des Preisgerichts sollen dann in die Überarbeitung der Entwürfe einfließen. Erst nach diesem Prozess wird die Jury eine abschließende Prämierung vornehmen. Schon vor dem Wettbewerb wird es eine Podiumsdiskussion mit den Preisrichtern geben: Was die Besucher vorschlagen, soll dann auch im Auslobungstext für den Wettbewerb einen Niederschlag finden.

Er sei keinesfalls gegen eine umfassende Bürgerbeteiligung, sagt Heese: "Es geht nicht, dass sich Experten etwas ausdenken, und das wird dann einfach auch so hingesetzt." Allerdings führe das von der Stadt gewählte Verfahren zu einer "weichgespülten Vermengung von Lösungsansätzen". Die Architektur dürfe also nicht so lange zerredet werden, bis es "irgendwie dann jedem passt".

Deswegen fordert Heese ein Wettbewerbsverfahren, das "Unikatsentwürfe mit individuellen Kreationen der Büros" hervorbringt. Die "jetzigen Vorgaben der Stadt atmen Angst", weil man offenbar befürchte, zu wenig Einfluss auf die Gestaltung des Areals nehmen zu können. Dabei könne aber nur ein "Einheitsbrei" herauskommen.

Für den Kammerpräsidenten ist das Paulaner-Areal eine besondere Stelle in München. Das Gebiet in der Au und in Haidhausen sowie um den Nockherberg herum habe einen ganz speziellen Bezug zur bayerischen Tradition und Kultur: "Das ist der Grund unseres Interesses." Von der Bedeutung her vergleichbare Projekte seien etwa die Neugestaltung des St.-Jakobs-Platzes mit dem Jüdischen Gemeindezentrum, der Synagoge und dem Museum.

Deswegen sei es wichtig, dass das Wettbewerbsverfahren, an dem sich die besten des Fachs beteiligen werden, nicht in einen faulen Kompromiss münde. Er sei froh, dass man zum Beispiel beim Thema Werkbundsiedlung, das zu einem architektonischen Vorzeigeprojekt in München werden sollte, klare Entscheidungen getroffen habe. An der Infanteriestraße in Schwabing sollte nach den Plänen des Japaners Kazunari Sakamoto eine Mustersiedlung entstehen, die der Mehrheit des Stadtrats dann aber zu teuer und zu wenig ökologisch war. Heese: "Man zog den Schlussstrich, weil man an einem Unikat nicht so lange etwas ändern kann, bis es dann vielleicht allen Ansprüchen genügt."

So etwas sei aber beim Paulaner-Gelände zu erwarten. Das sieht man im städtischen Planungsreferat allerdings ganz anders. "Wir dachten, dass unser Verfahrensvorschlag positiv aufgenommen wird", sagt Katja Strohhäker, die Sprecherin der Behörde. Niemand würde mit einem fertigen Entwurf konfrontiert, der dann nicht mehr verändert werden könne. Gerade beim Paulaner-Gelände engagierten sich die Bürger besonders.

Investor für das 85 000 Quadratmeter große Areal ist Schörghubers Bayerische Hausbau. Es sei ein großes Anliegen, dass sich die neuen Gebäude sowohl funktional als auch ästhetisch in das Bild des Stadtviertels eingliederten, sagt Hausbau-Chef Jürgen Büllesbach.

© SZ vom 15.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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