Vierkirchen:Kopfsache

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Warum Fußballtrainer Dominik Langenegger seine Mannschaft auf den Schießstand von Edelweiß Vierkirchen schickt.

Christine Heumann

- Fußballer trainieren hart. Sie stählen ihre Körper, um den Anforderungen einer langen Saison gerecht zu werden. Doch körperliche Fitness alleine reicht offenbar nicht aus. Der Geist muss mitspielen, sonst klappt das nicht mit den Erfolgen. Im großen Sport ebenso wenig wie im kleinen. Denn wenn der Geist schwach ist, hat auch der Fuß ein Problem damit, im entscheidenden Moment das Richtige zu tun. Verfehlt ein Stürmer aus drei Metern das gegnerische Tor, rückt die Ursache des Versagens von unten nach oben. "Alles Kopfsache", hören wir dann. Muss also der Geist mehr geschult werden? "Ja", sagt Dominik Langenegger. Und er sollte es wissen, schließlich trainiert er nicht nur die U19 der Jugendfördergemeinschaft Dachau-Land, sondern ist auch Sport-Wissenschaftler.

"Mentale und kognitive Aspekte werden im Fußball oftmals vernachlässigt", sagt er. "Fußballer müssen heutzutage einfach funktionieren. Um eine Spielsituation optimal lösen zu können, werden technische, taktische und körperliche Fähigkeiten trainiert - die mentalen Strukturen des Lernenden werden jedoch kaum gezielt angesprochen." Um dem entgegenzuwirken, hat sich Langenegger zu einer ungewöhnlichen Trainingseinheit entschlossen. Er schickte die Fußballer unter fachkundiger Anleitung zu Edelweiß Vierkirchen an den Schießstand. Ziel war es, die Konzentrationsfähigkeit seiner Jungs zu schulen.

Edelweiß-Jugendleiter Hans Kohmann führte die JFG-Nachwuchskicker aus Petershausen, Vierkirchen, Kammerberg und Kollbach in die Geheimnisse des Spießsports ein. Nach eingehender Sicherheitsbesprechung durften alle ihre eigenen Erfahrungen auf der vollelektronischen Anlage machen. "Manche hatten die Ruhe, die man braucht, um die enormen mentalen und körperlichen Herausforderungen umzusetzen, manche waren zu hippelig und zu nervös", sagt Langenegger. "Aber für uns war das ein neuer Ansatz, und die Jungs waren begeistert."

Dass sich Fußballer am Schießstand versuchen, ist freilich nicht ganz neu. In Fritz Fischers Biathlon-Camp in Ruhpolding tummeln sich immer mal wieder prominente Fußballer, um ihre Aufmerksamkeit auf den Punkt - sprich auf die Scheibe- zu bringen. Der VfL Wolfsburg war einst unter Trainer Armin Veh zu Gast im Chiemgau, in diesem Sommer ließen sich die Profis des FC Augsburg von Fischer erklären, dass Konzentration und Disziplin im Fußball ebenso wichtig wie im Biathlon sind, um seine Ziele zu erreichen. Und der FC Augsburg will ja immerhin den Klassenerhalt in der Fußball-Bundesliga schaffen. Die müssen noch üben.

Mit den Akteuren zu sprechen, warum sie diese oder jene Übung absolvieren sollen, ist ein weiterer Aspekt, der Trainer Langenegger am Herzen liegt. "Viele Übungsleiter stehen nur da und lassen die Spieler nach Schema-F irgendwas machen." Viel wichtiger sei es doch, ihnen zu erklären, warum sie das machen. Auf dem Schießstand genauso wie auf dem Fußballplatz.

Langenegger wünscht sich, dass mentale Aspekte des Trainings nicht immer nur nebenher laufen. Jeder Übungsleiter müsse sich fragen, ob der Spieler dessen Ansage überhaupt versteht, ob er sich lange genug auf die Aufgabe konzentrieren kann, die er zu erfüllen hat. Durch die Trainingseinheit auf dem Schießstand habe seine Mannschaft jedenfalls erkannt, "dass die Konzentrationsfähigkeit eine Grundvoraussetzung für jegliche Aufgabenbewältigung darstellt. Egal ob Luftgewehrschuss, Torabschluss oder Schulaufgabe".

© SZ vom 26.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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