Stadtentwicklung:Grüner wird's nicht

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Wo jetzt zwischen Karlsfeld und Dachau noch Wiesen und Felder sind, könnten Gewerbeflächen entstehen. Viele Bürger möchten das nicht und schließen sich einer Wanderung mit der Bürgerinitiative Grünzug an.

Von Renate Zauscher, Dachau/Karlsfeld

Grünzug statt Gewerbegebiet: Auf diesen Nenner lassen sich die Ziele der Bürgerinitiative (BI) "Grünzug Karlsfeld + Dachau" bringen. Um Bürger und Politiker immer wieder auf die ihrer Überzeugung nach gravierenden Konsequenzen von teils geplanten, teils nur angedachten Gewerbegebietsausweisungen südlich des Schleißheimer Kanals hinzuweisen, lädt die Bürgerinitiative regelmäßig zu Wanderungen entlang des "Tiefen Grabens" ein, der Gemeindegrenze zwischen Dachau und Karlsfeld. Diesmal war ein "Überraschungsgast" als Referent mit dabei: Michael Strixner, lange Jahre Leiter des Forstbereichs am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ingolstadt und von 1986 bis 1989 Kreisvorsitzender des Bundes Naturschutz im Landkreis Dachau.

Trotz großer Hitze nahmen fast 30 Bürger aus Karlsfeld und Dachau an der Wanderung entlang dem Tiefen Graben teil. Bruno Schachtner, einer der Sprecher der BI, führte die Teilnehmer zunächst zu einem Aussiedlerhof an der Bajuwarenstraße, aus dem mittlerweile ein kleiner Gewerbestandort geworden ist. Rund um diesen Standort soll nach den Vorstellungen der Gemeinderatsmehrheit von Karlsfeld ein Gewerbegebiet entstehen, das laut Bruno Schachtner die Größe von zehn Fußballfeldern haben wird - und dies trotz zweier in der Vergangenheit von der BI und einer Vorgängerorganisation gewonnener Bürgerentscheide in Karlsfeld, mit denen Gewerbeausweisungen im Bereich des Tiefen Grabens mehrheitlich abgelehnt wurden.

Bürger aus Karlsfeld und Dachau schauten sich an, wo noch überall gebaut werden könnte. (Foto: oh)

Auch auf Dachauer Seite sollen sich neue Betriebe ansiedeln

Auch auf Dachauer Seite, zwischen Schleißheimer und Siemensstraße sollen sich auf Beschluss des Bauausschusses des Stadtrates weitere Gewerbe ansiedeln. Noch ist Bruno Schachtner allerdings optimistisch, dass mit gesundem Menschenverstand und Verantwortungsbewusstsein der Politik diesen Absichten ein Riegel vorgeschoben werden könnte. Für BI-Sprecher wie Bürger, die am Sonntag ebenfalls zu Wort kamen, gibt es mehrere Gründe, warum sie Gewerbeausweisungen beiderseits des Tiefen Grabens nicht hinnehmen möchten.

Es geht ihnen um den Erhalt letzter Naherholungsbereiche mit wichtigen ökologischen Strukturen und einer für die Region bedeutenden Frischluftschneise. Zumal Dachau und Karlsfeld wegen klimatischer Besonderheiten stärker schadstoffbelastet sind als München, wie Otto Mayrhofer aus Karlsfeld erklärte. "11 000 Menschen leben in Dachau-Ost", sagte eine Teilnehmerin der Wanderung. "Wir brauchen den Grünzug und die von so vielen Menschen per Rad, zu Fuß oder mit dem Kinderwagen genutzte Wegeverbindung zum Karlsfelder See".

"Dachau-Ost ist städtebaulich geopfert worden", sagt Michael Strixner; das Luftbild von Dachau lasse dies klar erkennen. Alle Zugänge zu Freiräumen in Richtung Schleißheim seien abgeschnitten worden, der letzte verbleibende "Fluchtweg" in die Natur sei der Weg zum Karlsfelder See. "Die Menschen", sagt Strixner, "brauchen nicht nur Baumärkte und Spielhallen, sondern auch noch Anderes". Das Bedürfnis nach Natur und nach einer "Gegenwelt zu unserem technisierten Leben" sei ungebrochen groß. Was Bruno Schachtner oder Marion Matura-Schwarz vom Bund Naturschutz in Karlsfeld sich wünschen, wäre zum einen mehr Offenheit etwa für Schadstoffmessungen, zum anderen aber vor allem auch Zeichen der politischen Bereitschaft für einen Schutz des Tiefen Grabens und der angrenzenden Fluren. Sie hoffen darauf, dass der Bereich bis hin zum Schwarzhölzl als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen und später zumindest in Teilen zu einem Bürgerpark umgestaltet wird.

© SZ vom 01.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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