Sozialarbeit:Erziehungshilfen

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Fordert Sozialarbeiter für die Dachauer Realschule: Ludwig Gasteiger. (Foto: Toni Heigl)

Jugendsozialarbeiter sollen jetzt an einigen Grundschulen und an der Dachauer Realschule die Lehrer unterstützen. Landrat Stefan Löwl steht hinter dem Konzept, übt aber auch Kritik.

Von Petra Schafflik, Dachau

Viele Grundschulen im Landkreis wünschen sich seit Langem Unterstützung durch pädagogische Fachkräfte der Jugendsozialarbeit (JAS). Nun legte das Kreisjugendamt im Jugendhilfeausschuss des Kreistags ein Konzept vor. Danach können an den Grundschulen Altomünster, Dachau-Ost, Dachau-Augustenfeld, Markt Indersdorf und Weichs sowie an der Mittelschule Altomünster Sozialpädagogen tätig werden. Zudem soll das bestehende Pilotprojekt an der Grundschule Petershausen auf Dauer installiert werden. Diese Prioritätenliste folgt der aktualisierten Sozialraumanalyse für den Landkreis. Die Studie zeigt, dass in den genannten Gemeinden der höchste Bedarf an Jugendhilfe besteht. Zusätzlich kommt JAS auch an die Dachauer Realschule. Dies forderte Grünen-Kreisrat Ludwig Gasteiger vehement; eine knappe Mehrheit im Gremium unterstützte seinen Vorschlag.

Landrat Stefan Löwl steht gemeinsam mit dem Jugendhilfeausschuss hinter dem Konzept, im Landkreis nun Jugendsozialarbeit auch an Grundschulen einzuführen. Doch wie hier staatliche Aufgaben und auch ein Teil der Kosten an Kommunen und Kreise weitergereicht werden, missfällt dem Landrat. Der Landkreis sei überfordert, die Auswirkungen des gesellschaftlichen Wandels auf die Schulen über Jugendsozialarbeit abzufedern, betonte Löwl. Trotz dieser Grundsatzkritik startet der Landkreis jetzt mit Jugendsozialarbeit an den Grundschulen, nachdem dieses Angebot bereits an fast allen Mittelschulen besteht. Weil im Jugendamt Anfragen von "sehr vielen Grundschulen" vorlagen, galt es, Schwerpunkte zu setzen. "Ein schwieriger Job", so Jugendamtsleiter Ulrich Wamprechtshammer.

Über die aktualisierte Sozialraumanalyse erfasste das Jugendamt schließlich Gemeinden "mit dem vordringlichsten Bedarf." Kriterien waren die Quote von Jugendkriminalität, Scheidungen, Kinder alleinerziehender Eltern, Kinder in Familien, die auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen sind und Kinder, deren Vater oder Mutter bereits erzieherische Hilfen in Anspruch genommen haben. Nach diesem "erzieherischen Index" liegt Markt Indersdorf weit vor Petershausen, Dachau, Altomünster und Weichs, alle fünf sind über dem Landkreisdurchschnitt. Für diese Gemeinden schlägt Wamprechtshammer vor, Jugendsozialarbeit an den Grundschulen einzurichten, im Fall von Petershausen das bestehende Modell beizubehalten.

In der Stadt Dachau ergebe sich aus früheren Untersuchungen eine "Ost-West-Signifikanz". Im Klartext: Im Einzugsbereich der Grundschulen Ost und Augustenfeld sind die Probleme größer als an Klosterschule und Grundschule Süd. Deshalb sollen in der Kreisstadt nur zwei der vier Grundschulen mit JAS ausgestattet werden. An allen genannten Standorten ist je eine Halbtagsstelle vorgesehen. Um die Sozialpädagogen an den Schulen zu betreuen und vernetzen, wird im Jugendamt eine Koordinierungsstelle in Teilzeit geschaffen.

Nicht auf der Liste des Jugendamts stand zunächst die Dachauer Realschule, die ebenfalls Bedarf angemeldet hatte. "Keine Brennpunktschule", urteilte Wamprechtshammer. Doch die Realschule habe aufgrund der hohen Schülerzahlen vielleicht mehr Bedarf als manch kleine Mittelschule, an der schon ein Sozialarbeiter tätig sei, betonte Grünen-Kreisrat Ludwig Gasteiger. Seinem Vorschlag, die Dachauer Realschule mit auf die Liste zu nehmen, schloss sich eine knappe Mehrheit im Gremium an. Grundsätzlich könne das nun aufgelegte Programm "nur ein erster Schritt sein", betonte Kreisrat Bernhard Seidenath (CSU). Ziel sei, "ein flächendeckendes Angebot für jede Schule", sagte SPD-Kreisrätin Silvia Neumeier. Über die Kosten macht sich Sebastian Leiß (FW) Gedanken: "Wir geben Geld aus für Aufgaben, für die eigentlich andere zuständig wären."

Um Schulen stärker zu unterstützen, die nicht mit einer JAS-Stelle bedacht werden, forderte die SPD-Fraktion in einem Ergänzungsantrag die Schaffung einer "mobilen Reserve". Fachkräfte sollten kurzfristig in Notfällen für Schulleiter und Lehrer abrufbar sein. Ob eine derartige "Task-Force" eingerichtet werden kann, ohne künftige staatliche Zuschüsse für eine Ausweitung des JAS-Programms im Landkreis zu gefährden, will das Jugendamt prüfen.

Bis die ersten Sozialarbeiter ihre Arbeit an Grundschulen aufnehmen, ist es trotz des positiven Votums im Jugendhilfeausschuss noch ein weiter Weg. Erst müssen Kreisausschuss und Kreistag das Konzept billigen, dann können die Schulen einen freien Träger für das pädagogische Angebot suchen und Zuschussanträge für staatliche Fördermittel stellen. Tatsächlich starten kann JAS nur, wenn der Förderantrag vom zuständigen Sozialministerium bewilligt wird. Dann tragen die Kosten für Jugendsozialarbeit nach einem bereits für die Mittelschulen fixierten Verteilschlüssel gemeinsam Staat, Landkreis und die jeweilige Gemeinde als Sachaufwandsträger. Kommt eine Schule nicht ins staatliche JAS-Ausbauprogramm, heißt es abwarten. Über diese Fälle will der Kreistag dann bei Bedarf erneut beraten.

© SZ vom 20.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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