Schulbusse:Teure Überraschung

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Eltern von Gymnasiasten aus der Oberstufe erhalten jetzt Rechnungen vom Landratsamt. Die Behörde fordert mehrere hundert Euro für die Fahrt zum Gymnasium - ein Ticket bekommen die Schüler aber nicht.

Von Viktoria Großmann

Viele Eltern von Schülern der elften und zwölften Klassen bekommen in diesen Tagen Rechnungen. Absender ist das Landratsamt, das bittet, für Fahrten im Schulbus 406,20 Euro für das gesamte Schuljahr auf das Konto des Landratsamtes Dachau zu überweisen. Ein Busfahrticket haben die Schüler allerdings nicht. Und sie bekommen auch keines. "Das ist in der Praxis schwer zu handhaben", sagt Franz Ottilinger, der zuständige Sachbearbeiter im Landratsamt. An manchen Bushaltestellen stiegen morgens 30 bis 40 Kinder auf einmal zu. "Wenn der Busfahrer dann alle Tickets kontrollieren will, kommt er regelmäßig zu spät zur Schule."

Johannes Emonts hat auch so einen Brief bekommen. Seine 16-jährige Tochter fährt jeden Tag von Großberghofen zum Gymnasium Markt Indersdorf. Mal mit dem Bus, mal wird sie von ihren Eltern gebracht oder abgeholt oder muss mit dem Linienbus fahren, wofür sie natürlich ein Ticket löst. Der pensionierte Ingenieur hat grundsätzlich nichts dagegen, für den Schulbus zu zahlen, nur hätte er gern vorher gewusst, wie viel das kosten wird. Dann nämlich, so sagt er, hätte er vielleicht mit anderen Eltern eine Fahrgemeinschaft gegründet oder sonst einen Weg gefunden, seine Tochter jeden Tag zur Schule fahren zu lassen. "Diese Entscheidungsfreiheit hat man mir genommen." Zwar, wirft seine Frau ein, habe die Schule in einem Elternbrief auf die Kosten aufmerksam gemacht. Aber nicht die Höhe genannt und außerdem - wäre das nicht ohnedies Aufgabe des Landratsamtes? "Ich würde die Briefe sehr gerne eher schicken", sagt Ottilinger. Aber zu Beginn des Schuljahres sei eben "die Arbeitsbelastung sehr hoch". Die Schulbusplanung, der übliche Schuljahresanfangsstress.

Von der elften Klasse an müssen Eltern bis zu 420 Euro pro Jahr selbst für die Fahrtkosten ihrer Kinder zahlen. Es sei denn, sie haben drei Kinder, für die sie Kindergeld erhalten oder erhalten beispielsweise Arbeitslosengeld II oder andere Sozialleistungen. Alles, was über die 420 Euro hinausgeht, übernimmt das Landratsamt.

Der Landkreis gibt im Jahr etwa 1,2 Millionen Euro für die Schülerbeförderung aus. Einschließlich des Unterhalts der Busse, der Bezahlung der Fahrer und eben der Fahrgeldzuschüsse. Der Landkreis bekommt dafür wiederum Zuweisungen vom Freistaat. Die Grenze von 420 Euro im Schuljahr sei moderat. Schließlich koste die Beförderung eines Schülers pro Schuljahr den Landkreis bis zu 1000 Euro, rechnet Ottilinger vor. Bei den Rechnungen an die Eltern orientiere man sich an den Preisen im Münchner Verkehrsverbund MVV. Nur, dass die Schüler eben kein Ticket bekommen, das sie auch im MVV nutzen könnten.

Ottilinger bleibt pragmatisch: "Die Schüler haben ja ohnehin kaum Möglichkeiten sonst den MVV zu nutzen. Dort fährt ja fast nichts." Wenn Eltern ihm anhand der Stundenpläne ihrer Kinder nachweisen, dass sie regelmäßig länger in der Schule bleiben müssen, als Schulbusse fahren, dann ziehe er den Eltern eben diesen Betrag von der Rechnung ab. Da könnte doch jeder auf die Idee kommen zu behaupten, sein Kind fahre nie mit dem Schulbus. So einfach ist das aber auch wieder nicht. "Der Busfahrer sieht ja, wer bei ihm einsteigt. Der kennt die Schüler zum Teil mit Namen." Ottilinger rufe dann dort auch an, um die Angaben der Eltern zu überprüfen. Vertrauensbasis also, Prinzip: Auf dem Lande kennt jeder jeden. Aber kann das eine Grundlage für Rechnungen eines Landratsamtes sein?

Johannes Emonts findet das nicht. Für ihn ist das Ganze ein "verwirrender und juristisch nicht nachvollziehbarer Vorgang". Ottilinger beruft sich auf die Schülerbeförderungsordnung Paragraf fünf, Satz zwei. Dort steht, dass das Landratsamt "einen angemessenen Unkostenbeitrag" erheben darf. Dass es diese Absicht vorher anzukündigen hat, steht dort offenbar nicht.

© SZ vom 16.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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