Petershausen:Proteststurm

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Auch nach zweieinhalbstündiger Diskussion in einer Sonderbürgerversammlung über die Planungen für die Petershausener Ortsmitte zeichnet sich keine Annäherung zwischen Befürwortern und Gegnern ab.

Von Petra Schafflik

Blickfang im Petershausener Ortszentrum: der denkmalgeschützte Pertrichhof. (Foto: DAH)

Zusätzliche Stühle mussten am Freitagabend herangeschleppt werden, die Aula der Grundschule fasste kaum die in Scharen herbeiströmenden Besucher. Was die knapp 200 Petershausener so bewegt hat, sind die Planungen der Gemeinde für zwei zentrale Grundstücke in der Ortsmitte. Das Konzept des Gemeinderats stößt auf massive Kritik, stattliche 80 Einwendungen sind gegen das Projekt im Rahmen des laufenden Bebauungsplanverfahrens eingereicht worden. Die Wucht des Widerstands hat Bürgermeister Günter Fuchs (CSU) überrascht. Die Bürgerversammlung sollte nun Information bringen, Missverständnisse ausräumen und Kritik aufnehmen. Tatsächlich wurden zweieinhalb Stunden lang Argumente aber auch deftige Beschimpfungen ausgetauscht. Ein Konsens ist längst nicht in Sicht, ein weiteres Anliegergespräch anberaumt.

Um eine gemeinsame Basis zu schaffen, präsentierte Planer Eckhard Emmel zunächst den Bebauungsplanentwurf, der für die beiden Grundstücke am Pertrichplatz in der Ortsmitte den Bau von drei viergeschossigen Gebäuden mit Wohn- und Gewerbenutzung vorsieht. Doch schon während Emmels Vortrag kamen aus dem Plenum spontane Zwischenrufe, die CSU-Gemeinderat Gerhard Grund als Diskussionsleiter kaum bändigen konnte. Die Redebeiträge kreisten um drei zentrale Kritikpunkte: Die geplanten Gebäude seien zu hoch, die Verkehrserschließung nicht funktionsfähig, die Lärmbelastung der Nachbarn nicht berücksichtigt. Die Computeranimationen des Planers qualifizierte ein Zuhörer als "Volksverdummung" ab. Dort werde gar nicht deutlich, dass die geplanten Neubauten die bestehenden Nachbarhäuser um ein Geschoss überragen werden. Auch der Maßstab des präsentierten Modells sei ungeeignet, lasse ebenfalls die unterschiedlichen Gebäudehöhen nicht erkennen, schimpfte ein anderer Petershausener. Nur ein Detail, möchte man meinen, doch die Gebäudehöhe ist ein zentraler Konfliktpunkt. In der Öffentlichkeit wie auch in der entscheidenden Sitzung des Bauausschusses sei der Eindruck erweckt worden, die Höhe der Neubauten orientiere sich am Anwesen von Radsport Ziller, so die Kritik. Anwohnerin Inge Dinauer, selbst Architektin, hat nachgemessen. "Die Wandhöhe ist 2,60 Meter höher, wie geht das mit dieser Aussage zusammen." Mit viergeschossigen Neubauten würde der denkmalgeschützte Pertrichhof "erdrückt", der zentrale Platz seine "Wertigkeit verlieren", so Dinauer.

Lange diskutiert wurde die Verkehrssituation, die nach einem Vorschlag von Bürgern ein Mini-Kreisverkehr entlasten könnte. Ekkehard Pietz, im Bürgerprojekt Klimaleitbild in der Arbeitsgruppe Mobilität engagiert, brachte diese Idee als Bürgerantrag ein, 150 Unterschriften hat er vor der Bürgerversammlung gesammelt. Doch Planer Emmel hat einen Kreisverkehr bereits geprüft. Das zuständige Straßenbauamt Freising lehne das rundheraus ab, da keines der entscheidenden Kriterien Verkehrsüberlastung oder Unfallschwerpunkt vorläge. Eine Aussage, die ihm sofort den lautstarken Widerspruch aus dem Publikum eintrug, ist doch erst vorige Woche ein Passant dort am Zebrastreifen schwer verletzt worden. "Wenn man nicht will, wird man immer Gründe finden", schimpfte ein Zuhörer. 150 Unterschriften zeigten die Akzeptanz eines Kreisverkehrs, "die Gemeinde steht in der Verantwortung", erklärte Pietz.

Auch die Lärmbelastung im Umfeld der Neubauten ängstigt die Anwohner. Die mit einer Höhe von 8,5 Metern geplante Lärmschutzwand zwischen den Gebäuden werde den Schall zusätzlich reflektieren, so die Befürchtung. Laut werde es auch wegen der Kundenparkplätze im Hof. Ein Schallschutzgutachten soll deshalb erstellt werden, "um den Anwohnern Sicherheit zu geben", sagte der Bürgermeister zu. Intensiv gestritten wurde darüber, welche Vorteile Petershausen überhaupt von dem Verfahren habe. Kreisbaumeister Georg Meier verteidigte engagiert das Vorgehen der Gemeinde und auch die Intensität und das Bauvolumen der geplanten Bebauung. "Wo soll man verdichten, wenn nicht in der Ortsmitte von Petershausen", sagte Meier.

Der Gemeinderat wolle "eine Entscheidung treffen, die den Ort voranbringt und die von einer Mehrheit der Bürger mitgetragen wird", hatte Bürgermeister Fuchs zu Beginn der Veranstaltung gesagt. Doch auch nach der engagierten Bürgerversammlung waren längst nicht alle Fragen geklärt und Zweifel ausgeräumt. Noch vor Weihnachten wird es deshalb ein weiteres Gespräch in kleinerer Runde mit Anliegern und Gemeinderat geben. Den Vorwurf der Bürger, der Gemeinderat wolle etwas verheimlichen, "das kann man so nicht stehen lassen", sagte Versammlungsleiter Grund. Noch in diesem Jahr werden die Gemeinderäte die 80 Einwendungen in einer Sonderersitzung beraten. Die überarbeiteten Pläne werden dann erneut öffentlich ausgelegt. Die Baupläne für die Ortsmitte werden also Petershausen noch einige Zeit beschäftigen.

© SZ vom 18.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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