Landgericht München:Tiefer Einblick ins Dachauer Drogenmilieu

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Drei Männer und zwei Frauen müssen sich vor dem Landgericht München II wegen eines brutalen Überfalls auf einen Rauschgiftkunden verantworten. Sie sollen auch einen Mordversuch begangen haben.

Von Christian Rost

Das Dachauer Bahnhofsmilieu ist etwas übersichtlicher geworden, seitdem die Polizei im Juli 2012 drei Männer und zwei Frauen festgenommen hat. Seit diesem Montag müssen sich die 22- bis 42-Jährigen wegen eines brutalen Überfalls auf einen Rauschgiftkonsumenten am Landgericht München II verantworten. Der Mann hatte Schulden im Milieu und wurde von mehreren mit Schlagstöcken bewaffneten und mit Sturmhauben vermummten Tätern attackiert. Einem Angeklagten wird außerdem versuchter Mord vorgeworfen. Um an eine größere Menge Marihuana zu kommen, soll er auf einen Mann eingestochen haben.

Laut Anklage ging es im ersten Fall um gerade einmal 550 Euro, die ein Dachauer seinen Bekannten geschuldet haben soll. Offenbar haben sie ihn über längere Zeit mit Drogen aller Art versorgt und zunächst darauf vertraut, dass der Sozialhilfeempfänger irgendwann bezahlt. Am 30. September 2010 riss den Gläubigern der Geduldsfaden. Nach den Angaben der Staatsanwaltschaft wollten sie sich das Geld mit Gewalt zurückholen. Ausgestattet mit einer 30 Zentimeter langen Eisenstange, einem Gummiknüppel und mit Sturmhauben über dem Kopf sollen die drei männlichen Angeklagten den Schuldner spätabends vor dessen Haustür in Erdweg abgepasst haben. Die beiden Frauen standen unter einem Baum Schmiere. Als das Opfer nach Hause kam, wurde es sofort niedergeprügelt. Der Mann erlitt Prellungen und Hämatome im Gesicht, an den Händen und Beinen. Noch während ihn Schläge und Tritte trafen, konnte er sich aufrappeln, zum Nachbarhaus laufen und klingeln. Die drei Männer setzten ihm nach und schlugen weiter auf seinen Rücken ein. Als die Nachbarin rief, was los sei, ergriffen die Schläger die Flucht. Geld hatten sie nicht erbeutet, aber das Mobiltelefon, das ihrem Opfer während der Attacke aus der Jackentasche gefallen war.

Einer der mutmaßlichen Täter, der 33-jährige Manuel M., verübte knapp ein Jahr später, am 13. August 2011, einen weiteren Überfall, der ihm nun als versuchter Mord zur Last gelegt wird. M. soll sich eingebildet haben, dass ein anderer Dachauer eineinhalb Kilogramm Marihuana in seiner Wohnung aufbewahrte. Der arbeitslose M. wollte sich die Drogen besorgen, um seine Sucht zu befriedigen. Wieder mit einer Sturmhaube vermummt und mit einem Armeemesser mit 14 Zentimeter langer Klinge ausgerüstet, läutetet er an der Wohnungstür bei Thomas S. ( Name geändert). Das Licht im Flur hatte der Angreifer eigens nicht eingeschaltet. S. öffnete nichts ahnend die Tür, und M., der bei der Bundeswehr eine Einzelkämpferausbildung durchlaufen hatte, stieß aus dem Dunkeln heraus mit dem Messer in Richtung des Kopfes von S. Er konnte sich gerade noch wegdrehen, die Klinge traf aber seine Schulter und hinterließ eine zehn Zentimeter lange und bis zu fünf Zentimeter tiefe klaffende Wunde. Nach langwierigen Ermittlungen der Polizei in der Drogenszene wurden M. und die anderen Angeklagten ein Jahr später festgenommen.

Manuel M. gestand vor Gericht, er habe kurz vor der Messerattacke auf dem Dachauer Volksfest sämtliche Drogen konsumiert, die er bekommen konnte. Wie die anderen Angeklagten teils auch, konsumierte er neben harten Alkoholika schon seit seiner Jugend Rauschgift aller Art - Speed, Kokain, Crystal und Pilze. Einen Beruf hat er nicht gelernt, Jobs warf er meist schon nach wenigen Wochen hin. Jahrelang bestritt M. seinen Lebensunterhalt als Kokain-Dealer. Für den Prozess sind noch fünf Verhandlungstage angesetzt.

© SZ vom 14.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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