Landesentwicklungsprogramm:Aufstand der Kommunen

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Kreistagspolitiker sehen die Beteiligung am Landesentwicklungsprogramm als Farce. Die Gemeinden würden in dem Papier ignoriert. CSU-Abgeordneter Bernhard Seidenath verteidigt seine Zustimmung im Landtag.

Von Robert Stocker

Auch CSU-Abgeordneter Bernhard Seidenath ist über das Landesentwicklungsprogramm nicht glücklich. "Wir wollten die Koalition nicht platzen lassen", begründete er sein Votum im Landtag. (Foto: Jørgensen)

Anhörungen, Stellungnahmen, Änderungen - und schließlich alles noch mal von vorn. Und dann ist die Arbeit auch noch für die Katz, weil die Landesregierung die Wünsche ignoriert. So sehen die Kommunen ihre Rolle, wenn es um die Beteiligung am Landesentwicklungsprogramm geht. Die Mitglieder des Kreistags haben jetzt ihrem Unmut über diese Praxis Luft gemacht. Scharfe Kritik musste sich der CSU-Landtagsabgeordnete und Kreisrat Bernhard Seidenath anhören, der im Landtag namentlich für das Landesentwicklungsprogramm stimmte. Seidenath verteidigte sich damit, dass die CSU nicht die Koalition mit der FDP platzen lassen wollte. Das für die Landesentwicklung zuständige Wirtschaftsministerium wird bekanntlich von den Liberalen geführt.

Das Landesentwicklungsprogramm gibt Ziele für die Raumordnung, aber auch für die Siedlungsentwicklung oder die Wirtschaft vor. Viele Formulierungen in diesem Programm bleiben abstrakt und allgemein. Auch die Kommunen müssen dazu Stellung nehmen, ihre Forderungen bleiben aber häufig ungehört. Dennoch verabschiedete der Landtag im Juni den vorliegenden Entwurf zur Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms. Er enthält entgegen der ursprünglichen Fassung einige Änderungen, die das grundsätzliche Konzept aber nicht in Frage stellen. Dazu muss auch der Landkreis jetzt Stellung nehmen.

Kritik an der Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms üben vor allem die Kommunen, die ihre spezifischen Interessen zu wenig berücksichtigt sehen. Das Unbehagen über das Vorgehen der Staatsregierung wurde jetzt in der jüngsten Sitzung des Dachauer Kreistags deutlich. "Die Kommunen werden ignoriert und missbraucht", wetterte Marese Hofmann von den Grünen. Deshalb stimme sie dem Beschlussvorschlag nicht zu. Erdwegs Bürgermeister Michael Reindl forderte gar, das Landesentwicklungsprogramm neu aufzustellen. "Den jetzigen Entwurf kann man in den Papierkorb schmeißen", schimpfte der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler. Die Anliegen des Landkreises würden ignoriert. Ins gleiche Horn stieß Marianne Klaffki, Fraktionsvorsitzende der SPD im Kreistag. "Die Selbstverwaltung der Kommunen wird im Entwurf des Landesentwicklungsprogramms ignoriert", beklagte Klaffki. Sie ging sogar noch einen Schritt weiter: Das Programm konterkariere die Interessen des Landkreises Dachau. "Bei den Interessen des Landkreises ist Ministerpräsident Seehofer taub." Das Verhalten der Staatsregierung gebe den Kommunen nicht die Möglichkeit, am Landesentwicklungsprogramm ernsthaft mitzuwirken. Auch CSU-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Offenbeck monierte, dass die differenzierten Strukturen der Landkreise zu wenig abgebildet würden. Offenbeck versuchte zu erklären, warum die CSU keinen Widerstand leistet: "Es gibt offenbar Druck vom Wirtschaftsministerium, das Procedere beizubehalten. Das Landesentwicklungsprogramm ist den Koalitionsinteressen geschuldet."

SPD-Kreisrat Reinhard Pobel, der in Karlsfeld als Bürgermeister kandidiert, nahm daraufhin den CSU-Landtagsabgeordneten Bernhard Seidenath aufs Korn. Seidenath habe dem Landesentwicklungsprogramm im Landtag zugestimmt und damit die Interessen der Kommunen verraten. "Sie können sicher sein, alle 92 CSU-Abgeordneten sind über dieses Vorgehen erbost", rechtfertigte sich der Abgeordnete. "Wir haben aber für das Programm gestimmt, weil die Koalition nicht platzen sollte." Seidenath kündigte aber an, dass das beschlossene Programm bald Makulatur sein könnte - nämlich nach der Landtagswahl. "Wenn da richtig gewählt wird, wird alles wieder anders", prophezeite er. Auch der Sulzemooser Bürgermeister Gerhard Hainzinger (CSU) machte seinem Ärger über das Programm Luft, verwies aber gleichzeitig auf die Planungshoheit der Gemeinden. "Diese werden die Kommunen nicht abgeben", sagte er. Landrat Hansjörg Christmann (CSU) warnte davor, das Thema zum Wahlkampf zu machen. Der Landkreis müsse Farbe bekennen, erhalte aber seine Bedenken aufrecht.

© SZ vom 30.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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