Konzert:Spiel's noch mal, Sepp

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Hans Wagatha hat seine Bluesrock-Band "Black Cadillac" 1974 zur Abiturfeier gegründet. Inzwischen ist der Gitarrist 62 Jahre alt. Das Konzert in der Dachauer Kulturschranne spielt er trotzdem ohne Pause durch. Mit dabei: Sängerin Ute Litters-Wagatha und Helmut Albert am Bass. (Foto: Toni Heigl)

Die Band "Black Cadillac" rockt seit den Siebzigerjahren. Nun sind die Musiker aus Oberschleißheim zum ersten Mal auch in Dachau aufgetreten - zur großen Freude des Publikums in der Kulturschranne

Von Petra Neumaier, Dachau

Dumpf wummern Bass und Schlagzeug auf den bereits im Abendlicht schlummernden Platz vor der Dachauer Kulturschranne. Im Erdgeschoss des Lokals ist es gähnend leer. An diesem ersten lauen Frühlingsabend will jeder Gast hinauf und in den Saal, wo auf der kleinen Bühne die Musiker der Bands Black Cadillac und Ratatouille im Schweiße ihres Angesichts rocken, grooven, swingen und unter den Zuhörern für supergute Stimmung sorgen. Und das gleich für zwei gute Zwecke. Denn die Einnahmen - voraussichtlich jeweils rund 350 Euro - gehen als Spenden an die Dachauer Tafel und den Oberschleißheimer Tisch.

Die Kirchenglocken haben noch nicht fertig Acht geschlagen, da haut Dirk Reichenbacher schon in sein Schlagzeug, greifen Bernd Sutor (Bass) und Hans Wagatha in die Saiten ihrer Gitarren, trommelt Alfredo Becker in seine Conga und beginnt Sonja Riedl mit ihrer vollen Stimme an zu singen. Die Tische im Saal sind nahezu voll besetzt, die restlichen Stühle sollen sich noch im Laufe des Abends füllen. Wenn auch die Musiker, ebenso wie das Publikum, eher in der oberen Hälfte der durchschnittlichen Lebenserwartung zu finden sind: Die Musik - an diesem Abend werden fast ausschließlich Eigenkompositionen gespielt - ist jung und spritzig, die Texte haben Schalk und sie haben auch etwas zu sagen. Wobei die Texte in dem eigentlich fast zu kleinen Saal nur schwer verständlich sind. "Endlich Urlaub" - mehr braucht man aber erst mal nicht zu verstehen. Das passt schon. Das Gefühl ergibt sich mit der Musik von ganz alleine.

"Black Cadillac" und "Ratatouille" wissen, was und wie sie spielen müssen, um das Publikum mitzunehmen. Und längst sind sie keine Unbekannten mehr. Spätestens seit der Nominierung für den Tassilo-Kulturpreis 2018 der Süddeutschen Zeitung sind sie intensiv im Gespräch. Seit 40 Jahren steht Hans Wagatha als Gitarrist und Songschreiber mit seiner Band jetzt schon auf der Bühne - eine Leidenschaft, die mehr als ein Hobby hätte werden können. In jüngeren Jahren trat die Gruppe in den Schwabinger Szenenkneipen auf und auch in den vergangenen Jahren sind die Musiker über ihren Heimatort Oberschleißheim zu sehen und zu hören gewesen. Vier bis acht Auftritte pro Jahr, mehr geht für den Architekten jedoch nicht. "Wir haben ja alle noch einen Beruf", sagt Logopädin Ute Litters-Wagatha lachend. Seit fünf Jahren tritt sie parallel oder separat mit ihrer Band "Ratatouille" für gute Zwecke auf. Ihr zur Seite stehen Albert Brandstetter (Saxofon), Rudi Forster (Schlagzeug), Helmut Albert (Bass) und ihr konditionsstarker Mann, Hans Wagatha (62): Er spielte an diesem Abend, wie auch bei anderen gemeinsamen Auftritten, ohne Pause durch.

Ute Litters-Wagatha, im Dirndl und zumindest für die Einführungsworte mit Schwarzwaldhut (sie kommt aus Freiburg), spielt Akkordeon - und sie singt: frech, fröhlich, frei. Selbst geschrieben sind auch ihre Texte, selbst komponiert sind die Noten. Covern können die beiden Bands natürlich auch. Aber nicht nur um Gema-Gebühren zu sparen, freuen sie sich, an diesem Abend überwiegend ihre eigenen Werke vorzutragen, die sich unbedingt hören lassen. Wie das Lied über Versprechen, die man oft vergisst, die ewige Suche nach irgendwas und irgendwem oder das Reden im Allgemeinen und im Besonderen.

Eine tolle Stimmung und eine gut gefüllte Kasse sind das Resümee des Auftritts, der für die Bands erst am frühen Morgen bei dem musikalischen Ehepaar Wagatha endet. "Um runterzukommen" trifft man sich noch an ihrem Küchentisch, bei Käse und Getränk. Die Euphorie über den gelungen, ersten Auftritt in der Dachauer Kulturschranne hält sogar bis zum nächsten Tag an. "Es ist toll, dass das Kulturamt selbst kleineren Bands die Möglichkeit eines Auftritts gibt", sagt Ute Litters-Wagatha begeistert. Glücklich ist sie zudem, dass so viele neue Gesichter bei dem Konzert zu sehen waren und alle Gäste bis zum Schluss geblieben sind: Der wäre sicherlich noch weit über 22.30 Uhr hinausgegangen, wenn nicht die musikalische Sperrstunde geschlagen hätte. Gerne würden die Bands wieder nach Dachau kommen - wenn auch, gibt die 56-Jährige zu, Auftritte immer recht anstrengend sind. "Aber wenn man auf der Bühne steht", schwärmt Ute Litter-Wagatha und strahlt, "dann brennen die Seele und das Herz."

© SZ vom 11.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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