Klaus Jürgen Sonnabend:Ein Leben für Justitia

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Eines war sein Job gewiss nicht: langweilig. Nun verabschiedet sich der Dachauer Amtsgerichtsdirektor Klaus Jürgen Sonnabend in den Ruhestand.

Von Walter Gierlich

Der Mord eines Staatsanwalts bei laufender Verhandlung war das einschneidendste Ereignis in Sonnabends Justizkarriere - und das nur zwei Jahre vor seinem Eintritt in den Ruhestand zum Ende dieses Jahres. (Foto: npj)

Dachau "Es war ein Schock für das ganze Gericht." Knapp zwei Jahre ist es her, dass in einer Verhandlung der Staatsanwalt Tilman T. erschossen wurde. Der Direktor des Amtsgerichts Dachau, Klaus Jürgen Sonnabend, sagt über das tragische Geschehen, das damals sein Haus bundesweit in die Schlagzeilen brachte, dass es immer noch Thema unter den 80 Mitarbeitern des Amtsgerichts ist: "Die Erinnerung ist da, aber das Erlebnis ist zugedeckt durch den Arbeitsanfall und den Fortlauf des Betriebs." Der Mord war das einschneidendste Ereignis in Sonnabends Justizkarriere - und das nur zwei Jahre vor seinem Eintritt in den Ruhestand zum Ende dieses Jahres.

Durch die Sicherheitsmaßnahmen und die Abschirmung habe sich das Klima am Gericht verändert, sagt Sonnabend. Einerseits jedoch brächten die Maßnahmen, die nach dem Mord an allen bayerischen Amtsgerichten eingeführt wurden, tatsächlich mehr Sicherheit: Lückenlose Personalkontrollen, schusssichere Fenster, Alarmanlagen. Doch habe das seinen - wenn auch notwendigen - Preis: "Das ist ein enormer Finanzaufwand, der in den unproduktiven Bereich gesteckt wird." Sonnabend würde sich wünschen, dass für mehr Personal ebenfalls Geld da wäre.

Doch das Problem der Personalknappheit verfolgt den gebürtigen Westfalen, der mit 14 Jahren nach München kam, schon in seiner gesamten Berufslaufbahn. Nach dem Studium in München und Kiel absolvierte Sonnabend die übliche Karriere im Justizapparat: Staatsanwaltschaft München I, Amtsgericht München und schließlich Vorsitzender Richter am Landgericht München. Als dann zu Jahresbeginn 2006 die Stelle als Direktor am Amtsgericht Dachau zu besetzen war, bewarb sich Sonnabend ganz bewusst dafür, war er doch immer schon zeitgeschichtlich interessiert. Schon in den achtziger Jahren hatte er Veranstaltungen über die Justiz in der Weimarer Republik und der NS-Zeit für die Richtervertretung organisiert.

Über spektakuläre Fälle oder kuriose Verfahren möchte er in der Rückschau auf mehrere Jahrzehnte als Richter nicht reden. Dabei hätte Sonnabend, der demnächst 66 Jahre alt wird und der seine Dienstzeit bereits um ein Jahr verlängert hat, sicher viel zu erzählen, ist er doch seit Jahren der Älteste im Gericht. Von den elf Richtern in Dachau sind sieben jünger als 40 Jahre. Und sie erledigen ein überdurchschnittliches Arbeitspensum, wie der scheidende Chef nicht ohne Stolz anmerkt. Statt über einzelne Prozesse spricht Sonnabend lieber darüber, was sich allgemein im Gerichtssaal abspielt. "Generell wird die Autorität geachtet, gibt es noch einen Respekt vor dem Gericht." Doch der erfahrene Richter weiß auch: "Jeder kommt in einer Ausnahmesituation zu uns." Das könne in jedem Fall anders sein, man müsse sich darauf einstellen, wie man sich in der Verhandlung zu verhalten habe. "Das ist ein Pendeln zwischen Nähe und Distanz", sagt er.

Wehmut schwingt mit, wenn Klaus Jürgen Sonnabend jetzt in Pension geht, "weil man einen Stamm von 80 Kollegen verliert". Die offizielle Verabschiedung findet erst am 31. Januar im Dachauer Schloss statt. Dann wird auch seine Nachfolgerin Maria Holzmann in ihr Amt eingeführt. Mit einem gewissen Augenzwinkern nennt Sonnabend einen weiteren Grund für das Unbehagen am Ende der Berufslaufbahn: "Man hat auch Skrupel, künftig Geld fürs Nichtstun zu kriegen." Ganz so drastisch wird das mit dem Nichtstun wohl kaum ausfallen, obwohl der Amtsgerichtsdirektor a. D. einräumt, dass er keine ausgeprägten Hobbys pflegt. "Aber nur Rosenschneiden wird es wohl nicht sein", sagt er. Er hat schließlich auch eine große Familie, die gleich vier Generationen umfasst: Seine Mutter, drei Kinder und ein Enkelkind. Sonnabend ist jedenfalls zuversichtlich, dass ihm die Decke nicht auf den Kopf fallen wird. "Ich habe mich in meinem Leben nie gelangweilt und gehe davon aus, dass ich es auch im Ruhestand nicht tun werde."

© SZ vom 30.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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